„Der soziale Kontakt ist wesentlich für den Lernerfolg“
Der Rektor der Hüttlinger Alemannenschule, Ralf Meiser, spricht über den Unterricht in Corona-Zeiten
HÜTTLINGEN - Corona bedeutet für viele Berufstätige eine Sondersituation - sie können ihrem Job nur eingeschränkt oder unter völlig neuen Voraussetzungen nachgehen. In loser Folge erkundigen wir uns bei diesen Menschen nach ihrem Befinden und danach, wie sie mit den Anforderungen zurecht kommen. Auch die Schulen sind in dieser Zeit besonders gefordert. Nach einer Phase des ausschließlichen Homeschoolings setzen sie jetzt ihr Unterrichtsprogramm in einer Mischform um, manche Klassen kommen wieder ins Schulhaus. Redakteurin Eva Stoss hat mit dem Schulleiter der Hüttlinger Alemannenschule, Ralf Meiser, darüber gesprochen, wie es dort läuft.
Herr Meiser, wie sieht derzeit Ihr Tag aus?
Mein Tag ist sehr voll. Auch in der Zeit als hier kein Unterricht war, bin ich jeden Tag in die Schule gekommen. Es schlagen täglich neue Vorgaben auf, die umgesetzt und mit allen Akteuren abgestimmt werden müssen. Das Homeschooling muss koordiniert werden, die Lehrkräfte, die Eltern und natürlich auch die Schüler brauchen Informationen. Außerdem haben wir über unsere eigene Cloud eine Elternbefragung gemacht.
Welche Rückmeldungen kommen von den Eltern?
Insgesamt sind die Rückmeldungen sehr gut, die Eltern sind überwiegend zufrieden. In einigen Punkten müssen wir nachlegen. Wir stellen beispielsweise gerade Standards auf, die für alle Klassen und Lehrer gelten sollen, etwa bei der Art und Weise wie der Kontakt der Lehrer zu den Schülern organisiert wird über die schuleigene Cloud, über Videokonferenzen oder auch telefonisch.
Wie läuft es, seit die Schüler der Abschlussklassen wieder im Haus sind?
Die Schüler der 9. und 10. Klasse kommen seit dem 4. Mai wieder zum Unterricht. Nach meinem Eindruck sind sie sehr froh, dass sie wieder in die Schule kommen dürfen. Allerdings müssen sie sich an die neue Situation erst gewöhnen, vieles ist anders. Die Klassen sind aufgeteilt, die Schüler müssen Abstand halten. Dazu haben wir zum Beispiel auf den Fluren die Wege mit Klebeband abgeteilt. Maskenpflicht besteht jedoch nicht.
Wie und wann kommen die anderen Schüler zurück?
Schon jetzt haben wir eine Präsenzgruppe im Haus. Das sind diejenigen Schüler, die wir aus unterschiedlichen Gründen sehr schlecht via Fernunterricht erreichen können. Ab kommenden Montag sollen alle Viertklässler wieder zum Unterricht kommen. Nach Pfingsten kommen dann auch die restlichen Schüler in einer Art rollierendem System wieder zurück.
Ist ihre Schule darauf vorbereitet? Wir sind gerade dabei. Die Informationen aus dem Kultusministerium kommen teilweise recht kurzfristig. Wir prüfen, wie viele Lehrkräfte überhaupt zur Verfügung stehen und wie die Lerngruppen eingeteilt werden können. Nicht alle Stunden können im Präsenzunterricht vermittelt werden. Wir brauchen also komplett neue Stundenpläne. Langweilig wird es uns nicht, es bleibt spannend.
Ihr Konzept an der Alemannenschule basiert stark auf dem sozialen Lernen. Kann man das überhaupt ersetzen?
Das soziale Miteinander kann man niemals komplett ersetzen und dieser Faktor ist ganz wesentlich für den Lernerfolg, das wissen wir aus der Forschung. Allerdings stützt sich unser System auch stark auf das eigenverantwortliche Lernen nach einem individuellen Lernplan. Schüler, die es schon gewöhnt waren, selbstständig zu arbeiten, kommen mit dem Homeschooling recht gut zurecht.
Der Medienentwicklungsplan, den sie im vergangenen Jahr vorgestellt haben, kostet die Gemeinde viel Geld. Wird etwas daraus angesichts der jetzt knappen Kassen? Der Hüttlinger Gemeinderat hat dem Plan noch nicht zugestimmt. Ich gehe aber davon aus, dass auch in finanziell engen Zeiten die Medienausstattung der Schulen hohe Priorität hat. Wir brauchen derzeit alle Formen des digitalen Lernens und werden sie auch weiterhin brauchen. Es ist wahrscheinlich, dass auch im neuen Schuljahr Unterricht teilweise noch digital stattfinden wird.
Wie geht es Ihnen persönlich mit der Situation?
Mir geht es gut. Ich bin sehr beschäftigt und gefordert, doch anders als viele andere Berufsstände haben wir Beamte derzeit keine existentiellen Nöte. Das ist ein Vorteil, denn dadurch können wir unsere ganze Energie auf die Kinder richten.