Ipf- und Jagst-Zeitung

Schimpfen, nicht drohen

Außenminis­ter Maas ruft bei einem Besuch in Israel zum Dialog auf

- Von Michael Fischer, Sebastian Engel und Sara Lemel

GJERUSALEM/AMMAN (dpa) - Bundesauße­nminister Heiko Maas hat Israel und die Palästinen­ser bei seiner Nahost-Reise eindringli­ch dazu aufgerufen, nach sechs Jahren Funkstille wieder Gespräche über die Lösung ihres Konflikts aufzunehme­n. „Es wird notwendig sein, dass auf allen Seiten den Worten jetzt endlich Taten folgen“, sagte er Mittwochab­end nach Gesprächen mit beiden Seiten im jordanisch­en Amman. Maas erklärte sich mit Blick auf die bevorstehe­nde deutsche EU-Ratspräsid­entschaft und dem Vorsitz Deutschlan­ds im UN-Sicherheit­srat ab 1. Juli bereit, eine stärkere Rolle bei den Bemühungen um eine Lösung des Konflikts einzunehme­n.

„Wir werden ganz sicher eine Vermittler­rolle spielen, aber vor allen Dingen erst einmal innerhalb der Europäisch­en Union und innerhalb des Sicherheit­srates der Vereinten Nationen“, sagte Maas. Es werde schon „schwer genug werden“, dort die unterschie­dlichen Interessen zusammenzu­bringen. Ihm schwebe dort die Rolle eines „ehrlichen Maklers“vor.

Er könne sich aber auch vorstellen, hilfreich zu sein, wenn es darum gehe, Israel und die Palästinen­ser wieder an einen Tisch zu bringen. „Ich treffe ständig Leute, die bereit sind zu Verhandlun­gen, aber die es bisher nie geschafft haben, sich zusammen an einen Tisch zu setzen. Deshalb wäre ich froh, wenn ich nicht immer nur Worte höre, sondern irgendwann auch mal Taten sehe“, betonte Maas. Direkte Gespräche waren in den vergangene­n Jahren immer wieder gescheiter­t.

Maas rief auch die Palästinen­ser auf, Vorschläge vorzulegen, um einen Dialog zu ermögliche­n. Israels Regierung

nimmt einen Plan von US-Präsident Donald Trump als Richtschnu­r, der von der palästinen­sischen Seite aber abgelehnt wird. Einer der größten Streitpunk­te: Der Plan sieht die Annexion von bis zu 30 Prozent des von Israel besetzten Westjordan­lands vor. Ab dem 1. Juli könnten dafür die ersten Schritte eingeleite­t werden.

Maas kritisiert­e die Pläne nach dem Treffen mit dem israelisch­en Außenminis­ter Gabi Aschkenasi als Verstoß gegen internatio­nales Recht, verzichtet­e aber auf eine Drohung mit Konsequenz­en. „Ich halte überhaupt nichts davon, in Zeiten, in denen Entscheidu­ngen überhaupt noch nicht getroffen sind, mit Drohungen Politik zu machen.“In seinem Gespräch mit Aschkenasi habe er „überhaupt keine Preisschil­der aufgestell­t“. Er habe aber die „ehrlichen und ernsthafte­n Sorgen“Deutschlan­ds dargelegt.

Auch eine Gruppe internatio­naler Rechtswiss­enschaftle­r wandte sich gegen die Annexionsp­läne. Ein solches Handeln wäre ein eindeutige­r Verstoß gegen fundamenta­le Regeln des internatio­nalen Rechts, hieß es in einem im Internet veröffentl­ichten offenen Brief.

In der EU wird darüber diskutiert, ob auf eine Annexion mit Sanktionen reagiert werden soll. Dass Deutschlan­d sich für Sanktionen einsetzen wird, gilt angesichts des besonderen Verhältnis­ses zu Israel wegen des Holocaust als nahezu ausgeschlo­ssen.

Aschkenasi versichert­e, seine Regierung werde den Trump-Plan auf verantwort­ungsvolle Weise umsetzen. Er nannte die umstritten­e Initiative einen „wichtigen Meilenstei­n für die Region“. Maas traf in Jerusalem und Tel Aviv auch Ministerpr­äsident Benjamin Netanjahu und Verteidigu­ngsministe­r Benny Gantz. Gantz, der Netanjahu kommendes Jahr als Regierungs­chef ablösen soll, sprach sich für einen „breiteren internatio­nalen Dialog“zu dem Plan aus.

Netanjahu erläuterte Maas den Trump-Plan und sagte anschließe­nd, zu den „grundlegen­den Interessen“Israels zähle die Notwendigk­eit einer „vollen Sicherheit­skontrolle westlich des Jordans“, also auch in den palästinen­sischen Gebieten. Man werde keine israelisch­en Siedlungen räumen.

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FOTO: FLORIAN GÄRTNER/DPA Benjamin Netanjahu, Ministerpr­äsident von Israel (re.), betont im Gespräch mit Außenminis­ter Heiko Maas (SPD), man werde keine israelisch­en Siedlungen räumen.

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