Ipf- und Jagst-Zeitung

Geduld zahlt sich aus

Warum es sich rechnet, Aktien über Jahrzehnte hinweg im Depot liegen zu lassen

- Von Sabine Meuter

GBREMEN (dpa) - Zugegeben, sie klingt schräg, die Weisheit des 1999 verstorben­en Börsenguru­s André Kostolany. Sinngemäß riet er: Kaufen Sie Aktien, nehmen Sie Schlaftabl­etten, und wer lang genug schläft, wird irgendwann reich aufwachen. Anleger sollten dies natürlich nicht wörtlich nehmen. Vielmehr wollte Kostolany damit ausdrücken: Geduld zahlt sich am Aktienmark­t langfristi­g aus.

„Für den langfristi­gen Vermögensa­ufbau ist ,Buy and hold’ die mit Abstand erfolgreic­hste Strategie, die sich über Jahrzehnte bewährt hat und mit Zahlen und Statistike­n belegt werden kann“, sagt Thomas Mai von der Verbrauche­rzentrale Bremen. Also: Am Aktienmark­t nichts überstürze­n, besonnen bleiben.

Auch in Krisen nicht überstürzt handeln: „Derzeit besteht die Gefahr, dass durch phantasier­eiche Interpreta­tionen eines Geschehens wie der Corona-Krise die statistisc­hen Renditepro­gnosen an den Rand gedrängt werden“, erklärt Prof. Ingrid Größl, Vorstand des Instituts für Finanzdien­stleistung­en (iff ) in Hamburg.

Es wäre ein Fehler, Aktien, die für lange Zeit im Depot liegen sollen, wegen der Corona-Krise zu verkaufen. „Auch diese Krise wird eines Tages ausgestand­en sein, und die Lage an den Börsen wird sich wieder normalisie­ren“, so Größl. Ein ständiges Auf und Ab an den Aktienmärk­ten ist letztendli­ch nichts Ungewöhnli­ches.

Vor allem für Aktien-Unerfahren­e gilt: „Besser mitschwimm­en als spekuliere­n“, rät Mai. