Erinnerungen auf Kassette
Vor 20 Jahren stieg Cottbus in die Bundesliga auf
COTTBUS (dpa) - Eduard Geyer hat alles noch auf Kassette. Am 26. Mai 2000 kämpfte sich der kleine FC Energie Cottbus mit Trainer Geyer in die Bundesliga – ein Fußballwunder, das es in der Form wohl nicht mehr geben wird. „Da kann man schon stolz darauf sein“, sagt Geyer zwei Jahrzehnte später. „Man denkt natürlich immer dran. Aber jetzt, da man mehr Zeit hat, habe ich mir einige alte Sachen erstmals wieder angesehen. Ich habe ja eine Haufen Kassetten mit Spielen und Interviews.“Videokassetten hießen damals die Aufzeichnungsspeicher.
Das Städtchen Cottbus im östlichsten Teil des Landes war im Ausnahmezustand, als der FC Energie an jenem denkwürdigen Freitag in Liga zwei den 1. FC Köln empfing. „Dieses Spiel war für uns wie viermal Weihnachten an einem Tag“, erinnert sich der damalige Verteidiger Christian Beeck, heute 48: „Die gesamte Lausitz stand stramm.“Energie-Legende Detlef Irrgang und Vasile Miriuta, der markante Glatzkopf aus Rumänien, sorgten mit ihren Toren für das 2:0, und ganz Deutschland wollte wissen: Wie haben die denn das geschafft? „Wir hatten einige Typen wie Detlef Irrgang oder Jens Melzig. Auch viele Ausländer. Natürlich hatte ich auch mal Krach mit den Spielern, aber wir haben uns zusammengerauft“, nennt der inzwischen 75 Jahre alte Geyer die Hauptgründe. „Dieser Elan, dieser Biss, dieser Wille, wie sie gespielt haben, das hat uns ausgezeichnet. Es war noch gar nicht angepfiffen, da sind sie in den ersten Zweikampf gegangen.“Heute, so Geyer, „spielen sie 70-mal den eigenen Torwart an“.
Für Geyer war der Aufstieg mit Energie auch eine persönliche Genugtuung. „Nach der Wende musste auch ich als Trainer neu anfangen, musste meinen Ruf wieder erneuern“, sagt der Sachse. Dabei war er zuvor schon als Coach Meister mit Dresden und auch der letzte DDRNationaltrainer. Doch erst sein Engagement ab 1994 beim damals drittklassigen FC Energie brachte Geyer in die Bundesliga. Im Pokal schaffte es Energie 1997 ins Endspiel, verlor gegen den VfB Stuttgart mit dem damaligen Trainer Joachim Löw 0:2. In zwei Aufstiegsspielen gegen Hannover 96 kamen die Cottbuser in die 2. Liga. Und später in der Bundesliga schlugen sie sogar den FC Bayern. „Es gab damals eine Sekretärin, einen Co-Trainer, Manager Klaus Stabach, Präsident Dieter Krein und mich“, erinnert sich Geyer. „Heute sind 17 Leute und mehr im Trainerstab.“
Präsident Krein hatte nach dem historischen Spiel gegen Köln eine Verdoppelung des Etats auf 26 Millionen Mark angekündigt. Inzwischen spielt Energie aus dem 100 000-Menschen-Städtchen Cottbus nur noch in der Regionalliga.