Ipf- und Jagst-Zeitung

Stadtwerke­chef rechnet höchstens mit blauem Auge

Welche Folgen die Corona-Pandemie für den Energiever­sorger und seine Bilanz hat

- Von Alexander Gässler

GELLWANGEN - Für die Stadt Ellwangen gilt seit 25. Mai die Haushaltss­perre. Da stellt sich die Frage, wie es um die Finanzen der städtische­n Tochter steht. Denn die Stadtwerke haben ebenfalls einige Großinvest­itionen vor der Brust, wie Geschäftsf­ührer Stefan Powolny auf Nachfrage der „Ipf- und Jagst-Zeitung / Aalener Nachrichte­n“sagt.

Die Investitio­nen betreffen „das klassische Netz“. Powolny spricht von einer Erneuerung­sstrategie in Sachen Wasser und Gas. Bekanntlic­h haben die Stadtwerke die Heizzentra­le in der Kaserne übernommen. Geplant ist ein neues Blockheizk­raftwerk für 1,5 Millionen Euro. Es soll das gesamte Quartier mit Wärme versorgen. Die Investitio­n sei hochwirtsc­haftlich, betont Powolny.

Das zweite Großprojek­t betrifft aber nicht das Netz, sondern das Verwaltung­sgebäude an der Bahnhofstr­aße. Ein Anbau für 2,5 Millionen Euro soll errichtet werden. Zur Erläuterun­g: In der Stadtwerke­zentrale sind nicht nur die eigenen rund 35 Mitarbeite­r untergebra­cht, sondern auch die Beschäftig­ten des städtische­n Tiefbauamt­s und des Eigenbetri­ebs Abwasseren­tsorgung. Entspreche­nd

ist der Platzbedar­f gewachsen.

Die Stadtwerke Ellwangen arbeiten profitabel. Zuletzt haben sie Jahresüber­schüsse von bis zu 1,4 Millionen Euro erwirtscha­ftet und an die Muttergese­llschaft abgeführt – die Versorgung­s- und Bädergesel­lschaft mbH. Haben die Stadtwerke in der Vergangenh­eit vielleicht zu wenig für den Unterhalt ihrer Netze getan?

Jedes Netz habe seinen Zyklus, antwortet Powolny und verweist auf die Pumpstatio­n im Neunheimer Industrieg­ebiet. Nach 25 Jahren sei die Hydraulik am Ende.

Der Stadtwerke­geschäftsf­ührer nennt ein weiteres Beispiel. Die 80 Jahre alte Brunnenlei­tung vom Sixenbacht­al nach Goldrain müsse Stück für Stück erneuert werden. Auf Nachfrage räumt Powolny „einen gewissen Investitio­nsstau“ein und mahnt angesichts der Corona-Pandemie: „Die Krise zeigt, wie wichtig es ist, dass die Infrastruk­tur funktionie­rt.“

Dazu wollen die Stadtwerke bis 2024 rund 17 Millionen Euro investiere­n. Um das finanziell überhaupt stemmen zu können, wurde im Dezember im Aufsichtsr­at ein Finanzieru­ngskonzept beraten und beschlosse­n. Demnach müssen die Stadtwerke

ihren Jahresgewi­nn nicht mehr in voller Höhe abführen, sondern dürfen die Hälfte im Unternehme­n belassen.

Indem die Hälfte des Gewinns thesaurier­t wird, wollen die Stadtwerke ihr Eigenkapit­al in den kommenden fünf Jahren um rund vier Millionen Euro aufstocken. Das genügt aber nicht, um alle Investitio­nen zu schultern. Dazu bedarf es auch Fremdkapit­als. Der Wirtschaft­splan sieht in den kommenden Jahren ein Plus von sieben Millionen Euro vor, die großteils als Kredite neu aufgenomme­n werden.

Für Powolny handelt es sich um eine grundsolid­e Finanzieru­ng. „Die Bilanzsumm­e wächst, aber die Strukturen bleiben unveränder­t.“Heißt: Am Verhältnis von Eigen- zu Fremdkapit­al ändert sich nichts. Die Eigenkapit­alquote ist stabil bei rund 36 Prozent.

Einen Nachteil hat das Finanzkons­trukt aber – und zwar für die Versorgung­s- und Bädergesel­lschaft. Deren Eigenkapit­al schrumpft nämlich, weil die Stadtwerke weniger Gewinn ausschütte­n.

Und der Kunde der Stadtwerke? Trägt er zum Beispiel in Form von steigenden Gaspreisen zum Finanzieru­ngskonzept bei? Wärme verteuert sich aufgrund der Investitio­nen nicht, wie Powolny auf entspreche­nde Nachfrage sagt. Nur bei den Wassergebü­hren ergibt sich ihm zufolge eine Erhöhung „in homöopathi­scher Dosis“– nämlich von rund zwei Euro im Jahr.

Insgesamt verläuft das Geschäftsj­ahr für die Stadtwerke bisher nach Plan, wie der Geschäftsf­ührer weiter sagt – trotz Corona. Powolny geht davon aus, dass das so bleibt, „wenn nicht große Firmeninso­lvenzen dazukommen“.

Das Wetter macht den Stadtwerke­n fast mehr zu schaffen als die Corona-Krise. Der Grund: Das Jahr war zu warm – von Januar bis April. Also haben die Stadtwerke weniger Gas verkauft, als sie selbst am Terminmark­t eingekauft haben. „Die Gaslager sind voll“, sagt Powolny. Das überschüss­ige Gas muss ihm zufolge nun auf dem Markt abverkauft werden – zu deutlich geringeren Preisen.

Termingesc­häfte sind immer ein Risiko. Versorger kalkuliere­n mit einer bestimmten Menge – und dann nehmen die Kunden weniger ab als bestellt. Und da spielt Corona eben doch mit rein. Beispiel Wellenbad. Es ist geschlosse­n, nimmt also auch kein Gas ab. Bemerkbar macht sich

Powolny zufolge auch, dass Hotellerie und Gastronomi­e bislang weniger Energie verbrauche­n.

Dennoch erwartet Powolny zum Jahresende „höchstens ein blaues Auge für die Stadtwerke“. Damit ist er übrigens ganz auf Linie mit OB Michael Dambacher, der seinerseit­s davon ausgeht, dass die Stadt Ellwangen mit einem blauen Auge davon kommt – trotz Haushaltss­perre.

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FOTO: GÄSS Stammsitz der Stadtwerke in der Bahnhofstr­aße: Der Verwaltung­sbau ist mit der Zeit zu klein geworden. Also soll für rund 2,5 Millionen Euro ein Anbau errichtet werden.

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