Der Kampf gegen Hunger und Tod in Ecuador
Schwester Isabel Dietrich aus Neuler leitet ein Kinderheim in dem südamerikanischen Land
NEULER (ij) - Schwester Isabel Dietrich aus Neuler ist seit vielen Jahren in Ecuador tätig. Sie berichtet von ihrer Arbeit in dem südamerikanischen Land und von den Kindern, die sie betreut. Bedingt durch die Krise in Venezuela und die Corona-Pandemie werden es immer mehr.
Schwester Isabel erzählt: „Seit 48 Jahren arbeite ich in Ecuador. Zuerst auf einer Missionsstation. Vor 25 Jahren gründete ich eine Stiftung und baute ein Kinderheim, das ich auch leite. Dort leben derzeit über 70 Kinder: Waisen, Straßenkinder, ungewollte, benachteiligte, misshandelte, missbrauchte, ausgesetzte und viele halb verhungerte Kinder.
Ich kann es nicht sehen, wenn Kinder leiden, sie brauchen viel Liebe, die alles heilen kann. Dieses Motto ist derzeit eine große Herausforderung bei der Umsetzung. Ich bin quasi Mutter für eine Großfamilie mit 80 Personen. Kinder finden bei uns Aufnahme. Wir teilen mit ihnen ihre Schmerzen. Wir sehen ihre Wunden. Wir orientieren und helfen, heilen und erziehen, öffnen den Weg zu Bildung. Aber sie brauchen auch Nahrung, Kleidung, Wäsche, Hygieneartikel. Alles ist im Moment schwer zu haben und sehr, sehr teuer. Die laufenden Kosten des Kinderheimes sind hoch, allein Trinkwasser und Babymilch verschlingen ein kleines Vermögen. An Weihnachten kamen halbverhungerte Babys aus Venezuela zu uns, die regelrecht aufgepäppelt werden müssen. Wir haben große Sorgen und Nöte, das Milchpulver wird knapp und noch teurer. Täglich kommen Kindergruppen bei uns an.
Wir bekommen vom Staat eine geringe Beihilfe fürs Essen, die dieses Jahr ausgeblieben ist und wir wissen nicht was die Zukunft bringt. Die angespannte wirtschaftliche Lage des Landes hat der Preisverfall für Erdöl verschärft. Ecuador ist extrem abhängig vom Ölexport. Die Korruption spielt auch eine große Rolle und die Leidtragenden sind immer die Armen.
Corona kam wie ein Sturm über die Welt. Ganz besonders schlimm hat es in Südamerika Ecuador erwischt. Noch immer gibt es viele Tote. In ihrer Not legten die Menschen in der Stadt die Leichen ihrer Angehörigen einfach auf die Straßen, wo sie tagelang nicht abgeholt wurden. Alle Beerdigungen geschehen in den Dörfern um uns herum in der Nacht. Hier in der dritten Welt haben wir Krankenhäuser ohne Medizin und ohne medizinischen Geräte, Ärzte ohne Schutz und die Armen haben keinen Zugang zu einem Krankenhaus oder einem Arzt, nicht einmal zu Laboruntersuchungen. Viele Ärzte behandeln aus Angst vor Ansteckung im Moment auch keine Patienten und viele vom Pflegepersonal sind schon gestorben. Das ist die Kluft zwischen reichen und armen Ländern. Müssten manche da nicht mehr zufrieden und dankbar sein? Da strenge Ausgangssperren herrschen, Busse und Autos nicht fahren dürfen, stockt die Lebensmittelversorgung aus dem Hochland, viele können diese ohnehin nicht mehr bezahlen. Die Menschen stehen vor den leeren Geschäften und dem ausverkauften Markt und weinen. Der Staat ist bankrott, Geschäfte an den
Straßenrändern und alle fliegenden Verkäufer gibt es nicht mehr, der Export ist reduziert, es ist wie ein Kreisel, der alle und alles erfasst. Der Hunger und der Tod geht um, es ist kein Ende in Sicht. Die Menschen sind im Leben und im Sterben auf sich alleine gestellt, denn es gibt keinerlei staatliche Hilfen und keine staatlichen Sozialleistungen.
Und wenn das erst der Anfang einer noch größeren Veränderung und Umdenkens in dieser Welt ist? Vor der Ausgangssperre kam noch ein befreundeter Priester zu uns. So können wir jeden Tag Gottesdienst feiern und viel, viel beten. Denn, nur der Glaube und das Gebet können Berge versetzen und Hoffnung sein.“