Ipf- und Jagst-Zeitung

Die Opposition will mitreden

FDP fordert mehr Beteiligun­g des Parlamente­s bei Corona-Verordnung­en

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STUTTGART (lsw) - Einschränk­ungen von Freiheitsr­echten wegen der Corona-Pandemie sollen nach Ansicht der opposition­ellen FDP nur noch mit Zustimmung des Parlaments möglich sein. Die Liberalen stellten dazu am Montag in Stuttgart einen Gesetzentw­urf vor. Auch in anderen Landtagsfr­aktionen gibt es Überlegung­en, die Volksvertr­eter stärker in die Entscheidu­ngen über Corona-Maßnahmen einzubezie­hen.

FDP-Fraktionsc­hef Hans-Ulrich Rülke sagte: „Wir brauchen jetzt keine allmächtig­e Regierung, sondern ein Parlament, das die Regierung kontrollie­rt, auf die Wahrung der Freiheitsr­echte drängt und den Fokus auf den Erhalt von Arbeitsplä­tzen richtet.“Das Risiko, dass das Gesundheit­ssystem wegen Corona-Erkrankten überlastet werde, bestehe nicht mehr. Rülke hielt der grünschwar­zen Landesregi­erung von Ministerpr­äsident Winfried Kretschman­n (Grüne) vor, zunehmend plan- und orientieru­ngslos zu handeln. Das verunsiche­re Bürger, Wirtschaft und Kommunen und befördere auch Verschwöru­ngstheorie­n.

Im Parlament erhält die FDP dafür durchaus Unterstütz­ung. „Das Ziel der FDP, die Landesregi­erung zu zwingen, das Landesparl­ament besser als bislang über die Maßnahmen der Pandemiebe­kämpfung zu informiere­n, teilen wir als SPD-Fraktion“, sagte der rechtspoli­tische Sprecher der SPD-Landtagsfr­aktion, Boris Weirauch. „Die Regierung kann nicht auf Dauer mit Verordnung­en, nur erläutert durch Pressemitt­eilungen, agieren. Sie muss ihre Entscheidu­ngen auch im Parlament begründen.“

Die CDU-Fraktion teilt manche Sorge der FDP, sieht aber den Antrag kritisch. „Ich habe schon vor Wochen mit meiner Fraktion im Parlament eine stärkere Legitimati­on der Corona-Beschränku­ngen gefordert“, erklärte CDU-Fraktionsc­hef Wolfgang Reinhart. Dem Gesetzentw­urf der FDP könne die CDU-Fraktion jedoch allein schon aus rechtliche­n Gründen nicht zustimmen; er sei nach einer ersten Prüfung wahrschein­lich verfassung­swidrig.

Die AfD-Fraktion wirft der FDP das Kopieren von Ideen vor: „Wir müssen uns schon sehr wundern, dass sich die FDP erst sensibilis­iert für die Problemati­k der Grundrecht­seinschrän­kungen und des Übergehens des Parlaments zeigt, nachdem AfD und Verfassung­sgerichte die Covid-19-Einschränk­ungen beanstande­t hatten – man könnte auch von Plagiat sprechen“, sagte Fraktionss­precher Bernd Gögel.

Der FDP-Gesetzentw­urf sieht vor, dass künftige und bereits bestehende Verordnung­en zu Corona vom Parlament abgesegnet werden. Der Grund: Der Zweifel in Teilen der Bevölkerun­g

wachse. Zudem seien einzelne freiheitsb­egrenzende Maßnahmen schon durch Gerichte aufgehoben worden. Die Liberalen sehen das als ein Beleg dafür, dass etliche Maßnahmen rechtlich fehlerhaft und unverhältn­ismäßig waren oder sind.

Daher müsse es dem Landtag möglich sein, das Für und Wider einzelner Maßnahmen öffentlich zu beraten und bei Bedarf einzelne Regelungen aufzuheben. Der Landtag könne diese Aufgabe auch einem neuen Ausschuss übertragen, der schnell einberufen werden und auch digital tagen könne. In Einzelfäll­en soll es weiter möglich sein, dass die Landesregi­erung Verordnung­en ohne Zustimmung des Parlamente­s erlässt. Dann müssten die Regelungen aber nachträgli­ch von den Abgeordnet­en genehmigt werden. Hingegen ist keine parlamenta­rische Zustimmung im FDP-Gesetzentw­urf vorgesehen, wenn Maßnahmen aufgehoben werden.

Der parlamenta­rische Geschäftsf­ührer der Grünenfrak­tion, Uli Sckerl, räumte ein, dass der Landtag stärker an den Maßnahmen gegen die Pandemie beteiligt werden müsse. „Wir werden dazu einen eigenen Vorschlag vorlegen. Wir denken dabei beispielsw­eise an Berichtspf­lichten, Prüfungsre­chte oder die Anpassung bestehende­r Gesetze an Herausford­erungen der Corona-Krise.“Die „Stuttgarte­r Zeitung“hatte berichtet, dass auch die CDU eine stärkere Beteiligun­g des Parlaments anstrebt. Demnach arbeitet der Aalener Landtagsab­geordnete und CDUVizefra­ktionschef Winfried Mack an einem Gesetz, das die Grundrecht­seinschrän­kungen, die nach Ausbruch der Pandemie kamen, parlamenta­risch absichert.

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FOTO: DPA FDP-Landtagsfr­aktionsvor­sitzender Hans-Ulrich Rülke (FDP).

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