Hubschrauber stellt vier mutmaßliche Einbrecher
Kurios: Unmittelbar hintereinander wird der Polizeihubschrauber zu zwei identischen Einsätzen gerufen
GAALEN/CRAILSHEIM - Vier mutmaßliche Einbrecher, zwei Dächer, zwei verschiedene Orte, ein Polizeihubschrauber. In der Nacht von Dienstag auf Mittwoch hat die Polizei in Aalen und Crailsheim jeweils zwei Männer auf den Dächern eines Baumarkts im Aalener Hasennest sowie eines Supermarkts in der Crailsheimer Schönebürgstraße festgenommen. Die Einsätze waren geradezu identisch, allerdings reiner Zufall.
Das bestätigen sowohl der Pressesprecher des Polizeipräsidiums Aalen, Holger Bienert, sowie sein Kollege Roland Fleischer, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Einsatz in Göppingen, zu dem die Hubschrauberstaffel Baden-Württemberg gehört.
Es war ein und derselbe Hubschrauber, der zuerst die Einbrecher auf dem Aalener Baumarkt stellte, um dann nach Crailsheim zu fliegen und exakt dasselbe Szenario vorzufinden. „Auch dort hat er die Täter auf dem Dach gestellt“, sagt Holger Bienert. Nicht alltäglich, dennoch würden die Fälle nicht zusammenhängen, so Bienert weiter.
Kein Alltag, sagt auch Fleischer vom Polizeipräsidium Einsatz, dass solche Einsätze unmittelbar hintereinander passieren. „An sich aber nichts besonderes. Das Aufspüren von Straftätern oder Vermissten ist eben genau das: Alltag und Aufgabe der Hubschrauberstaffel“, sagt er. In nackten Zahlen bedeutet das: 2402 Einsätze der Polizeihubschrauberstaffel Baden-Württemberg im vergangenen Jahr, 3257 Flugstunden, 24 Stunden am Tag einsatzbereit.
Sechs Maschinen hat die „modernste Staffel Europas“, wie Fleischer sagt, zur Verfügung. Stationiert sind sie am Landesflughafen Stuttgart sowie am Flughafen Karlsruhe/ Baden-Baden. Wie modern die Hubschrauber sind, zeigt sich vor allem bei eben solchen Einsätzen in der Nacht. Wie schnell, ebenfalls.
842 Nachteinsätze waren es 2019. Zwei weitere kommen für die Statistik des Jahres 2020 nun hinzu. Einsatzorte: Aalen und Crailsheim. Gegen 1.15 Uhr flog die Hubschrauberbesatzung mit ihrer Maschine den Baumarkt im Aalener Hasennest an. Zwölf Minuten brauchen die Polizisten von Stuttgart bis zum Einsatzort. „Acht Streifen waren bereits vor Ort“, sagt Bienert zum laufenden Einsatz. Auch zum Crailsheimer Supermarkt brechen später acht Streifenbesatzungen auf.
Viele Einsatzkräfte für jeweils zwei Männer. „Es sind große Objekte“, erläutert Bienert die Vorgehensweise. Und fügt an: „Um das zu umstellen, braucht es viele Kollegen.“Wenn bei einem solchen Szenario eine solche Anzahl an Polizisten verfügbar ist, würden sie auch eingesetzt. „Abziehen kann man immer noch“, sagt er.
Nun ist es mitten in der Nacht und stockdunkel. Deshalb bekommen die Polizisten am Boden ihre Anweisungen jetzt aus dem Cockpit des dröhnenden Hubschraubers, der über dem Einsatzort steht. „Die Polizisten am Boden können die Täter auf dem Dach nicht sehen“, erläutert Fleischer. Die drei in der Luft allerdings schon. Vor allem der sogenannte
„Operator“, der das Szenario über die Wärmebildkamera verfolgt und Personen auch in dunkelster Nacht ausmachen kann.
Dass aber Pilot und sein Co auch etwas sehen können, blicken sie durch eine sogenannte Bildverstärkerbrille, die am Helm befestigt ist. „Die Anweisungen an die Kollegen am Boden gibt dann der Co-Pilot“, sagt Fleischer. Der Pilot hingegen konzentriert sich allein aufs Fliegen. „So können die Kräfte den Ring immer enger ziehen. Der Polizeihubschrauber ist ein tolles Einsatzmittel“, schwärmt der Polizist aus Göppingen geradezu.
Doch seine Begeisterung teilen nicht alle Menschen. Vor allem diejenigen nicht, die sich durch den Fluglärm gestört fühlen. „Es gibt immer wieder Beschwerden“, so Fleischer. Zwar könne er dies meist nachvollziehen. Stellt aber dennoch klar:
„Wenn wir fliegen, hat das immer einen triftigen Grund.“Entweder gehe es um die Fahndung von Straftätern oder um die Suche von Vermissten. „In vielen Fällen geht es ums Leben.“
Laut Statistik hat die Polizeihubschrauberstaffel Baden-Württemberg im vergangenen Jahr 57 Personen lebend wiedergefunden, nachdem sie als vermisst galten. Bei sogenannten Personen- und Fahrzeugfahndungen seien es 38 erfolgreiche Einsätze gewesen.
In diese Statistik werden die Festnahmen der vergangenen Nacht für dieses Jahr einfließen. Beide mutmaßlichen Einbrecherpaare wurden allerdings nur vorläufig festgenommen, später auf freien Fuß gesetzt. „Die beiden Täter in Crailsheim wurden den Eltern übergeben“, sagt Bienert. Sie seien noch minderjährig, nämlich 17 Jahre alt.
Erbeutet hätten die Jugendlichen nichts, da sie vom Hubschrauber und den Polizeistreifen wohl in den Vorbereitungen des Einbruchs gestört wurden. „Drin waren sie noch nicht, aber eben auf dem Dach“, so Bienert.
Anders sah das in Aalen aus. Die 20 und 25 Jahre alten Männer hätten Zigaretten in einer Sporttasche bei sich gehabt – im Wert von rund 580 Euro. Zudem seien im Baumarkt selbst zwei Einkaufswagen mit Diebesgut im Wert von rund 1300 Euro sichergestellt worden. Warum aber waren die Festnahmen nur vorläufig?
„Wenn kein Haftgrund vorliegt, und das war offensichtlich nicht der Fall, werden die mutmaßlichen Täter nach den sogenannten polizeilichen Maßnahmen wieder auf freien Fuß gesetzt“, erklärt Bienert. Nicht jede Straftat führe zu einem Gefängnisaufenthalt. „Die Bewertung liegt jeweils bei der Staatsanwaltschaft, die dazu kontaktiert wird.“