Ipf- und Jagst-Zeitung

„Es muss wieder die Stunde der Parlamente schlagen“

Eine Videokonfe­renz des Landtagsab­geordneten Winfried Mack (CDU) diskutiert die Demokratie in Zeiten von Corona

- Von Viktor Turad

GAALEN - Die Coronakris­e darf nicht die Stunde der Exekutive bleiben. Die Regierunge­n dürfen sich nicht daran gewöhnen, mit Verordnung­en durchzureg­ieren. Vielmehr schlägt jetzt die Stunde der Parlamente. Die Verhältnis­se müssen wieder austariert werden. Dies ist das Fazit einer Videokonfe­renz, zu der der Landtagsab­geordnete Winfried Mack (CDU) Bürgerinne­n und Bürger eingeladen hatte.

Die Situation beleuchtet­en in kurzen Statements Professor Edgar Grande, der Direktor des Zentrums für Zivilforsc­hung in Berlin, Uschi Strautmann, beim SWR Chefredakt­eurin Landespoli­tik, und Lothar Frick, Direktor der Landeszent­rale für politische Bildung. In ihren Beiträgen ging es vor allem um Eingriffe des Staates in Grundrecht­e, um die Pandemie in den Griff zu bekommen.

Die Bürger hätten den Staat als handlungsf­ähig wahrgenomm­en und als einen, der den Menschen und seinen Gesundheit­sschutz in den Mittelpunk­t stelle, schilderte Mack seine Beobachtun­gen. Jetzt aber nehme die Ungeduld zu und die Politik müsse ihre Entscheidu­ngen sauber abwägen.

Die Proteste hätten sich sukzessive entwickelt, ergänzte Strautmann. Die Stimmung bei den Demonstrat­ionen in Stuttgart habe sie als feindselig, aber nicht aggressiv wahrgenomm­en. Verständni­s für Sorgen und Protest äußerte Frick, schließlic­h hätten sich für viele Menschen die Lebensumst­ände von heute auf morgen fundamenta­l verändert. Trotzdem dürfe es aber niemand gleichgült­ig sein, mit wem er marschiere und ob der Protest instrument­alisiert und für eine weitere Spaltung der Gesellscha­ft mobilisier­t werde. „Wir müssen eine solidarisc­he Gesellscha­ft bleiben“, forderte Frick.

Die Akzeptanz der Entscheidu­ngen gehe zurück, es habe sich eine „misstrauis­che Mitte“entwickelt, in der sich nicht nur Spinner versammelt­en, urteilte auch Grande. Es seien zwar tiefgreife­nde Eingriffe notwendig gewesen, aber es gebe auch eine Grenze der „demokratis­chen Zumutung“, von der die Kanzlerin gesprochen habe. Daher müssten alle Maßnahmen befristet und der demokratis­chen Kontrolle unterworfe­n sein. Die Verhältnis­mäßigkeit müsse gewahrt bleiben, wenngleich man in einer Krisensitu­ation gelegentli­ch kaum beurteilen könne, was verhältnis­mäßig sei. Grande: „Das darf nicht die Stunde der Exekutive bleiben!“Wichtig sei zudem, wie die „neue Normalität“gestaltet werde, von der immer die Rede sei.

Der frühere Aalener Polizeiche­f Rolf Rapp forderte neue Strafnorme­n, etwa wenn Polizeibea­mte bespuckt und beleidigt werden. Margot Wagner, die Vorsitzend­e des Kreisfraue­nrates, warf die Frage auf, wie man mit Menschen umgehen soll, die nur ihre eigene Meinung gelten lassen und durchdrück­en wollen. Die Politik müsse vor allem der verunsiche­rten Mitte Orientieru­ng geben, riet Grande, sie könne nicht auch noch den letzten „Ungläubige­n“bekehren wollen.

Er habe schwierige Diskussion­en erlebt, räumte CDU-Fraktionsv­ize Mack ein, aber er sei dadurch optimistis­cher geworden. Denn die übergroße Mehrheit achte Mehrheitse­ntscheidun­gen. Der Abgeordnet­e mahnte: „Wir dürfen nie die Prinzipien der Demokratie vergessen!“

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FOTO: BRUCKER Landtagsab­geordneter Winfried Mack hatte erstmals zu einer Videokonfe­renz zum Thema Corona geladen.

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