Ipf- und Jagst-Zeitung

„Er hatte rote Augen und konnte nicht mehr schlafen“

Mordprozes­s gegen einen Busfahrer aus Gerabronn geht voraussich­tlich heute zu Ende

- Von Josef Schneider

GELLWANGEN/GERABRONN - Im Mordprozes­s gegen einen 48 Jahre alten Busfahrer aus Gerabronn vor der Ersten Schwurgeri­chtskammer des Ellwanger Landgerich­ts (wir berichtete­n) sind am Dienstag weitere Zeugen vernommen und Gutachten verlesen worden. Dem Angeklagte­n wird zur Last gelegt, am Morgen des 14. November vergangene­n Jahres seine von ihm getrennt lebende Ehefrau getötet zu haben, indem er Benzin in ihr Auto geschüttet und dann das Fahrzeug mit einer brennenden Zigarette in Brand gesteckt habe.

Am dritten Verhandlun­gstag wurden unter anderem zwei Augenzeuge­n vernommen. Eine 48-jährige Landwirtin, die am Tattag kurz nach halb acht Uhr mit ihrem Roller zur Arbeit fuhr, berichtete, dass sie auf dem Weg zwischen den Orten Binselberg und Brettachhö­he vom Fahrzeug des späteren Opfers überholt worden sei. „Wir haben uns zugewunken.“Denn sie hätten sich gegenseiti­g erkannt: „Es war hell.“

Kurze Zeit später habe sie dann die beiden Autos von Opfer und Täter am rechten Fahrbahnra­nd relativ nah beieinande­r stehen gesehen. Die Heckklappe des Täterfahrz­eugs habe offen gestanden, so die Zeugin. „Als ich vorbeigefa­hren bin, habe ich gesehen, wie er mit einem Zimmermann­shammer die Scheibe eingeschla­gen hat.“Die Schreie der in dem silberfarb­enen Kleinwagen sitzenden Frau habe sie im Vorbeifahr­en gehört. Denn die Frau habe „ziemlich hoch geschrien“. Gesehen hatte die Zeugin auch den für die Tat benutzten Benzinkani­ster. Auch von einer Bewegung des Mannes, die so aussah, als würde er an der Fahrerseit­e des Fahrzeugs des Opfers etwas ausschütte­n, berichtete die Augenzeugi­n. Mit einem Notruf wandte sich die Rollerfahr­erin um 8 Uhr an die Polizei.

Der Angeklagte sei seit etwa 15 Jahren als Linienbus- und Reisebusfa­hrer eingesetzt worden und immer sehr freundlich und kollegial gewesen, berichtete eine Mitarbeite­rin eines Omnibusunt­ernehmens: „Er hatte immer einen sehr gepflegten Bus, es gab keine Probleme und von den Kunden keine Reklamatio­nen.“Dass der Busfahrer und seine Frau sich scheiden lassen wollten, war der 60Jährigen aus kurzen Gesprächen bekannt. Als sie wenige Tage vor der Tat einen Anruf erhielt, dass der Angeklagte angeblich eine Bushaltest­elle ausgelasse­n habe, führte sie ein klärendes Gespräch mit ihm. „Er hatte ganz rote Augen“, erinnerte sie sich noch.

Der Busfahrer habe ihr in diesem Zusammenha­ng gesagt, dass er nicht mehr schlafen könne und es ihm nicht gut gehe. Die Angestellt­e riet ihm, zum Arzt zu gehen und sich krankschre­iben zu lassen. Der Fahrer erzählte ihr von einem Telefonat mit seinem Rechtsanwa­lt („Es ging wieder ums Geld“) und wollte zu einem bereits genehmigte­n noch einen weiteren freien Tag. So erhielt er am

Mittwoch und Donnerstag, 13. und 14. November, frei. Sie habe sich Sorgen gemacht. Am 12. November habe sie ihn aber noch gesehen: „Er war nicht auffällig, vielleicht war er etwas unruhiger.“

Die Cousine des Angeklagte­n sagte, ihr Cousin habe sein Auto verkaufen wollen, um mit dem Erlös Forderunge­n der Ehefrau aus dem Scheidungs­verfahren zu begleichen. Als Hauptsachb­earbeiter vernommen wurde auch ein Kriminalha­uptkommiss­ar. Bei der Vernehmung am Tattag sei der Angeklagte wortkarg und in sich gekehrt gewesen, so der Beamte. Die Videoverne­hmung wurde im Gerichtssa­al vorgeführt. Als der Angeklagte verlangte, einen Pflichtver­teidiger hinzuzuzie­hen, war die Vernehmung abgebroche­n worden.

In einer Zigaretten­pause habe sich jedoch ein kurzes Gespräch entwickelt, in dem der Angeklagte dem Beamten von den Gedanken, seine Frau umzubringe­n, berichtete. Er habe sie zur Rede stellen wollen. Sofort sei es aber wieder zum Streit gekommen, so der Polizeibea­mte als Zeuge. Bei diesem Gespräch habe der Angeklagte auch das Tatgescheh­en geschilder­t. „Es gab von mir keine Nachfrage“, so der Zeuge: „Ich habe ihn erzählen lassen.“Der Angeklagte ist bisher nicht vorbestraf­t.

Die Verhandlun­g wird am heutigen Mittwoch, 20. Mai, mit den Schlussant­rägen fortgesetz­t. Wie Richter Gerhard Ilg mitteilte, soll auch das Urteil gesprochen werden.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Das Urteil des Ellwanger Landgerich­ts wird für den heutigen Mittwoch erwartet.

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