Stadtwerkechef rechnet höchstens mit blauem Auge
Welche Folgen die Corona-Pandemie für den Energieversorger und seine Bilanz hat
GELLWANGEN - Für die Stadt Ellwangen gilt seit 25. Mai die Haushaltssperre. Da stellt sich die Frage, wie es um die Finanzen der städtischen Tochter steht. Denn die Stadtwerke haben ebenfalls einige Großinvestitionen vor der Brust, wie Geschäftsführer Stefan Powolny auf Nachfrage der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichten“sagt.
Die Investitionen betreffen „das klassische Netz“. Powolny spricht von einer Erneuerungsstrategie in Sachen Wasser und Gas. Bekanntlich haben die Stadtwerke die Heizzentrale in der Kaserne übernommen. Geplant ist ein neues Blockheizkraftwerk für 1,5 Millionen Euro. Es soll das gesamte Quartier mit Wärme versorgen. Die Investition sei hochwirtschaftlich, betont Powolny.
Das zweite Großprojekt betrifft aber nicht das Netz, sondern das Verwaltungsgebäude an der Bahnhofstraße. Ein Anbau für 2,5 Millionen Euro soll errichtet werden. Zur Erläuterung: In der Stadtwerkezentrale sind nicht nur die eigenen rund 35 Mitarbeiter untergebracht, sondern auch die Beschäftigten des städtischen Tiefbauamts und des Eigenbetriebs Abwasserentsorgung. Entsprechend
ist der Platzbedarf gewachsen.
Die Stadtwerke Ellwangen arbeiten profitabel. Zuletzt haben sie Jahresüberschüsse von bis zu 1,4 Millionen Euro erwirtschaftet und an die Muttergesellschaft abgeführt – die Versorgungs- und Bädergesellschaft mbH. Haben die Stadtwerke in der Vergangenheit vielleicht zu wenig für den Unterhalt ihrer Netze getan?
Jedes Netz habe seinen Zyklus, antwortet Powolny und verweist auf die Pumpstation im Neunheimer Industriegebiet. Nach 25 Jahren sei die Hydraulik am Ende.
Der Stadtwerkegeschäftsführer nennt ein weiteres Beispiel. Die 80 Jahre alte Brunnenleitung vom Sixenbachtal nach Goldrain müsse Stück für Stück erneuert werden. Auf Nachfrage räumt Powolny „einen gewissen Investitionsstau“ein und mahnt angesichts der Corona-Pandemie: „Die Krise zeigt, wie wichtig es ist, dass die Infrastruktur funktioniert.“
Dazu wollen die Stadtwerke bis 2024 rund 17 Millionen Euro investieren. Um das finanziell überhaupt stemmen zu können, wurde im Dezember im Aufsichtsrat ein Finanzierungskonzept beraten und beschlossen. Demnach müssen die Stadtwerke
ihren Jahresgewinn nicht mehr in voller Höhe abführen, sondern dürfen die Hälfte im Unternehmen belassen.
Indem die Hälfte des Gewinns thesauriert wird, wollen die Stadtwerke ihr Eigenkapital in den kommenden fünf Jahren um rund vier Millionen Euro aufstocken. Das genügt aber nicht, um alle Investitionen zu schultern. Dazu bedarf es auch Fremdkapitals. Der Wirtschaftsplan sieht in den kommenden Jahren ein Plus von sieben Millionen Euro vor, die großteils als Kredite neu aufgenommen werden.
Für Powolny handelt es sich um eine grundsolide Finanzierung. „Die Bilanzsumme wächst, aber die Strukturen bleiben unverändert.“Heißt: Am Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapital ändert sich nichts. Die Eigenkapitalquote ist stabil bei rund 36 Prozent.
Einen Nachteil hat das Finanzkonstrukt aber – und zwar für die Versorgungs- und Bädergesellschaft. Deren Eigenkapital schrumpft nämlich, weil die Stadtwerke weniger Gewinn ausschütten.
Und der Kunde der Stadtwerke? Trägt er zum Beispiel in Form von steigenden Gaspreisen zum Finanzierungskonzept bei? Wärme verteuert sich aufgrund der Investitionen nicht, wie Powolny auf entsprechende Nachfrage sagt. Nur bei den Wassergebühren ergibt sich ihm zufolge eine Erhöhung „in homöopathischer Dosis“– nämlich von rund zwei Euro im Jahr.
Insgesamt verläuft das Geschäftsjahr für die Stadtwerke bisher nach Plan, wie der Geschäftsführer weiter sagt – trotz Corona. Powolny geht davon aus, dass das so bleibt, „wenn nicht große Firmeninsolvenzen dazukommen“.
Das Wetter macht den Stadtwerken fast mehr zu schaffen als die Corona-Krise. Der Grund: Das Jahr war zu warm – von Januar bis April. Also haben die Stadtwerke weniger Gas verkauft, als sie selbst am Terminmarkt eingekauft haben. „Die Gaslager sind voll“, sagt Powolny. Das überschüssige Gas muss ihm zufolge nun auf dem Markt abverkauft werden – zu deutlich geringeren Preisen.
Termingeschäfte sind immer ein Risiko. Versorger kalkulieren mit einer bestimmten Menge – und dann nehmen die Kunden weniger ab als bestellt. Und da spielt Corona eben doch mit rein. Beispiel Wellenbad. Es ist geschlossen, nimmt also auch kein Gas ab. Bemerkbar macht sich
Powolny zufolge auch, dass Hotellerie und Gastronomie bislang weniger Energie verbrauchen.
Dennoch erwartet Powolny zum Jahresende „höchstens ein blaues Auge für die Stadtwerke“. Damit ist er übrigens ganz auf Linie mit OB Michael Dambacher, der seinerseits davon ausgeht, dass die Stadt Ellwangen mit einem blauen Auge davon kommt – trotz Haushaltssperre.
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