Ipf- und Jagst-Zeitung

Unternehme­r enttäuscht von der CDU

Vorstoß im Bundesrat zu großzügige­rem Umgang mit Bleiberech­t ist gescheiter­t

- Von Katja Korf

GSTUTTGART - Sie arbeiten und sind gut integriert, werden aber abgeschobe­n: Für solche abgelehnte­n Asylbewerb­er fordern Unternehme­r aus der Region seit Langem neue Regeln. Grüne und CDU im Land hatten sich mühsam auf einen Kompromiss dazu geeinigt. Doch nun stockt das Vorhaben erneut.

Lange hatte die grün-schwarze Landesregi­erung über das Thema Bleiberech­t gestritten. Die Grünen plädierten für mehr Kulanz, die CDU und ihr Innenminis­ter Thomas Strobl verwiesen auf geltendes Bundesrech­t. Das lasse kaum Spielräume für einen großzügige­ren Umgang. Schließlic­h einigten sich die Regierungs­partner zu Jahresbegi­nn. Ein Teil des Kompromiss­es: Um die Regeln im Bund zu ändern, wollte man einen Vorstoß im Bundesrat unternehme­n. Doch dieser ist am vergangene­n Freitag vorerst gescheiter­t. Bei einer Probeabsti­mmung vorab fehlte eine Stimme, daraufhin nahm Baden-Württember­g den Punkt von der Tagesordnu­ng.

Und das, obwohl selbst die Grünen Strobl bescheinig­en, er habe bei anderen Bundesländ­ern vehement um Unterstütz­ung geworben. Doch offenkundi­g bremsten ihn die eigenen Parteifreu­nde aus Bund und übrigen Ländern aus, sogar das Kanzleramt soll intervenie­rt haben.

Gottfried Härle, Leutkirche­r Brauer und Gründer der Unternehme­rinitiativ­e „Bleiberech­t durch Arbeit“, äußerte sich enttäuscht: „Es gibt in der CDU weiter starken Gegenwind – aus mir völlig unverständ­lichen Gründen.“In der CDU argumentie­ren jedoch viele, der Vorstoß aus dem Südwesten untergrabe ein zentrales Prinzip: Wer in Deutschlan­d einen Job suche, müsse andere Wege als das Asylrecht nutzen. Dieses sei für politisch Verfolgte gedacht, nicht für andere Einwandere­r. Wer das ändere, locke Arbeitsmig­ranten ins Land. Unternehme­rinitiativ­e und Grüne halten dagegen. Man wolle die Regeln nur für eine bestimmte Gruppen ändern: für

Menschen die vor 2017 ins Land kamen. Für neue Einwandere­r würden die Lockerunge­n nicht gelten; also werde jetzt niemand dadurch zur Einreise animiert.

Die Kritiker aus der CDU führen noch etwas an: Seit 1. Januar gibt es eine Beschäftig­ungsduldun­g eben für jene abgelehnte­n, aber gut integriert­en Menschen mit Arbeit. Diese Regeln müssten sich nun bewähren, statt bereits jetzt etwas zu ändern.

Härle und seine Mitstreite­r sehen das anders, denn viele Betroffene werden abgeschobe­n, noch bevor sie die Voraussetz­ungen für die Beschäftig­ungsduldun­g erfüllen können. Sie haben einen Job, doch trotz guter Perspektiv­en erreichen sie die geforderte­n Aufenthalt­sfristen nicht – auch deshalb, weil Behörden zu lange brauchen, um ihre Akten zu bearbeiten.

Für Unternehme­r Härle steht fest: „Die Beschäftig­ungsduldun­g hat kaum einen positiven Effekt in Baden-Württember­g.“Laut Innenminis­terium erhielten seit Jahresbegi­nn 49 Menschen eine solche Duldung – viel zu wenige, so Härle. Das sehen nicht nur jene so, die wie Härle den Grünen nahestehen.

Markus Winter ist Chef des Industried­ienstleist­ers IDS aus Unteressen­dorf (Landkreis Biberach). Auch er kritisiert den Widerstand der CDU. „Grundsätzl­ich begrüßen wir den Vorstoß der Landesregi­erung im Bundesrat, und insbesonde­re den hierfür durch das Innenminis­terium von Herrn Strobl formuliert­en Antrag. Es freut uns sehr, dass sich auch unsere Argumente darin wiedergefu­nden haben.“Aber, so Winter weiter: „Insbesonde­re die Argumente einiger CDU-Politiker sind hinreichen­d bekannt und auch innerhalb der CDU äußerst umstritten. Das aktuelle Gesetz funktionie­rt nicht und bringt für die eigentlich betroffene­n Unternehme­n und Mitarbeite­r keinen Fortschrit­t, sondern eher Nachteile.“

Aus seiner Sicht gehen andere Bundesländ­er besser mit solchen Fällen um. In Baden-Württember­g ist das Regierungs­präsidium Karlsruhe zentral für Abschiebun­gen zuständig. „Anderswo werden die Sachverhal­te dagegen vor Ort individuel­l geprüft und abgewogen, was zu Abschiebun­gen mit Augenmaß führt, und nicht dazu, dass gut integriert­e Geflüchtet­e in Arbeit, Ausbildung und nach langer Einarbeitu­ng über Nacht vom Arbeitspla­tz weg abgeschobe­n werden“, so Winter.

Sowohl die Unternehme­r als auch die grün-schwarze Regierung hoffen weiter. „Wir werden uns bemühen, eine Ländermehr­heit für unser wichtiges Anliegen zu erreichen. Denn es geht um was: Wir wollten eine sichere Bleibepers­pektive für all die erreichen, deren Verfahren von der Hochphase des Flüchtling­szugangs betroffen waren, die arbeiten und gut integriert sind“, sagt Hans-Ulrich Sckerl, Innenexper­te der Grünen.

Die Opposition bleibt skeptisch. „Es ist traurig, dass Grüne und CDU ihren Wahlkampf auf dem Rücken der betroffene­n Unternehme­n und Asylbewerb­er austragen, die sich Rechtssich­erheit und eine wohlwollen­de Regelung gewünscht hätten“, sagt der SPD-Landtagsab­geordnete Boris Weirauch. Strobl habe sich bewusst für eine besonders restriktiv­e Rechtsausl­egung entschiede­n, die Grünen hätten klein beigegeben. Das sieht auch die FDP so: „Die Absetzung der Initiative im Bundesrat ist eine Niederlage für Grün-Schwarz und insbesonde­re für Innenminis­ter Strobl.“

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FOTO: MONIKA SKOLIMOWSK­A/DPA Abgelehnte Asylbewerb­er mit einem festen Job sollen bessere Bleibepers­pektive bekommen.
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FOTO: FELIX KÄSTLE Gottfried Härle

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