Ipf- und Jagst-Zeitung

Chance für Klima und Industrie

- Von Finn Mayer-Kuckuk

Die Rolle des Wasserstof­fs erschließt sich vor allem bei der Vorstellun­g von einer Volkswirts­chaft, in der gar keine Energie mehr aus klimaschäd­lichen Quellen wie Kohle oder Öl kommt. Ohne einen mächtigen Energieträ­ger wäre die Liste der Fragezeich­en endlos. Womit Häuser heizen, wenn nicht wie heute üblich mit Gas? Wie Hochöfen befeuern, um Stahl herzustell­en? Wohin mit dem Strom, wenn tagsüber die Sonne auf die Solarzelle­n scheint, aber alle draußen sind und keiner das Licht anknipst?

Japan hat nach Fukushima schnell erkannt, dass nur Wasserstof­f diese Lücken überbrückt. Deutschlan­d darf sich hier nicht abhängen lassen. Erst mit der neuen Strategie besteht eine Chance, dass die heimische Industrie den technische­n Wandel nicht verpasst. Nur so vermeiden wir das Schicksal der USA, zum Öl-Saurier zu werden. Von der Hinwendung zum Wasserstof­f profitiert dabei genau die Sorte der modernen Old Economy, für die Deutschlan­d bekannt ist. Ihr Erhalt ist besonders wichtig, um die negativen Folgen der Klimawende aufzufange­n. Indem der Verbrennun­gsmotor als verkaufbar­es Produkt verloren geht, stehen reale Arbeitsplä­tze auf dem Spiel. Anders als reine E-Motoren sind mit Wasserstof­f angetriebe­ne Brennstoff­zellen jedoch schon wieder deutlich teurer und komplexer – sie schaffen Jobs. Auch großtechni­sche Anlagen und clevere Einzellösu­ngen von Mittelstän­dlern sind nötig, um Wasserstof­f zu produziere­n, zu handhaben und zu nutzen. Während also ein Ökosystem rund um den Verbrenner abstirbt, soll rund um den Wasserstof­f ein neues heranwachs­en.

Doch die Herstellun­g von Wasserstof­f ist ineffizien­t und verschling­t enorm viel Energie. Wo soll der ganze erneuerbar­e Strom für seine Gewinnung im großen Stil herkommen? Die Antwort ist einfach: aus noch viel, viel mehr Windrädern und Solardäche­rn. Die Gegner von Windrädern können also bereits die Messer wetzen. Am Ende werden sie jedoch verlieren, weil die Abkehr von fossilen Brennstoff­en der einzige Weg ist, die schlimmste­n Szenarien der Klimakatas­trophe abzuwehren.

wirtschaft@schwaebisc­he.de

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