„Es muss wieder die Stunde der Parlamente schlagen“
Eine Videokonferenz des Landtagsabgeordneten Winfried Mack (CDU) diskutiert die Demokratie in Zeiten von Corona
GAALEN - Die Coronakrise darf nicht die Stunde der Exekutive bleiben. Die Regierungen dürfen sich nicht daran gewöhnen, mit Verordnungen durchzuregieren. Vielmehr schlägt jetzt die Stunde der Parlamente. Die Verhältnisse müssen wieder austariert werden. Dies ist das Fazit einer Videokonferenz, zu der der Landtagsabgeordnete Winfried Mack (CDU) Bürgerinnen und Bürger eingeladen hatte.
Die Situation beleuchteten in kurzen Statements Professor Edgar Grande, der Direktor des Zentrums für Zivilforschung in Berlin, Uschi Strautmann, beim SWR Chefredakteurin Landespolitik, und Lothar Frick, Direktor der Landeszentrale für politische Bildung. In ihren Beiträgen ging es vor allem um Eingriffe des Staates in Grundrechte, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.
Die Bürger hätten den Staat als handlungsfähig wahrgenommen und als einen, der den Menschen und seinen Gesundheitsschutz in den Mittelpunkt stelle, schilderte Mack seine Beobachtungen. Jetzt aber nehme die Ungeduld zu und die Politik müsse ihre Entscheidungen sauber abwägen.
Die Proteste hätten sich sukzessive entwickelt, ergänzte Strautmann. Die Stimmung bei den Demonstrationen in Stuttgart habe sie als feindselig, aber nicht aggressiv wahrgenommen. Verständnis für Sorgen und Protest äußerte Frick, schließlich hätten sich für viele Menschen die Lebensumstände von heute auf morgen fundamental verändert. Trotzdem dürfe es aber niemand gleichgültig sein, mit wem er marschiere und ob der Protest instrumentalisiert und für eine weitere Spaltung der Gesellschaft mobilisiert werde. „Wir müssen eine solidarische Gesellschaft bleiben“, forderte Frick.
Die Akzeptanz der Entscheidungen gehe zurück, es habe sich eine „misstrauische Mitte“entwickelt, in der sich nicht nur Spinner versammelten, urteilte auch Grande. Es seien zwar tiefgreifende Eingriffe notwendig gewesen, aber es gebe auch eine Grenze der „demokratischen Zumutung“, von der die Kanzlerin gesprochen habe. Daher müssten alle Maßnahmen befristet und der demokratischen Kontrolle unterworfen sein. Die Verhältnismäßigkeit müsse gewahrt bleiben, wenngleich man in einer Krisensituation gelegentlich kaum beurteilen könne, was verhältnismäßig sei. Grande: „Das darf nicht die Stunde der Exekutive bleiben!“Wichtig sei zudem, wie die „neue Normalität“gestaltet werde, von der immer die Rede sei.
Der frühere Aalener Polizeichef Rolf Rapp forderte neue Strafnormen, etwa wenn Polizeibeamte bespuckt und beleidigt werden. Margot Wagner, die Vorsitzende des Kreisfrauenrates, warf die Frage auf, wie man mit Menschen umgehen soll, die nur ihre eigene Meinung gelten lassen und durchdrücken wollen. Die Politik müsse vor allem der verunsicherten Mitte Orientierung geben, riet Grande, sie könne nicht auch noch den letzten „Ungläubigen“bekehren wollen.
Er habe schwierige Diskussionen erlebt, räumte CDU-Fraktionsvize Mack ein, aber er sei dadurch optimistischer geworden. Denn die übergroße Mehrheit achte Mehrheitsentscheidungen. Der Abgeordnete mahnte: „Wir dürfen nie die Prinzipien der Demokratie vergessen!“