Ein Mann klarer Worte
Ulms Thomas Klepeisz über seine Rolle beim Basketball-Finalturnier und Fremdenhass
GULM - Mehrere Wochen lang konnte auch Thomas Klepeisz seinem Beruf nicht nachgehen. Der Profibasketballer aus Österreich konnte mit seinen Teamkollegen der Löwen Braunschweig nicht in die Halle. Die Braunschweiger sind auch beim Finalturnier ab Samstag in München nicht am Start – Thomas Klepeisz dagegen schon. Weil Killian Hayes, Grant Jerrett und Seth Hinrichs nicht nach Ulm zurückgekehrt sind, haben die Schwaben unter anderem Klepeisz nachverpflichtet.
Seit einer Woche sind die Ulmer nun wieder im regulären Mannschaftstraining. „Die Mannschaft hat mich sehr gut aufgenommen, vom Ältesten bis zum Jüngsten“, sagt Klepeisz. „Wir mussten viele taktische Sachen nachholen, das war auch anstrengend für den Kopf.“
Sich und seine neue Mannschaft sieht der 28-jährige Österreicher trotz der kurzen Eingewöhnungsphase aber gut gerüstet für das Finalturnier mit zehn Mannschaften. „Wir haben viele gute Werfer im Team“, meint Klepeisz. „Wenn wir heißlaufen, können wir jeden Gegner abschießen. Auch München ist nicht übermächtig.“Der deutsche Meister und Topfavorit ist am Samstag (20.30 Uhr/Magenta Sport) der erste Gruppengegner von Ratiopharm Ulm. Dazu geht es in Gruppe A noch gegen Oldenburg, Crailsheim und Göttingen. „Es ist schwierig, eine Prognose abzugeben“, sagt Klepeisz.
Weniger schwierig findet der Aufbauspieler, eine Antwort auf die derzeitigen Proteste in den USA und im Weltsport nach dem Tod des USAmerikaners George Floyd zu finden. „Nach dem Video kann man nur Abneigung und Wut empfinden“, sagt Klepeisz. Der Aufschrei in den USA, aber auch die Reaktionen zahlreicher Profisportler könne er daher gut verstehen.
„Wir dürfen nicht die Augen zumachen und wegschauen“, mahnt der Österreicher. „Auch in Deutschland und Österreich gibt es genügend Möglichkeiten, vor der eigenen
Haustür zu kehren.“Man dürfe Fremdenhass keinen Platz bieten, fordert Klepeisz. Doch zurück aufs Basketballfeld: Auch da soll der 28Jährige in München klare Entscheidungen treffen.
Denn Klepeisz wird wohl häufig als Ulmer Spielmacher auf dem Feld stehen. „Ich muss versuchen, das Spiel gut zu kontrollieren und Struktur im Spielaufbau zu schaffen“, sagt Klepeisz. „Ich darf keine Würfe forcieren, aber die freien Dinger muss ich reinmachen.“Würfe, speziell von weiter weg, könnten zum Vorteil für Ulm werden. Neben Klepeisz sind auch Per Günther (Trainer Jaka Lakovic:
„Seine Führungsqualität wird wichtig sein“), Tyler Harvey und Andreas Obst gute Schützen von der Dreierlinie. Die wichtigste Erkenntnis des Trainers nach einer Woche ist: „Jeder ist gesund, das sind exzellente Neuigkeiten“, meint Lakovic.
16 Spieler kann jede Mannschaft für das Finalturnier melden, alle müssen während der Turnierzeit im selben Quarantänehotel bleiben. Die Ulmer werden jedoch nicht mit der Maximalanzahl nach München reisen. „Wir werden wohl mit 13 oder 14 Spielern hinfahren“, sagt Lakovic. Die Entscheidung, welche jungen Spieler in den Kader aufgenommen werden, steht noch aus. Im Training durften zuletzt die Nachwuchsspieler Zachary Ensminger, Marius Stoll, Nicolas Bretzel, Nat Diallo, Kristofer Krause und Timo Lanmüller sowie der Weingartener Moritz Krimmer mitwirken. „Die Zeit im Training ist eigentlich zu kurz, Training und Spiele sind nicht das Gleiche“, sagt Lakovic. „Aber wir werden alles tun, was in unserer Kraft steht, um gut vorbereitet zu sein.“
Thomas Klepeisz freut sich, „schnell ins Teamgefüge“reingefunden zu haben. Und der Österreicher freut sich, endlich wieder seinem Beruf nachgehen zu können.