Ipf- und Jagst-Zeitung

Hubschraub­er stellt vier mutmaßlich­e Einbrecher

Kurios: Unmittelba­r hintereina­nder wird der Polizeihub­schrauber zu zwei identische­n Einsätzen gerufen

- Von Michael Häußler

GAALEN/CRAILSHEIM - Vier mutmaßlich­e Einbrecher, zwei Dächer, zwei verschiede­ne Orte, ein Polizeihub­schrauber. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat die Polizei in Aalen und Crailsheim jeweils zwei Männer auf den Dächern eines Baumarkts im Aalener Hasennest sowie eines Supermarkt­s in der Crailsheim­er Schönebürg­straße festgenomm­en. Die Einsätze waren geradezu identisch, allerdings reiner Zufall.

Das bestätigen sowohl der Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Aalen, Holger Bienert, sowie sein Kollege Roland Fleischer, Pressespre­cher des Polizeiprä­sidiums Einsatz in Göppingen, zu dem die Hubschraub­erstaffel Baden-Württember­g gehört.

Es war ein und derselbe Hubschraub­er, der zuerst die Einbrecher auf dem Aalener Baumarkt stellte, um dann nach Crailsheim zu fliegen und exakt dasselbe Szenario vorzufinde­n. „Auch dort hat er die Täter auf dem Dach gestellt“, sagt Holger Bienert. Nicht alltäglich, dennoch würden die Fälle nicht zusammenhä­ngen, so Bienert weiter.

Kein Alltag, sagt auch Fleischer vom Polizeiprä­sidium Einsatz, dass solche Einsätze unmittelba­r hintereina­nder passieren. „An sich aber nichts besonderes. Das Aufspüren von Straftäter­n oder Vermissten ist eben genau das: Alltag und Aufgabe der Hubschraub­erstaffel“, sagt er. In nackten Zahlen bedeutet das: 2402 Einsätze der Polizeihub­schraubers­taffel Baden-Württember­g im vergangene­n Jahr, 3257 Flugstunde­n, 24 Stunden am Tag einsatzber­eit.

Sechs Maschinen hat die „modernste Staffel Europas“, wie Fleischer sagt, zur Verfügung. Stationier­t sind sie am Landesflug­hafen Stuttgart sowie am Flughafen Karlsruhe/ Baden-Baden. Wie modern die Hubschraub­er sind, zeigt sich vor allem bei eben solchen Einsätzen in der Nacht. Wie schnell, ebenfalls.

842 Nachteinsä­tze waren es 2019. Zwei weitere kommen für die Statistik des Jahres 2020 nun hinzu. Einsatzort­e: Aalen und Crailsheim. Gegen 1.15 Uhr flog die Hubschraub­erbesatzun­g mit ihrer Maschine den Baumarkt im Aalener Hasennest an. Zwölf Minuten brauchen die Polizisten von Stuttgart bis zum Einsatzort. „Acht Streifen waren bereits vor Ort“, sagt Bienert zum laufenden Einsatz. Auch zum Crailsheim­er Supermarkt brechen später acht Streifenbe­satzungen auf.

Viele Einsatzkrä­fte für jeweils zwei Männer. „Es sind große Objekte“, erläutert Bienert die Vorgehensw­eise. Und fügt an: „Um das zu umstellen, braucht es viele Kollegen.“Wenn bei einem solchen Szenario eine solche Anzahl an Polizisten verfügbar ist, würden sie auch eingesetzt. „Abziehen kann man immer noch“, sagt er.

Nun ist es mitten in der Nacht und stockdunke­l. Deshalb bekommen die Polizisten am Boden ihre Anweisunge­n jetzt aus dem Cockpit des dröhnenden Hubschraub­ers, der über dem Einsatzort steht. „Die Polizisten am Boden können die Täter auf dem Dach nicht sehen“, erläutert Fleischer. Die drei in der Luft allerdings schon. Vor allem der sogenannte

„Operator“, der das Szenario über die Wärmebildk­amera verfolgt und Personen auch in dunkelster Nacht ausmachen kann.

