„Er hatte rote Augen und konnte nicht mehr schlafen“
Mordprozess gegen einen Busfahrer aus Gerabronn geht voraussichtlich heute zu Ende
GELLWANGEN/GERABRONN - Im Mordprozess gegen einen 48 Jahre alten Busfahrer aus Gerabronn vor der Ersten Schwurgerichtskammer des Ellwanger Landgerichts (wir berichteten) sind am Dienstag weitere Zeugen vernommen und Gutachten verlesen worden. Dem Angeklagten wird zur Last gelegt, am Morgen des 14. November vergangenen Jahres seine von ihm getrennt lebende Ehefrau getötet zu haben, indem er Benzin in ihr Auto geschüttet und dann das Fahrzeug mit einer brennenden Zigarette in Brand gesteckt habe.
Am dritten Verhandlungstag wurden unter anderem zwei Augenzeugen vernommen. Eine 48-jährige Landwirtin, die am Tattag kurz nach halb acht Uhr mit ihrem Roller zur Arbeit fuhr, berichtete, dass sie auf dem Weg zwischen den Orten Binselberg und Brettachhöhe vom Fahrzeug des späteren Opfers überholt worden sei. „Wir haben uns zugewunken.“Denn sie hätten sich gegenseitig erkannt: „Es war hell.“
Kurze Zeit später habe sie dann die beiden Autos von Opfer und Täter am rechten Fahrbahnrand relativ nah beieinander stehen gesehen. Die Heckklappe des Täterfahrzeugs habe offen gestanden, so die Zeugin. „Als ich vorbeigefahren bin, habe ich gesehen, wie er mit einem Zimmermannshammer die Scheibe eingeschlagen hat.“Die Schreie der in dem silberfarbenen Kleinwagen sitzenden Frau habe sie im Vorbeifahren gehört. Denn die Frau habe „ziemlich hoch geschrien“. Gesehen hatte die Zeugin auch den für die Tat benutzten Benzinkanister. Auch von einer Bewegung des Mannes, die so aussah, als würde er an der Fahrerseite des Fahrzeugs des Opfers etwas ausschütten, berichtete die Augenzeugin. Mit einem Notruf wandte sich die Rollerfahrerin um 8 Uhr an die Polizei.
Der Angeklagte sei seit etwa 15 Jahren als Linienbus- und Reisebusfahrer eingesetzt worden und immer sehr freundlich und kollegial gewesen, berichtete eine Mitarbeiterin eines Omnibusunternehmens: „Er hatte immer einen sehr gepflegten Bus, es gab keine Probleme und von den Kunden keine Reklamationen.“Dass der Busfahrer und seine Frau sich scheiden lassen wollten, war der 60Jährigen aus kurzen Gesprächen bekannt. Als sie wenige Tage vor der Tat einen Anruf erhielt, dass der Angeklagte angeblich eine Bushaltestelle ausgelassen habe, führte sie ein klärendes Gespräch mit ihm. „Er hatte ganz rote Augen“, erinnerte sie sich noch.
Der Busfahrer habe ihr in diesem Zusammenhang gesagt, dass er nicht mehr schlafen könne und es ihm nicht gut gehe. Die Angestellte riet ihm, zum Arzt zu gehen und sich krankschreiben zu lassen. Der Fahrer erzählte ihr von einem Telefonat mit seinem Rechtsanwalt („Es ging wieder ums Geld“) und wollte zu einem bereits genehmigten noch einen weiteren freien Tag. So erhielt er am
Mittwoch und Donnerstag, 13. und 14. November, frei. Sie habe sich Sorgen gemacht. Am 12. November habe sie ihn aber noch gesehen: „Er war nicht auffällig, vielleicht war er etwas unruhiger.“
Die Cousine des Angeklagten sagte, ihr Cousin habe sein Auto verkaufen wollen, um mit dem Erlös Forderungen der Ehefrau aus dem Scheidungsverfahren zu begleichen. Als Hauptsachbearbeiter vernommen wurde auch ein Kriminalhauptkommissar. Bei der Vernehmung am Tattag sei der Angeklagte wortkarg und in sich gekehrt gewesen, so der Beamte. Die Videovernehmung wurde im Gerichtssaal vorgeführt. Als der Angeklagte verlangte, einen Pflichtverteidiger hinzuzuziehen, war die Vernehmung abgebrochen worden.
In einer Zigarettenpause habe sich jedoch ein kurzes Gespräch entwickelt, in dem der Angeklagte dem Beamten von den Gedanken, seine Frau umzubringen, berichtete. Er habe sie zur Rede stellen wollen. Sofort sei es aber wieder zum Streit gekommen, so der Polizeibeamte als Zeuge. Bei diesem Gespräch habe der Angeklagte auch das Tatgeschehen geschildert. „Es gab von mir keine Nachfrage“, so der Zeuge: „Ich habe ihn erzählen lassen.“Der Angeklagte ist bisher nicht vorbestraft.
Die Verhandlung wird am heutigen Mittwoch, 20. Mai, mit den Schlussanträgen fortgesetzt. Wie Richter Gerhard Ilg mitteilte, soll auch das Urteil gesprochen werden.