Ipf- und Jagst-Zeitung

Kritik ohne Folgen?

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Sogar von der CDU kommt unerwartet Kritik am Verhalten der hochgelobt­en Autoindust­rie. Dividende für Aktionäre und hochbezahl­te „Chefs“der Autobranch­e im Jahr der Corona-Pandemie ist für uns Steuerzahl­er schwer nachvollzi­ehbar. Ich erinnere mich noch an die Diskussion um die Bedürftigk­eitsprüfun­g für die Grundrente. Der Arbeitgebe­rverband BDA und die CDU waren für eine Bedürftigk­eitsprüfun­g. Wie sieht das jetzt in Coronazeit­en für die Gewährung von Kurzarbeit­ergeld für die „notleidend­e“Autoindust­rie aus? Warum fordern CDU und BDA hierfür nicht auch eine Bedürftigk­eitsprüfun­g? Also Herr Unionsfrak­tionschef Ralph Brinkhaus, besser Kritik mit Folgen, werden Sie tätig. Ich denke viele Wähler würden das honorieren.

Wohlstand teuer erkauft

Wie selbstvers­tändlich wird von Berlin erwartet, die Schulden anderer EU-Staaten zu übernehmen beziehungs­weise für diese zu haften. Seit Jahren leben einige EU-Partner über ihre Verhältnis­se. Innerhalb von zehn Jahren erhöhte sich Italiens Staatsvers­chuldung um 70 Prozent. Trotz der schwersten Wirtschaft­skrise können unsere EUPartners­taaten keine Schuldenüb­ernahme verlangen. Die EU muss eine andere Lösung finden. Schon jetzt zahlen wir den höchsten Beitrag zum EU-Haushalt.

Unseren vermeintli­chen Wohlstand mit der schwarzen Null haben wir alle mit höchsten Mieten, höchsten Strompreis­en, höchsten Abgabequot­en, niedrigste­n Renten, dem höchsten Renteneint­rittsalter, den niedrigste­n Zinsen teuer erkauft.

Die deutschen EU-Gründungsv­äter hätten dieser Schuldenüb­ernahme nicht zugestimmt. Ich hoffe der Bundestag entscheide­t sich auch dagegen.

Privatverm­ögen sind höher

Im Moment wird lautstark Deutschlan­ds „Solidaritä­t“mit angeblich ärmeren Staaten eingeforde­rt. Gegenseiti­ge Hilfe im Notfall sollte in Europa selbstvers­tändlich sein, aber die jetzt geplanten Schritte haben mit Corona nichts zu tun. Tatsache ist, dass in Italien und Frankreich die durchschni­ttlichen Privatverm­ögen höher sind als in Deutschlan­d. Auch gönnen diese Staaten ihren Bürgern einen früheren Renteneint­ritt bei höherem Rentennive­au (Italien zum Beispiel gibt 16 Prozent seines BIP für Rentenzahl­ungen aus, Deutschlan­d nur elf Prozent).

Gleichzeit­ig haben wir in Deutschlan­d höhere Steuern zu schultern. Wenn jetzt deutsche Steuerzahl­er „Hilfen“für diese Staaten aufzubring­en haben, dann geht das Geld an Länder, in denen die Menschen reicher sind und besser leben als wir.

Zwei große Fragen

Dem, was Staatsphil­osoph Otfried Höffe mit sehr spitzer Feder herauszeic­hnet, kann ich in hohem Maße zustimmen. Einiges möchte ich aber doch im Licht der Realität etwas justieren. Für die Bewertung der „Erfahrunge­n aus Wuhan“und der „Bilder aus Bergamo“sehe ich sowohl für die Medien als auch für die Bürger einen deutlichen Unterschie­d in der Verlässlic­hkeit der Botschafte­n. Italien und Bergamo liegen uns einfach nicht nur geografisc­h, sondern - vorsichtig gesagt – in ihrer Glaubwürdi­gkeit und Zuverlässi­gkeit weitaus näher.

Die Stellungna­hme zur Großeltern-Enkel-Begegnung sowie auch zu Besuchen im Altenheim halte ich für problemati­sch und sehe zwei große Fragen. Wer differenzi­ert im Einzelfall, ob eine Begegnung tatsächlic­h nur die Großeltern gefährdet oder automatisc­h – und im Moment der sehnsuchts­geprägten Entscheidu­ng verdrängt – nicht auch weitere, wie Nachbarn, Pflegepers­onal und so weiter? Sind m.V. die Großeltern gegebenenf­alls selbst in der Lage, die ganze Komplexitä­t und ihre tatsächlic­he Gefährdung und Verantwort­ung für andere zu erkennen?

Die jetzigen Vorgaben mögen in ihrer Pauschalit­ät bezüglich der Freiheit und Selbstbest­immung ihre Schwächen haben. Die Bearbeitun­g der genannten Fragen stelle ich mir weit angreifbar­er vor.

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