Geduldsprobe für Kneipenbesitzer
Seit mehr als drei Monaten sind die Ellwanger Kneipen geschlossen – Zwei Schankwirte ziehen Bilanz
GELLWANGEN - Das Feierabendbier in der Lieblingskneipe trinken oder am Wochenende in der Diskothek abtanzen - beides ist seit Monaten angesichts der Corona-Pandemie nicht möglich. Während die Ellwanger Speisegastronomien seit vergangenem Montag unter Einhaltung der Schutzvorschriften wieder Gäste bewirten dürfen, bleiben die Clubs und Kneipen weiterhin geschlossen.
Öffnen dürfen nach der CoronaVerordnung des Landes BadenWürttemberg lediglich Gaststätten mit der Erlaubnis für den Betrieb einer Speisewirtschaft. Dazu zählen auch Cafés und Eisdielen. Laut der Verordnung begünstigen die schlechte Durchlüftung in Bars und Kneipen sowie der Körperkontakt durch tanzende und stehende Gäste eine Infektion eher als in einer Speisegaststätte mit ausschließlichem Sitzbetrieb. Auch der Mindestabstand zu fremden Menschen könne in Bars schlechter eingehalten werden, heißt es.
Barbesitzer Tim Scholz vom „Rock Hof“Ellwangen unterstützt zwar die coronabedingten Schutzvorschriften, eine solche Kategorisierung nach Gastronomie-Typen ist für ihn aber nicht nachvollziehbar. „Ich verstehe nicht, warum nur die öffnen dürfen, die Speisen anbieten können, es aber überhaupt nicht darauf ankommt, ob man die Regelungen umsetzen könnte. Und dem Virus ist es doch letzten Endes egal, ob Sie in einer Speisegaststätte oder in einer Bar sitzen.“
Scholz plädiert dafür, weniger in Kategorien zu denken und lieber im Einzelfall zu prüfen, ob die nötigen Maßnahmen für die Wirte leistbar wären. Denn nach eigener Aussage ist sein Lokal groß genug, um die Hygiene-Bedingungen zu erfüllen.
Das sagt auch Toni Manhatten von seinem Betrieb. Ihm gehört die „Manhatten“-Bar in der Schmiedstraße, die wie andere Clubs und Kneipen seit 17. März geschlossen ist. Auf seine Anfrage beim Ordnungsamt, wann denn der Betrieb voraussichtlich wieder aufgenommen werden könne, konnten die Mitarbeiter den Barbesitzer nur auf den 29. Mai vertrösten. Dann entscheidet die Landesregierung über weitere Lockerungen.
Belastend ist für die Schankwirte vor allem die Ungewissheit, wann die ersten Getränke wieder über Ellwanger Bartheken gehen. „Es ist schade, dass man so gar keine Anhaltspunkte oder Perspektiven hat, wie es jetzt weitergeht. Ich hoffe schon, dass ich im Sommer wieder aufmachen kann. Denn ein Stillstand bis zum Jahresende wäre wahrscheinlich für jeden Betrieb zu viel“, sagt Tim Scholz.
Ernste existentielle Sorgen haben beide Schankwirte nach eigenen Aussagen noch nicht. Scholz betreibt seinen „Rock Hof“hauptberuflich seit nunmehr zehn Jahren. In dieser Zeit konnte er einige Rücklagen schaffen. Als Familienbetrieb und mit überwiegend Minijobbern als Angestellte könne er viele Kosten einsparen, sagt er. Irgendwann sei aber der Horizont, bis zu dem ein Betrieb einer solchen Belastung standhält, auch erreicht. „Natürlich habe ich staatliche Hilfen bekommen, aber im dritten Monat bezahlt man das alles aus eigener Tasche. Ich bin auf jeden Fall froh um jeden Monat, um jede Woche, in der ich wieder aufmachen kann.“
Im Gegensatz zu dem „Rock Hof“-Besitzer betreibt Toni Manhatten seine Bar nebenberuflich und hat daher geringere Unterhaltskosten. In zwei bis drei weiteren Monaten ohne Gäste wären seine Reserven jedoch ebenfalls erschöpft. „Mein Glück ist, dass ich noch woanders beschäftigt bin. So kann ich die Zeit mit beruhigterem Gewissen überbrücken“, sagt Manhatten. Seinen Optimismus hat die Corona-Pause aber noch nicht gebrochen: „Ich sehe das gelassen, alles ist noch machbar, schlimmer kann es nicht werden als jetzt. Ich starte mit einem guten Gefühl in den Sommer.“
Trotz ausbleibenden Barbetriebs lässt Tim Scholz die Zeit des Wartens nicht untätig verstreichen: Lange hatte er sich schon vorgenommen, die Getränkekarten zu überarbeiten, zu renovieren und besonders gründlich durchzuputzen – damit die ersehnte Wiedereröffnung der Bar für Gäste und Beschäftigte zum vollen Erfolg wird.
Auch Toni Manhatten hat seiner Bar einen neuen Anstrich verpasst, sie grundgereinigt und sich aufgeschobener Büroarbeit gewidmet. „Arbeit hat man immer mit so einem Laden. Seit letzter Woche bin ich startklar, wenn eine Entscheidung fällt“, sagt er.
„Ich sehe das gelassen, alles ist noch machbar, schlimmer kann es nicht werden als jetzt“,