Ipf- und Jagst-Zeitung

Gefühle, die für immer bleiben

VfB-Trainer Pellegrino Matarazzo ist nach dem Sieg im Spitzenspi­el dankbar, warnt aber vor Dresden

- Von Jürgen Schattmann

GSTUTTGART - Am Tag danach durfte Pellegrino Matarazzo den Moment noch einmal schildern, der ihm für immer bleiben wird. Wie der Ball in der 92. Minute erobert wurde, „wie ich zu Nico rief: Uno más, uno más“(einer noch, noch ein Schritt), wie dieser Nicolas González dann „in die Tiefe ging und ablegte, und wie Gonzo antäuschte und eine Finte machte und dann am kurzen Pfosten auf den Ball spekuliert hat und ihn reinmachte“– Gonzalo Castro nämlich. Fertig war das 3:2 gegen den Hamburger SV nach 0:2-Rückstand, fertig war eines der größten Comebacks der Clubgeschi­chte – im ersten Geisterspi­el des Vereins überhaupt und dazu noch im Spitzenspi­el der Zweitliga-Großmächte.

Und plötzlich war es da, „ein Gefühl, das einem ein Leben lang begleiten wird“, wie Matarazzo nach dem Spiel gesagt hatte, 20 Minuten, nachdem er zu González in die Ecke des Stadions gerannt war und ihn fast erdrückt hätte vor Freude.

Abstandsge­bote während des Sports sind schwierig einzuhalte­n, mentale Abstände nach Siegen oder Niederlage­n sollten die Profis immerhin gewohnt sein. Insofern ist nicht zu befürchten, dass der VfB nach seinem glückliche­n, ein wenig schmeichel­haften Coup nun abhebt. Zum einen war die erste Halbzeit gegen einen um Welten bissigeren HSV unterirdis­ch. Matarazzo („Ich bin in der Kabine durchaus emotional geworden“) führte das auf die Niederlage­n zuvor zurück, die die Spieler gehemmt hätten. Zum anderen ist der VfB noch lange nicht aufgestieg­en. Zwei Zähler liegt er nun wieder vor dem HSV, allerdings sind noch sechs Runden zu spielen.

Die nächste führt den VfB am Sonntag zu Schlusslic­ht Dynamo Dresden, danach trifft er auf Osnabrück, dann steht das Derby beim KSC an. Dresden befindet sich nach 14-tägiger individuel­ler Quarantäne erst seit acht Tagen wieder im Teamtraini­ng und hat gegenüber den Kellerriva­len enorme Wettbewerb­snachteile, wird aber die Flinte kaum ins Korn werfen, sondern um seine letzte Chance kämpfen. „Wir kommen vom Balkon, haben dort und im Wohnzimmer Krafttrain­ing gemacht und sind Fahrrad gefahren. Das hat noch keiner vorher gemacht, außer er will die Tour de France fahren. Da ist Stuttgart klar im Vorteil“, sagte Dresdens Trainer Markus Kauczinski zwar. Doch der Fußball schrieb schon die seltsamste­n Geschichte­n. Dänemark fuhr 1992 als Nachrücker quasi aus dem Urlaub zur EM – und wurde prompt Europameis­ter.

„Entscheide­nd ist, dass unsere Einstellun­g so ist wie gegen den HSV in der 2. Halbzeit, nur dann können wir auch in Dresden gewinnen“, warnte Matarazzo, der durch die Rückkehr von Daniel Didavi und Atakan Karazor noch mehr Alternativ­en hat als ohnehin. Denn nicht nur der goldene Joker Castro, auch der junge Darko Churlinov und der Wiener Stürmer Sasa Kalajdzic brachten nach ihrer Einwechslu­ng Schwung. Holger Badstuber fällt dafür gelbgesper­rt aus, Kapitän MarcOliver Kempf dürfte ihn ersetzen.

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FOTO: IMAGO IMAGES Achtung, der VfB-Trainer kommt: Pellegrino Matarazzo drückt Nicolas González.

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