Lokale Gesundheitszentren sollen ärztliche Versorgung sicherstellen
Im Kreis droht ein großes Praxensterben - der Kreis soll jetzt in die Bresche springen
GAALEN – Im Ostalbkreis droht schon in wenigen Jahren ein großes Praxensterben, weil zahlreiche Hausärzte in den Ruhestand treten werden, ohne dass ein Nachfolger die Betreuung der Patienten übernimmt.
Um dies zu verhindern, soll der Landkreis in die Bresche springen und ein Netz von lokalen Gesundheitszentren aufbauen, in denen die bisherigen Klein- und Einzelpraxen zusammengefasst werden. Dies schlägt ein Gutachten des Forschungs- und Beratungsbüros Quaestio vor, das dem Kreistag in seiner jüngsten Sitzung vorgestellt worden ist. Folgen soll jetzt ein Diskussionsprozess, in den die Ärzte eingebunden werden. Ende des Jahres soll der Kreistag entscheiden, erste Schritte sollen möglicherweise bereits im kommenden Jahr angegangen werden. Klar ist dabei, dass nicht jedes Dorf seinen selbstständigen Hausarzt behalten wird.
Dass die Zeit drängt, daran ließ Landrat Klaus Pavel keinen Zweifel. Denn fast jeder zweite Hausarzt im Kreis ist über 60 Jahre alt, jeder vierte sogar schon über 65. „Diese Praxen verschwinden, wenn nichts passiert“, unterstrich der Landrat. Das Problem bestehe nicht nur im ländlichen Raum, sondern auch in Aalen und in Schwäbisch Gmünd, also im Speckgürtel von Stuttgart. Der Schwäbische Wald sei sogar ein Sorgenkind, denn dort sei die ärztliche Versorgung nur noch zu 75 Prozent gewährleistet.
Bernhard Faller und Antje Gühlen sind die Autoren des Gutachtens. Nach ihren Erhebungen sind von den 177 Hausärzten im Kreis 84 (47 Prozent) mehr als 60 Jahre alt und von diesen wiederum 41 (23 Prozent) über 65. Nur ganz wenige der Ärzte die sich an einer Befragung beteiligt haben, schätzen die Suche nach einem Nachfolger als „eher nicht schwierig“ein, die meisten sagen, es sei eher schwierig oder nahezu unmöglich. Ein vergleichbares Bild ergab sich übrigens bei der Befragung von Fachärzten. Dabei wollen sechs Hausärzte ihre Praxis bereits in den nächsten zwölf Monaten übergeben, 19 in zwei bis drei Jahren. 28 wollen selbst noch mehr als zehn Jahre praktizieren.
Die Suche nach einem Nachfolger ist Faller zufolge unter anderem deswegen so schwierig, weil junge Mediziner andere Präferenzen haben. Sie wollen nicht allein rund um die Uhr für eine Praxis verantwortlich sein und das unternehmerische Risiko tragen, sie wollen flexible Arbeitszeiten und von Bürokratie entlastet werden. Den Strukturwandel in der ambulanten Versorgung soll der Landkreis anregen und fördern, schlug der Redner vor.
Lokale Gesundheitszentren, deren Träger der Ostalbkreis wäre sollen die bisher dominanten Klein- und Einzelpraxen zusammenfassen. Dabei soll die hausärztliche Versorgung im Mittelpunkt stehen, eine Ergänzung um weitere medizinische und therapeutische Angebote ist möglich. Der Landkreis soll dabei in fünf Bereiche aufgeteilt werden, nämlich Aalen, Ellwangen/Virngrund, Bopfingen/Härtsfeld, Schwäbischer Wald und Schwäbisch Gmünd. In diesen Bereichen soll ein kontinuierlicher Dialog stattfinden, in den alle Gesundheitsakteure, vor allem die Ärzteschaft, eingebunden sind. Dabei sollen die Ärzte keinesfalls den Eindruck gewinnen, gegen sie solle eine Konkurrenz aufgebaut werden. Vielmehr hofft man, dass sich im Laufe der Zeit Mediziner finden, die bereit sind, die kommunale Gesellschaft zu übernehmen und als Privatunternehmer weiterzuführen. Fallers Rat an den Kreis daher: „Nicht zu forsch vorgehen!“
Er empfiehlt den Ausbau der Gesundheitskoordination beim Kreis. Diese soll den Gesundheitsdialog koordinieren und betreuen und für das Monitoring der Gesundheitsversorgung als Diskussions- und Entscheidungsgrundlage zuständig sein, außerdem Service- und Koordinationsstelle
sein für einen Weiterbildungsverbund und für Nachwuchsförderung. Als nächste Schritte sind Gespräche mit den Bürgermeistern geplant, um Einvernehmen über Vorgehensweise und Dialogprozesse zu erreichen. Fallers Fazit: Die Sicherung und Gewährleistung der Gesundheitsversorgung ist kein Selbstläufer. Sie braucht die kommunale Unterstützung.