Gomez droht merkwürdiges Karriereende
Ob die Laufbahn der VfB-Stuttgart-Legende endet, ist offen – Reschke mit Prognose
STUTTGART (dpa) - Die womöglich letzten Wochen in der langen Karriere von Mario Gomez werden so merkwürdig, wie es niemand hätte vorhersehen können. Es wird gespenstische Stille im Stadion herrschen. Es werden keine Fans in der Kurve toben, selbst wenn der Torjäger den VfB Stuttgart zum Aufstieg schießen würde. Und Gomez wird sich nicht in einer langen Ehrenrunde verabschieden, sollte er sich fürs Aufhören entscheiden. Doch macht er das tatsächlich? Schon länger wird spekuliert, ob der prominenteste Profi der Schwaben im Sommer seine Karriere beendet. Sein Vertrag läuft aus. Was der 34-Jährige vorhat, ist (noch) nicht bekannt.
„Mein Gefühl sagt mir, dass er im Moment noch nicht weiß, ob er am Ende der Saison seine Schuhe an den Nagel hängt“, sagt der ehemalige VfB-Sportvorstand Michael Reschke. Der 62-Jährige hält auch nach dem Ende seiner Zeit in Stuttgart weiter den Kontakt mit dem Stürmer. Er hatte Gomez im Dezember 2017 vom VfL Wolfsburg zurück zum VfB geholt, erst in der vergangenen Woche haben die beiden wieder telefoniert. „Er wird sich von nichts und niemandem treiben lassen“, sagte Reschke, mittlerweile Technischer Direktor des FC Schalke 04.
Ohne die Coronavirus-Zwangspause hätte wahrscheinlich an diesem Wochenende Klarheit geherrscht. Normalerweise wäre die Saison – zumindest ohne Relegation – für den VfB mit einem Heimspiel zu Ende gegangen. Gomez' Vertrag läuft am 30. Juni aus. Auf die Frage nach Gesprächen sagte Sportdirektor Sven Mislintat: „Mario hat mehrfach gesagt, dass er sich selber äußern wird, wenn der Zeitpunkt gekommen ist. Ich denke, das sollten wir alle respektieren.“
Immerhin muss Gomez dank der Erlaubnis der Politik für den Wiederbeginn
bislang keinen vorzeitigen Saisonabbruch hinnehmen. Am Sonntag beim SV Wehen Wiesbaden (13.30/Sky) geht es weiter – mit all den Einschränkungen und ungewohnten Maßnahmen im Zuge der Pandemie. Dennoch könnte Gomez' möglicher Abschied vergleichsweise milde ausfallen, findet Reschke: „Für ihn persönlich ist extrem wichtig, dass er entscheidend zum Wiederaufstieg des VfB beitragen kann. Dies wäre für ihn ein rundes Karriereende.“
Am 9. März, im letzten Spiel vor der Saisonunterbrechung, hatte Gomez mit seinem Treffer beim 1:1 gegen Arminia Bielefeld den Schwaben einen wichtigen Punkt gesichert. Unter dem neuen Trainer Pellegrino Matarazzo verdoppelte Gomez seine Ausbeute (vier Treffer) im Vergleich zur Hinrunde (zwei) – in der er allerdings auch Pech hatte: Fünf Treffer in drei Spielen waren zurückgenommen worden und Gomez schimpfte über den Videobeweis: Er sei froh, dass der größte Teil seiner Karriere vorbei sei „und ich nicht mehr zehn Jahre damit spielen muss“.
Unumstritten und frei von Kritik ist Gomez trotz all seiner Erfolge auf der Zielgeraden seiner Karriere nicht. Er wurde auch in der 2. Liga schon für 90 Minuten auf die Ersatzbank verbannt, was für einen fünfmaligen deutschen Meister, zweimaligen DFB-Pokalsieger, ChampionsLeague-Sieger und Torschützenkönig in drei Ländern vielleicht nicht immer leicht zu verkraften war. Aber er hat sich nie öffentlich darüber beschwert. „Was er sportlich erreicht hat, steht einfach für sich. Wer dies nicht anerkennt, der kann Mario sicherlich den Buckel runterrutschen“, sagt Reschke.
Der 62-Jährige sieht bei Gomez alle Voraussetzungen für „eine zweite Karriere im Fußball“: „Ich bin fest davon überzeugt, dass es im Fußball viele interessante Funktionen gibt, die für Mario optimal sind und für die Mario auch selbst ideal geeignet ist.“