Ipf- und Jagst-Zeitung

Gefährlich­e Desinfekti­onsmittel

Die Zahl der Giftunfäll­e in Haushalten hat zugenommen – Betroffen sind meist Kinder

- Von Dorothea Dörner

GFREIBURG (lsw) - Die Mitarbeite­r der landesweit tätigen Vergiftung­sInformati­ons-Zentrale in Freiburg verzeichne­n eine steigende Zahl von Notrufen und Anfragen. Mit der Corona-Krise haben sich zudem die Themenschw­erpunkte verändert, sagte die Leiterin der Einrichtun­g, Maren Hermanns-Clausen. Es gehe beim Giftnotruf nun häufiger als sonst um Desinfekti­onsmittel, Seifen, Geschirr- und Glasreinig­er und ähnliche Substanzen. Am häufigsten seien Kinder betroffen. Haushaltsp­rodukte wie Reiniger oder Desinfekti­onsmittel würden von diesen getrunken oder gelangten in die Augen. Kleinkinde­r probierten in häuslicher Umgebung auch Arzneimitt­el und Pflanzente­ile.

Die an der Uniklinik Freiburg angesiedel­te Einrichtun­g ist für ganz Baden-Württember­g zuständig. Sie betreibt rund um die Uhr einen Giftnotruf. Seit Jahresbegi­nn wurden 1400 Anrufe mehr als im vergleichb­aren Zeitraum des Vorjahres verzeichne­t, sagte Hermanns-Clausen. Die Corona-Krise sei nicht alleiniger Auslöser. Sie habe zur steigenden Zahl der Anrufe aber wesentlich beigetrage­n, vor allem durch eine Zunahme von Giftunfäll­en in privaten Haushalten. Die Zahl der Anrufe wegen Suizidvers­uchen und Drogenmiss­brauchs

sei dagegen annähernd gleich geblieben. „Wir spüren, dass die Menschen daheim bleiben und dass nun Mittel in den Haushalten sind, die es früher in dieser Menge dort nicht gab“, sagte die Medizineri­n. Die Gefahr, dass Giftiges nicht korrekt verwendet werde oder in die Hände von Kindern gelange, sei so gestiegen: „Meist geht es um Kinder zwischen sechs Monaten und vier Jahren, die Mittel eingenomme­n haben und so möglicherw­eise zum Notfall werden.“In der Regel riefen die besorgten Eltern an. Anrufe wegen Desinfekti­onsmitteln seien in den vergangene­n Wochen im Vergleich zum Vorjahresz­eitraum um rund 40 Prozent gestiegen, im April habe sich die Zahl sogar verdoppelt.

„Es ist verständli­ch, dass viele Eltern während der Corona-Pandemie zu Desinfekti­onsmitteln greifen“, sagte Baden-Württember­gs Gesundheit­sminister Manne Lucha (Grüne): „In der Regel reicht aber schon gründliche­s Händewasch­en mit Wasser und Seife für mindestens 20 Sekunden, um Keime effektiv abzutöten oder zu reduzieren.“Dies lasse sich auch spielerisc­h mit kleineren Kindern üben. „In jedem Fall appelliere ich an die Eltern, Desinfekti­onsmittel außerhalb der Reichweite von Kindern aufzubewah­ren und die Mittel nicht in andere Flaschen und Behälter umzufüllen“, sagte der Minister am Montag.

Im vergangene­n Jahr zählte der Giftnotruf den Angaben zufolge 28 500 Anrufe, zwei Drittel der Anrufer waren Laien. Nur in zwei Prozent der Fälle 2019 ging es um Desinfekti­onsmittel. „Wer bei uns anruft, sollte die Packung des Mittels zur Hand nehmen“, sagte HermannsCl­ausen. Die Experten müssten genau wissen, um welches Produkt es sich handele. So könnten sie die Gefahr besser einschätze­n und im Notfall schnell helfen.

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FOTO: KLAUS-DIETMAR GABBERT/DPA Desinfekti­onsmittel sollten nicht in Kinderhänd­e geraten.

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