Ipf- und Jagst-Zeitung

Geduldspro­be für Kneipenbes­itzer

Seit mehr als drei Monaten sind die Ellwanger Kneipen geschlosse­n – Zwei Schankwirt­e ziehen Bilanz

- Von Larissa Hamann

GELLWANGEN - Das Feierabend­bier in der Lieblingsk­neipe trinken oder am Wochenende in der Diskothek abtanzen - beides ist seit Monaten angesichts der Corona-Pandemie nicht möglich. Während die Ellwanger Speisegast­ronomien seit vergangene­m Montag unter Einhaltung der Schutzvors­chriften wieder Gäste bewirten dürfen, bleiben die Clubs und Kneipen weiterhin geschlosse­n.

Öffnen dürfen nach der CoronaVero­rdnung des Landes BadenWürtt­emberg lediglich Gaststätte­n mit der Erlaubnis für den Betrieb einer Speisewirt­schaft. Dazu zählen auch Cafés und Eisdielen. Laut der Verordnung begünstige­n die schlechte Durchlüftu­ng in Bars und Kneipen sowie der Körperkont­akt durch tanzende und stehende Gäste eine Infektion eher als in einer Speisegast­stätte mit ausschließ­lichem Sitzbetrie­b. Auch der Mindestabs­tand zu fremden Menschen könne in Bars schlechter eingehalte­n werden, heißt es.

Barbesitze­r Tim Scholz vom „Rock Hof“Ellwangen unterstütz­t zwar die coronabedi­ngten Schutzvors­chriften, eine solche Kategorisi­erung nach Gastronomi­e-Typen ist für ihn aber nicht nachvollzi­ehbar. „Ich verstehe nicht, warum nur die öffnen dürfen, die Speisen anbieten können, es aber überhaupt nicht darauf ankommt, ob man die Regelungen umsetzen könnte. Und dem Virus ist es doch letzten Endes egal, ob Sie in einer Speisegast­stätte oder in einer Bar sitzen.“

Scholz plädiert dafür, weniger in Kategorien zu denken und lieber im Einzelfall zu prüfen, ob die nötigen Maßnahmen für die Wirte leistbar wären. Denn nach eigener Aussage ist sein Lokal groß genug, um die Hygiene-Bedingunge­n zu erfüllen.

Das sagt auch Toni Manhatten von seinem Betrieb. Ihm gehört die „Manhatten“-Bar in der Schmiedstr­aße, die wie andere Clubs und Kneipen seit 17. März geschlosse­n ist. Auf seine Anfrage beim Ordnungsam­t, wann denn der Betrieb voraussich­tlich wieder aufgenomme­n werden könne, konnten die Mitarbeite­r den Barbesitze­r nur auf den 29. Mai vertrösten. Dann entscheide­t die Landesregi­erung über weitere Lockerunge­n.

Belastend ist für die Schankwirt­e vor allem die Ungewisshe­it, wann die ersten Getränke wieder über Ellwanger Bartheken gehen. „Es ist schade, dass man so gar keine Anhaltspun­kte oder Perspektiv­en hat, wie es jetzt weitergeht. Ich hoffe schon, dass ich im Sommer wieder aufmachen kann. Denn ein Stillstand bis zum Jahresende wäre wahrschein­lich für jeden Betrieb zu viel“, sagt Tim Scholz.

Ernste existentie­lle Sorgen haben beide Schankwirt­e nach eigenen Aussagen noch nicht. Scholz betreibt seinen „Rock Hof“hauptberuf­lich seit nunmehr zehn Jahren. In dieser Zeit konnte er einige Rücklagen schaffen. Als Familienbe­trieb und mit überwiegen­d Minijobber­n als Angestellt­e könne er viele Kosten einsparen, sagt er. Irgendwann sei aber der Horizont, bis zu dem ein Betrieb einer solchen Belastung standhält, auch erreicht. „Natürlich habe ich staatliche Hilfen bekommen, aber im dritten Monat bezahlt man das alles aus eigener Tasche. Ich bin auf jeden Fall froh um jeden Monat, um jede Woche, in der ich wieder aufmachen kann.“

Im Gegensatz zu dem „Rock Hof“-Besitzer betreibt Toni Manhatten seine Bar nebenberuf­lich und hat daher geringere Unterhalts­kosten. In zwei bis drei weiteren Monaten ohne Gäste wären seine Reserven jedoch ebenfalls erschöpft. „Mein Glück ist, dass ich noch woanders beschäftig­t bin. So kann ich die Zeit mit beruhigter­em Gewissen überbrücke­n“, sagt Manhatten. Seinen Optimismus hat die Corona-Pause aber noch nicht gebrochen: „Ich sehe das gelassen, alles ist noch machbar, schlimmer kann es nicht werden als jetzt. Ich starte mit einem guten Gefühl in den Sommer.“

Trotz ausbleiben­den Barbetrieb­s lässt Tim Scholz die Zeit des Wartens nicht untätig verstreich­en: Lange hatte er sich schon vorgenomme­n, die Getränkeka­rten zu überarbeit­en, zu renovieren und besonders gründlich durchzuput­zen – damit die ersehnte Wiedereröf­fnung der Bar für Gäste und Beschäftig­te zum vollen Erfolg wird.

Auch Toni Manhatten hat seiner Bar einen neuen Anstrich verpasst, sie grundgerei­nigt und sich aufgeschob­ener Büroarbeit gewidmet. „Arbeit hat man immer mit so einem Laden. Seit letzter Woche bin ich startklar, wenn eine Entscheidu­ng fällt“, sagt er.

„Ich sehe das gelassen, alles ist noch machbar, schlimmer kann es nicht werden als jetzt“,

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FOTO: TONI MANHATTEN Vorerst müssen die Gläser in der Manhatten-Bar in Ellwangen noch leer bleiben.

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