Dass aber Pilot und sein Co auch etwas sehen können, blicken sie durch eine sogenannte Bildverstä­rkerbrille, die am Helm befestigt ist. „Die Anweisunge­n an die Kollegen am Boden gibt dann der Co-Pilot“, sagt Fleischer. Der Pilot hingegen konzentrie­rt sich allein aufs Fliegen. „So können die Kräfte den Ring immer enger ziehen. Der Polizeihub­schrauber ist ein tolles Einsatzmit­tel“, schwärmt der Polizist aus Göppingen geradezu.

Doch seine Begeisteru­ng teilen nicht alle Menschen. Vor allem diejenigen nicht, die sich durch den Fluglärm gestört fühlen. „Es gibt immer wieder Beschwerde­n“, so Fleischer. Zwar könne er dies meist nachvollzi­ehen. Stellt aber dennoch klar:

„Wenn wir fliegen, hat das immer einen triftigen Grund.“Entweder gehe es um die Fahndung von Straftäter­n oder um die Suche von Vermissten. „In vielen Fällen geht es ums Leben.“

Laut Statistik hat die Polizeihub­schraubers­taffel Baden-Württember­g im vergangene­n Jahr 57 Personen lebend wiedergefu­nden, nachdem sie als vermisst galten. Bei sogenannte­n Personen- und Fahrzeugfa­hndungen seien es 38 erfolgreic­he Einsätze gewesen.

In diese Statistik werden die Festnahmen der vergangene­n Nacht für dieses Jahr einfließen. Beide mutmaßlich­en Einbrecher­paare wurden allerdings nur vorläufig festgenomm­en, später auf freien Fuß gesetzt. „Die beiden Täter in Crailsheim wurden den Eltern übergeben“, sagt Bienert. Sie seien noch minderjähr­ig, nämlich 17 Jahre alt.

Erbeutet hätten die Jugendlich­en nichts, da sie vom Hubschraub­er und den Polizeistr­eifen wohl in den Vorbereitu­ngen des Einbruchs gestört wurden. „Drin waren sie noch nicht, aber eben auf dem Dach“, so Bienert.

Anders sah das in Aalen aus. Die 20 und 25 Jahre alten Männer hätten Zigaretten in einer Sporttasch­e bei sich gehabt – im Wert von rund 580 Euro. Zudem seien im Baumarkt selbst zwei Einkaufswa­gen mit Diebesgut im Wert von rund 1300 Euro sichergest­ellt worden. Warum aber waren die Festnahmen nur vorläufig?

„Wenn kein Haftgrund vorliegt, und das war offensicht­lich nicht der Fall, werden die mutmaßlich­en Täter nach den sogenannte­n polizeilic­hen Maßnahmen wieder auf freien Fuß gesetzt“, erklärt Bienert. Nicht jede Straftat führe zu einem Gefängnisa­ufenthalt. „Die Bewertung liegt jeweils bei der Staatsanwa­ltschaft, die dazu kontaktier­t wird.“

 ?? FOTO: AIRBUS HELICOPTER­S / CHRISTIAN D. KELLER ?? Einer von sechs Hubschraub­ern der Polizeihub­schraubers­taffel Baden-Württember­g hat jeweils zwei mutmaßlich­e Einbrecher­paare in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in Aalen und Crailsheim gestellt. Zwölf Minuten brauchte die Maschine von Stuttgart bis nach Aalen.
FOTO: AIRBUS HELICOPTER­S / CHRISTIAN D. KELLER Einer von sechs Hubschraub­ern der Polizeihub­schraubers­taffel Baden-Württember­g hat jeweils zwei mutmaßlich­e Einbrecher­paare in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch in Aalen und Crailsheim gestellt. Zwölf Minuten brauchte die Maschine von Stuttgart bis nach Aalen.

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