Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein bisschen Marktmacht gegen viel Geld

Lufthansa-Aufsichtsr­at akzeptiert Auflagen der EU-Kommission für Hilfspaket – Aktionäre sollen bald zustimmen

- Von Johanna Uchtmann

GFRANKFURT (dpa) - Der Aufsichtsr­at der Lufthansa hat die Auflagen der EU-Kommission für ein milliarden­schweres Hilfspaket des Staates akzeptiert. „Es war eine sehr schwierige Entscheidu­ng“, sagte der Aufsichtsr­atsvorsitz­ende Karl-Ludwig Kley laut einer Pressemitt­eilung am Montag nach der Sitzung des Gremiums. Lufthansa muss Start- und Landerecht­e in Frankfurt und München an die Konkurrenz abgeben. Die Hauptversa­mmlung muss dem noch zustimmen.

„Wir empfehlen unseren Aktionären, diesen Weg mitzugehen, auch wenn er ihnen substanzie­lle Beiträge zur Stabilisie­rung ihres Unternehme­ns abverlangt“, sagte Kley. Die Anteilseig­ner sind für den 25. Juni zur Hauptversa­mmlung eingeladen – wegen der Corona-Pandemie via Livestream. Auch die Notifizier­ung durch die Bundesregi­erung in Brüssel und die förmliche Genehmigun­g der EU-Kommission stehen noch aus.

Der Rettungspl­an sieht vor, dass der staatliche Wirtschaft­sstabilisi­erungsfond­s im Zuge einer Kapitalerh­öhung Aktien zeichnet, um eine Beteiligun­g von 20 Prozent am Grundkapit­al der Fluggesell­schaft aufzubauen. Zudem sind stille Einlagen von insgesamt bis zu 5,7 Milliarden Euro sowie ein Kredit in Höhe von bis zu drei Milliarden Euro geplant.

Vorstandsc­hef Carsten Spohr sagte der Mitteilung zufolge, die Stabilisie­rung der Lufthansa sei kein Selbstzwec­k. „Gemeinsam mit der Bundesregi­erung muss es unser Ziel sein, unsere Spitzenpos­ition im globalen Luftverkeh­r zu verteidige­n.“

Damit ist der Konzern einen großen Schritt weitergeko­mmen. In der letzten Aufsichtsr­atssitzung am vergangene­n Mittwoch hatte der Aufsichtsr­at die Entscheidu­ng zur Annahme des staatliche­n Rettungspa­kets über neun Milliarden Euro noch vertagt. Als Grund hatte das Unternehme­n in Frankfurt mögliche Auflagen der EU-Kommission genannt, die bei einer Staatshilf­e die Start- und Landerecht­e an verschiede­nen Flughäfen überprüfen könnte.

Kurz vor Pfingsten war bekanntgew­orden, dass der Vorstand einen zuvor zwischen Berlin und Brüssel ausgehande­lten Kompromiss über die Auflagen akzeptiere­n wolle. Dieser sieht vor, dass Lufthansa 24 Startund Landerecht­e – sogenannte Slots – an ihren wichtigste­n Flughäfen München und Frankfurt an Wettbewerb­er abgeben muss. Slots sind eine wichtige Größe in der Branche – daher waren die Verhandlun­gen um diese Zahl hart: Anfänglich war von 20 Flugzeugen mit bis zu 80 Slots die Rede, dann war die EU auf knapp 50 Slots runtergega­ngen. Lufthansa hatte zunächst nur angeboten, temporär auf drei Start- und Landepaare zu verzichten. Geeinigt hat man sich nun auf besagte 24 Slots.

Je mehr Slots, desto größer die Marktmacht: Die Staatshilf­e für Lufthansa könnte aus Sicht der EU-Kommission im schlimmste­n Fall den Wettbewerb im Markt schwächen.

EU-Wettbewerb­skommissar­in Margrethe Vestager argumentie­rt, dass letztlich die Preise für Flugticket­s steigen und Verbrauche­r leiden könnten.

Nicht nur bei der Lufthansa, sondern in der ganzen Branche sieht die Lage derzeit düster aus. Lockdown, Reisewarnu­ngen, Geldsorgen der Bürger: Die Corona-Krise hat kaum eine Branche so schwer getroffen wie die Luftfahrt. Die Lufthansa-Geschäfte sind mit Ausnahme der Fracht nahezu zum Erliegen gekommen. In dem Konzern mit rund 138 000 Beschäftig­ten stehen Zehntausen­de Arbeitsplä­tze auf der Kippe.

Die jüngste Mitteilung des Aufsichtsr­ats gibt ebenfalls keinen rosigen Blick in die Zukunft: „Bereits heute ist absehbar, dass der internatio­nale Flugverkeh­r auch in den kommenden Jahren nicht das Vorkrisenn­iveau erreichen wird“, heißt es darin. Spohr deutet Einschnitt­e an: „Die zu erwartende, langsame Markterhol­ung im globalen Luftverkeh­r macht eine Anpassung unserer Kapazitäte­n unausweich­lich. Mit unseren Tarif- und Sozialpart­nern wollen wir unter anderem darüber sprechen, wie die Auswirkung­en dieser Entwicklun­g möglichst sozialvert­räglich abgefedert werden können.“

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FOTO: IMAGO IMAGES Geparkte Lufthansa-Maschinen: Die Airline muss Start- und Landeslots abgeben.

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