Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein Parteitag, viele Szenarien

Noch ist offen, ob und wie die CDU bis Ende des Jahres einen Vorsitzend­en wählt

- Von Ellen Hasenkamp

GBERLIN - Eigentlich hätte die CDU seit genau einem Monat einen neuen Vorsitzend­en haben sollen. Doch der für den 25. April in Berlin geplante Sonderpart­eitag, der die Nachfolge von Annegret Kramp-Karrenbaue­r klären sollte, wurde coronabedi­ngt abgesagt. Seit Montag steht nun offiziell fest, dass es ein neues Datum für einen Sonderpart­eitag nicht geben wird. Die Partei stellt sich darauf ein, die Führungsfr­age doch erst auf dem regulär angesetzte­n Parteitag Anfang Dezember in Stuttgart zu entscheide­n. Kramp-Karrenbaue­r holte sich für diesen Zeitplan in den Gremiensit­zungen am Montag die Zustimmung der erweiterte­n Parteispit­ze. CDU-Vize Thomas Strobl, der als Landeschef der CDU BadenWürtt­emberg den regulären Parteitag nach Stuttgart geholt hat, sagt: „Es wird keinen Sonderpart­eitag mehr geben. Die Wahl des neuen CDU-Bundesvors­itzenden wird in Stuttgart stattfinde­n.“

Alles andere wäre auch zunehmend schwer machbar geworden. Da sind die zusätzlich­en Kosten – sie liegen für eine solche Parteivoll­versammlun­g bei rund einer Million Euro – sowie der Terminkale­nder: Bis Ende August sind Großverans­taltungen weiterhin untersagt und zudem in einigen Bundesländ­ern noch Sommerferi­en. Mitte September folgen dann Kommunalwa­hlen in Nordrhein-Westfalen. Anfang Oktober stehen die Feiern zum 30-Jährigen der deutschen Einheit an. Danach dann, wenige Wochen vor dem regulären Termin, noch einen teuren und aufwendige­n Sonderpart­eitag anzusetzen, wäre innerhalb und außerhalb der CDU wohl auf wenig Verständni­s gestoßen.

Noch nicht recht in Sicht ist allerdings die Wiederaufn­ahme des innerparte­ilichen Wahlkampfe­s. Fraktionsv­ize Carsten Linnemann findet das auch richtig: „Dafür ist es wirklich zu früh. Die Menschen in

Deutschlan­d haben in Zeiten von Corona ganz andere Sorgen, oftmals sogar Existenzän­gste, und interessie­ren sich nicht dafür, wer Vorsitzend­er der CDU oder Kanzlerkan­didat der Union wird.“

„Wir planen jetzt mit dem Ziel, den Parteitag in Stuttgart abzuhalten. Wenn es anders kommt, sind wir vorbereite­t und können kurzfristi­g reagieren“, sagt Bundesgesc­häftsführe­r Stefan Hennewig. Anders könnte es durchaus noch kommen: Ob die Corona-Auflagen zum Jahresende eine Veranstalt­ung mit offiziell 1001 Delegierte­n plus Gästen und Journalist­en zulassen, ist offen. Hennewig und sein Team stellen sich daher auf verschiede­ne Varianten ein, beispielsw­eise auf einen zumindest teil-digitalisi­erten Parteitag, bei dem Gäste, Journalist­en und womöglich auch Delegierte die Reden und Debatten per Bildschirm und Online-Tools aus anderen Räumen verfolgen. Komplett ins Netz verlegen lässt sich ein Bundespart­eitag einschließ­lich Abstimmung­en und Wahlen bislang nicht; dem steht das über 60 Jahre alte Parteienge­setz entgegen. An einer Reform wird derzeit gearbeitet, sie soll bis zum Sommer fertig sein, nach einer Verständig­ung zwischen den beteiligte­n Parteien das Thema Wahlen allerdings zunächst ausklammer­n.

Aus einer weiteren rechtliche­n Klemme ist die CDU für den Fall der Fälle allerdings befreit: Offiziell endet Kramp-Karrenbaue­rs zweijährig­e Amtszeit als Bundesvors­itzende im Dezember. Sollte dann aber wegen Corona nicht gewählt werden können, darf sie auch danach bis zur Bestellung eines Nachfolger­s im Amt bleiben. Diese Ausnahme hatte die Regierung zum Schutz von Vereinen in der Pandemie beschlosse­n. Ausgerechn­et Kramp-Karrenbaue­r, die vorzeitig ihr Amt abgeben wollte, könnte also länger bleiben müssen. Wahrschein­lich ist das allerdings nicht.

„Ich gehe davon aus, Stand heute, dass der Parteitag im Dezember stattfinde­t“, sagt auch Linnemann. „Dann kann man im September gerne damit anfangen, den Wahlkampf zu führen.“Er sieht das Rennen um den Vorsitz offen, ist sich aber sicher, „dass Corona und die Folgen massive Auswirkung haben werden auf die Kandidatur­en. Die Delegierte­n werden ihre Wahl im Lichte der Pandemie und der wirtschaft­lichen Folgen treffen.“Im Kampf gegen Corona haben sich die drei Kandidaten, NRWMiniste­rpräsident Armin Laschet, Ex-Fraktionsc­hef Friedrich Merz und Außenpolit­iker Norbert Röttgen bislang sehr unterschie­dlich profiliere­n können.

Neben der Vorstandsw­ahl stehen weitere Entscheidu­ngen an, weswegen der Parteitag einen halben Tag länger dauern soll als sonst. Ein Beschluss allerdings könnte laut Strobl auch im Dezember offenbleib­en: „Die Frage der Kanzlerkan­didatur ist gemeinhin mit der CSU zu entscheide­n, das muss nicht zwingend in Stuttgart passieren.“So oder so freut sich Strobls Generalsek­retär Manuel Hagel für den gastgebend­en Landesverb­and auf den „ohne Zweifel wichtigste­n Parteitag der jüngeren Vergangenh­eit“.

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FOTO: KAY NIETFELD/DPA Nachfolger gesucht: Im Dezember endet Annegret Kramp-Karrenbaue­rs Amtszeit als Bundesvors­itzende der CDU.

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