„Fußballer haben immer äußere Faktoren, mit denen sie klarkommen müssen“
Ex-Aalener und Jetzt-Wiesbadener Sascha Mockenhaupt spricht über Heidenheim und mehr
SCHWÄBISCH GMÜND - Sascha Mockenhaupt zählt zu den Führungsspielern des SV Wehen Wiesbaden und ist dabei gewesen, als der Abstiegskandidat beim Re-Start den VfB Stuttgart mit 2:1 bezwungen hat. Dabei hat er sich die fünfte Gelbe Karte eingehandelt und wird an diesem Freitag, wenn der SVWW zu Gast beim 1. FC Heidenheim ist, nicht mitwirken. Rems-Zeitung-Redakteur Timo Lämmerhirt hat sich dennoch vor diesem Duell mit Mockenhaupt unterhalten, beide kennen sich noch aus seiner Zeit beim VfR Aalen von 2014 bis 2015.
Wie hast Du es empfunden, als die Regierung das von der DFL-Task Force geschmiedete Hygienekonzept durchgewunken hatte und Ihr wusstet, dass Ihr wieder spielen würdet?
Als Fußballer war ich natürlich froh, dass es wieder in den Wettkampf ging. Es war wieder ein Ziel vor den Augen. Ich wusste, dass Stuttgart mit Gomez, Castro oder Didavi kommen wird. Da lässt es sich automatisch leichter trainieren. Wenn ich dann zwischendrin mit einer Maske herumlaufen muss, dann mache ich das.
Wie war so ein
Spiel vor leeren Rängen?
Das hatte natürlich schon so eine Art Trainingsspielcharakter, ganz klar. Für mich aber war das auch ein Flashback. Ich habe früher auch mal zwei Spiele in der C-Liga gemacht, da war auch keiner am Sportplatz. Mit der Zweiten von Kaiserslautern haben wir auch häufiger im Fritz-Walter-Stadion spielen müssen, da war es ähnlich. Fußballer haben immer äußere Faktoren, mit denen sie klarkommen müssen. Manchmal hat ein Spieler Theater mit dem Trainer, ein anderer vielleicht familiäre Probleme. Diese äußeren Faktoren muss man während dieser 90 Minuten einfach beiseiteschieben, ausblenden und seine Leistung bringen. Es verlangt von einem noch mehr mentale Stärke. Fakt ist: Ob dieser Re-Start nun den Menschen gefällt oder nicht, die Vereine benötigen diese Spiele, um zu überleben. Und nur dann kommen wir wieder zu dem Fußball, den wir alle lieben und den wir alle wieder haben wollen – und das ist der Fußball mit Zuschauern. Das sollten die Kritiker vielleicht auch einmal berücksichtigen.
Mit dem Sieg über den VfB habt Ihr Euch im Abstiegskampf zurückgemeldet. Gibt dieser Erfolg zusätzlichen Auftrieb?
Natürlich sind Spiele wie gegen den VfB besondere Partien. Wenn ich dann aber einen Tag später in der Kabine sitze, kann ich nur den Kopf schütteln und mich fragen, warum das nicht auch gegen andere Mannschaften klappt. Wir haben den Start in die Liga total verpennt. Ich bemühe eigentlich selten Statistiken, diese aber sagt einiges: Wir haben in den letzten 20 Partien nun nur einen Punkt weniger geholt als der VfB. Ich bin davon überzeugt, dass wir mit unserem Leistungsvermögen die Liga halten können. Und in der nächsten Saison sollten wir dann vielleicht besser starten (lacht).
Ihr habt mit Eurem 2:1 gegen den VfB Stuttgart nun auch den Heidenheimern geholfen. Hast Du das 0:3 in Bochum des FCH verfolgt? Da muss ich ehrlich sein: ich schaue mir sehr selten die anderen Spiele in der 2. Liga an. Auf die Gegner fokussiere ich mich eigentlich immer erst in der Videoanalyse – außer, es passieren mal sensationelle Dinge.
2015 hast Du schon einmal auf dem Rasen gegen den FCH gestanden. Das damalige 2:4 im Derby von der Ostalb bedeutete damals den endgültigen Abstieg des VfR Aalen aus der 2. Liga. Brennen sich solche Spiele besonders ein?
Natürlich sind das Spiele, die man nicht vergisst. In der damaligen Saison hat uns jemand gefehlt, der die Tore schießt. Wir hatten ein starkes Team, einen super Trainer, einzig keinen Torjäger.
Du sprichst den „super Trainer“an. Stefan Ruthenbecks Wichtigkeit in Deiner Karriere lässt sich nicht wegdiskutieren …
Das stimmt. Er kannte mich damals noch aus der Oberliga, hat mich danach auch nie aus den Augen verloren und mir schließlich die Chance in Aalen gegeben. Er gehört schon zu den Kernelementen meiner Karriere. Solche Elemente hat wohl jeder Spieler. Es gibt immer zwei, drei Chancen während der Karriere eines Fußballers. Ich hatte immer nur eine, die ich bislang glücklicherweise auch immer nutzen konnte.
Jetzt bist Du am Freitag mit Deiner fünften Gelben Karte gesperrt. Ist es ob dieser Aalener Vergangenheit eigentlich schlimm für Dich, gegen den FCH nicht dabei zu sein? Nein, es ist generell schade, nicht dabei zu sein, um darum zu kämpfen, weitere drei Punkte gegen den Abstieg holen zu können. ErzrivalenGedanken
hege ich da absolut nicht. Ich war ja auch nur ein Jahr in Aalen. Das ist übrigens meine erste Sperre wegen der fünften Gelben Karte. Ich bin wirklich sehr gespannt, wie diese Partie werden wird. Ich werde sie mir im TV anschauen, wir dürfen wegen des Coronavirus ja nicht mitfahren. Das wird schlimm, denn es ist überhaupt nichts für mich, nicht selber mitspielen zu können. Ich glaube, dass ich in meiner Zeit beim SVWW erst fünf oder sechs Mal in einem Pflichtspiel gefehlt habe.
Der FCH hat in der jüngsten Vergangenheit zu den Topteams der Liga aufgeschlossen. Wie hast Du die Entwicklung des FCH gesehen? Der FCH ist ein gutes Beispiel dafür, was kontinuierliche Arbeit und Fleiß ausmachen können. Der Verein hat viele regionale Sponsoren mit ihm Boot, wodurch sich die Menschen der Region noch mehr mit dem Klub identifizieren können. Da hat sich in den vergangenen Jahren einiges entwickelt, dazu hält man an der sportlichen Führung fest. So hat Trainer Frank Schmidt Jahr für Jahr die Möglichkeit, wieder ein bisschen mehr zu entwickeln. Ich habe aber auch nichts gegen Modelle wie RB Leipzig. Natürlich war da eine Menge Geld im Spiel, dennoch wird auch dort gute Arbeit geleistet.
Wie schätzt Du Eure Chancen am Freitag an? Neben Dir fehlt auch noch Benedikt Röcker …
Das ist richtig, da fehlen zwei von drei Verteidigern in der Kette. Wir haben aber einen in der Breite gut aufgestellten Kader und normalerweise liegen uns Mannschaften aus dem oberen Drittel eher. Ich weiß aber, dass sie sich beim FCH nach diesem 0:3 unterhalten haben und uns mit gewetzten Messern empfangen werden.