Liebespaar besteht Geduldsprobe
Rund drei Monate durften sich Renate Seiter und Wilfried Müller nicht persönlich treffen
OBERKOCHEN - Die Grenzschließungen im Zuge der Corona-Pandemie haben viele Liebespaare für eine lange Zeit getrennt. So auch Wilfried Müller aus Oberkochen und Renate Seiter aus dem schweizerischen Geroldswil im Kanton Zürich. Rund drei Monate haben sich die beiden nicht persönlich gesehen. Vor knapp zwei Wochen wurden die Einschränkungen an der Grenze auch für Paare ohne Trauschein gelockert. So war der Weg frei für den lange ersehnten Besuch von Renate Seiter bei ihrem Wilfried. Am Donnerstag kam sie mit dem Auto an. Im Gespräch mit Tobias Faißt sprechen die beiden über die schwierige Zeit während die Grenzen geschlossen waren und wie sie damit umgegangen sind.
Frau Seiter, Herr Müller, wie war denn das erste Wiedersehen von Ihnen nach der langen Zeit? Wilfried Müller: Ja, ich habe sie noch gekannt.
Renate Seiter: Ich auch (beide lachen). Nein, es war sehr schön.
Im letzten Artikel habe ich Sie, Frau Seiter, zitiert, dass Sie sobald die Grenzen offen sind, „direkt zu ihrem Wilfried fahren“. Jetzt hat es ja doch noch ein wenig gedauert.
Wieso?
Wilfried Müller: Der Grenzübergang ist noch nicht so ganz einfach, weil die Grenzen ja noch zu sind. Sie sind momentan nur offen für Leute, die einen triftigem Grund haben. Und der war, dass Renate beim Grenzübertritt den Zeitungsartikel vorgezeigt hat. Dann haben die Grenzer gemeint, dass sie sie natürlich nicht länger aufhalten wollen. (Wieder lachen beide herzlich.)
Und das hat einfach so geklappt? Seiter: Klar, mit dem Artikel bin ich natürlich sofort los. Aber ich musste außerdem eine Selbsterklärung beim SEM (Staatssekretariat für Migration in der Schweiz) ausfüllen. Dort musste ich meine Adresse, Wilfrieds und persönliche Daten angeben.
Müller: So nach dem Motto, warum und wohin.
Seiter: Ja, genau.
So lange mussten Sie bestimmt noch nie auf einen Besuch warten? Müller: Nein. So lange hatten wir das definitiv noch nie. Aber es wird in Zukunft auch nicht einfacher werden. Ich bin ein Mensch ohne Auto und Züge fahren im Moment keine. Das ist ein Problem. Die Strecke von Stuttgart nach Zürich wird nur von der SBB (Schweizerische Bundesbahnen) gefahren. Solange die dort keine großen Reisezahlen haben, werden die auch keinen Zug schicken. Mit dem Nahverkehr würde es gehen, das habe ich schon nachgeguckt. Aber das dauert sechs Stunden mit drei Umstiegen und Maske. Das finde ich heftig.
Heißt, dass Sie, Frau Seiter, noch ein paarmal mit dem Auto nach Oberkochen fahren müssen? Seiter: Ja, genau.
Müller: Sie wird das ein oder andere Mal noch kommen dürfen, ja. (Beide lachen.)
Die vergangenen drei Monate waren für Sie nicht einfach. Herr Müller, Sie haben sich aufgerieben und Zeitungen und Politiker kontaktiert, um auf Ihr Problem aufmerksam zu machen. Wie haben Sie diese schwierige Zeit persönlich erlebt?
Müller: Ich bin auch ein wenig journalistisch tätig und mache solche Dinge gerne. Daher weiß ich, wohin man sich wenden muss und wie man für ein Thema Aufmerksamkeit erhält. Das hat mir persönlich sehr geholfen. Es war besser, als daheim herumzusitzen und zu warten, dass etwas passiert.
Seiter: Bei mir war’s so, dass mein Sohn während der Zeit sein zweites Kind bekommen hat. Und da war ich natürlich engagiert. Da ging’s dann.
Glückwunsch zum weiteren Enkelkind. Wie lange werden Sie nun in Oberkochen bleiben?
Seiter: Vorerst bleibe ich bis nächsten Freitag, also rund eine Woche.
Haben Sie beide schon Pläne für die Zeit danach?
Müller: Das haben wir jetzt noch nicht gemacht, nein. Aber wir werden ein bisschen planen müssen, da ich immer wieder Termine hier vor Ort habe und dann haben wir gemeinsame Familientermine auch in der Schweiz. Da müssen wir uns jetzt abstimmen, wie wir das hinbekommen. Hinzu kommt die Ferienplanung. Ich fürchte, wir werden einen Härtsfeld-Bodensee-Urlaub machen müssen. Dann machen wir eben schöne Tagesausflüge zusammen.