Ungerecht und am Ziel vorbei
30-Liter-Säcke für den Hausmüll nur noch für Singlehaushalte? Ein alleinerziehender Vater übt Kritik an den Plänen
GAALEN - Am heutigen Dienstag soll im Kreistag eine neue Abfallwirtschaftsatzung beschlossen werden. In diesem Zuge ist unter anderem vorgesehen, die schwarzen 30-LiterSäcke für den Restmüll künftig nur noch an Ein-Personen-Haushalte abzugeben. Teurer soll das Ganze für die Verbraucher auch noch werden – um zehn Euro im Jahr. Mit dieser Maßnahme wollen die Kreisverwaltung und die Abfallgesellschaft GOA der Vermüllung der Landschaft entgegentreten. Verbraucher wie Werner Wohlfahrt aus Aalen können über diese Pläne nur den Kopf schütteln.
Wohlfahrt hat sich deshalb vor einigen Tag mit einem offenen Brief an Landrat Klaus Pavel, die GOA sowie die Mitglieder des Kreistags gewendet. Darin kritisiert Wohlfahrt die Pläne, die jetzt auf dem Tisch liegen. Sowohl „die Argumentation, als auch die geplanten Maßnahmen“seien in seinen Augen falsch und „gehen am Ziel vorbei“. In diesem Zuge führt Wohlfahrt aus, dass sich wilde Müllablagerungen zum einen „nicht ausschließlich mit den Müllsparsäcken begründen“lassen. Zum anderen werde von Müllsündern in der Natur vorzugsweise Sperrmüll, Bauschutt und ähnlich sperriges Material illegal entsorgt. Wie Wohlfahrt in seinem Schreiben ausführt, sei ihm „vollkommen klar“, dass eine Sacklösung in einem Acht-Personen-Haushalt nicht funktionieren könne. Die Einschränkungen, die jetzt geplant seien, führten seiner Meinung nach aber zu weit.
Wohlfahrt wäre von der geplanten Neuregelung, die jetzt kommen soll, als Verbraucher selbst betroffen. Er ist Witwer und lebt mit seiner Tochter im Grundschulalter in einem Zwei-Personen-Haushalt. Seiner kleinen Familie reiche die „Sacklösung“, er müsse dabei nicht einmal sämtliche Abholtermine nutzen. „Ich versuche, mit meiner Tochter einen nachhaltigen Lebensstil zu pflegen. Mülltrennung und vor allem auch Müllvermeidung steht bei uns im Vordergrund“, betont Wohlfahrt. Deshalb halte er sowohl die preisliche Gleichsetzung des 30-Liter-Sacks mit der 60-LiterTonne, wie auch die beschränkte Ausgabe der Säcke an Ein-Personen-Haushalte samt der Verpflichtung zur Mindestabnahme von neun Säcken pro Jahr für schlicht „nicht nachvollziehbar“und aus seiner Sicht auch für nicht gerecht. Wer eine 60-Liter-Tonne vollmacht, produziere nun einmal mehr Müll, als derjenige, der einen 30-Liter-Sack abgibt. Der Begriff „Müllsparersäcke“werde durch die neue Gebührenordnung „konterkariert“, kritisiert Wohlfahrt.
Der Aalener plädiert eindringlich dafür, dass die Nutzer der 30-Liter-Säcke nicht bestraft, sondern für ihre Bemühungen zur Müllvermeidung auch weiterhin belohnt werden. Er bittet abschließend eindringlich darum, die angedachten Maßnahmen „nicht in voller Gänze umzusetzen“, sondern Zwei-Personen-Haushalten
auch künftig „die Müllsparerlösung“zu erhalten und auf die Mindestabnahme von neun Säcken zu verzichten. Er hoffe, dass in dieser Angelegenheit „die Würfel noch nicht endgültig gefallen sind“und heute Abend im Kreistag noch einmal „nachgesteuert“wird. Im Gespräch mit unserer Zeitung hat Wohlfahrt seine Position nochmals unterstrichen. „Das Ansinnen führt einfach zu weit. Viele Haushalte werden benachteiligt. Ich denke dabei zum Beispiel auch an Senioren, denen der 30-Liter-Sack meistens doch vollkommen ausreicht.“
Eine erste Reaktion auf sein Schreiben hat Wohlfahrt bereits erhalten. Landrat Klaus Pavel hat ihm ausführlich schriftlich geantwortet.
Darin begründet Pavel die Pläne der Kreisverwaltung unter anderem damit, dass eine grundsätzliche Reduzierung der 30-Liter-Säcke nötig sei, um die Vorschriften des Arbeitsschutzes einhalten zu können. Denn: Für die Müllwerker sei die Arbeit mit den Müllsäcken eine körperlich „erhebliche Belastung“. Darüber hinaus solle durch die Festlegung
von Mindestleerungen sichergestellt werden, dass der Abfall „in regelmäßigen Zeitabständen abgefahren wird und die Gebührenpflichtigen gar nicht erst dazu verleitet werden, ihren Abfall verbotswidrig zu entsorgen“.
Abschließend wird Wohlfahrt dann noch vom Landrat vorgerechnet, dass der Umstieg auf eine 60Liter-Tonne für einen Zwei-PersonenHaushalt sogar kostengünstiger sei – allerdings erst ab einer jährlichen Gesamtleerungsmenge von 300 Litern.
Einen kleinen Hoffnungsschimmer gibt es aber noch für Familien, wie die von Werner Wohlfahrt. In „begründeten Ausnahmefällen“dürfen Zwei-Personen-Haushalte auch über den offiziellen Umstellungstermin am 1. Januar 2022 weiter die Müllsparersäcke nutzen. Zu solchen begründeten Ausnahmentatbeständen zählt zum Beispiel ein fehlender Stellplatz für die Mülltonne.
Bei der GOA wollte man sich am Montag nicht zu dem Schreiben und der Kritik von Werner Wohlfahrt einlassen. Man warte die Entscheidung des Kreistags ab, hieß es knapp.