„Bei der Schweinehaltung bedeutet mehr Tierwohl mehr Aufwand“
BERLIN - Seit Jahren wird über die Frage gestritten, wie lange Schweine noch in engen Kastenständen eingepfercht werden dürfen. Professor Eva Gallmann forscht an der Universität Hohenheim zum Umbau von Ställen. Klaus Wieschemeyer hat mit Gallmann gesprochen.
Frau Gallmann, derzeit streitet die Politik über die Restzeiten für herkömmliche Kastenstände in der Sauenhaltung. Ein Kompromiss über eine Verlängerung um zehn Jahre ist gescheitert. Was wäre angemessen?
Eine kürzere Übergangszeit fände ich sehr problematisch. Beim Neubau und Umbau von Ställen rechnet man mit Zeiträumen von mindestens zehn Jahren. Dazu kommt, dass die Betriebe die Investition überdenken müssen. Die Umgestaltung eines konventionellen Stalles hat ja Auswirkungen auf den gesamten Produktionszyklus, da es oft für jeden Haltungsabschnitt eigene Gebäude gibt.
Der herkömmliche Kastenstand ist aber bereits seit 2015 eigentlich gerichtlich verboten. Ich glaube auch nicht, dass Übergangsfristen von 15 oder mehr Jahren vermittelbar sind. Zudem sehen wir schon, dass Landwirte bei Neubauten an die Zukunft denken. Die Bereitschaft ist da, aber die Mittel sind begrenzt. Die Investitionen bedeuten enorme Belastungen, und in der Sauenhaltung sind viele Betriebe
schon jetzt an der Grenze. Ohne Perspektiven werden die neuen Vorgaben dazu führen, dass viele aufhören.
Wie lässt sich das verhindern? Über Investitionsförderungen. Und über Labelprodukte und Vermarktungswege, bei denen der Mehraufwand vom Verbraucher auch vergütet wird. Nur dann rechnet sich das. Bei der Schweinehaltung bedeutet mehr Tierwohl mehr Aufwand. Nicht nur bei den Investitionen, sondern auch später beispielsweise bei der Einstreu. Das ist alles ok, wenn es über den Preis belohnt wird.
Ist das nicht blauäugig? Nach einer Untersuchung der Hochschule Osnabrück greifen die meisten Verbraucher trotz aller
Bekenntnisse zum Tierwohl im Laden am Ende zum billigsten Fleisch …
Der grundsätzliche Konsens zu mehr Tierschutz ist da, aber trotzdem ist der Preis oft der entscheidende Faktor. Bei einem höheren Standard für alle könnte ein Mindestpreis ein Weg sein, doch dafür bräuchten wir einen Konsens entlang der Wertschöpfungskette.
Ist der enge Kastenstand für die Tiere wirklich so schlimm? Viele Schweine gehen ja freiwillig hinein …
Abtrennungen sind nicht per se böse. Wir beobachten, dass Sauen auch bei Mischkonzepten in den Kastenstand gehen, um in Ruhe zu fressen oder sich hinzulegen. Das Wichtige ist aber, dass die Tiere die Wahl haben und das freiwillig tun.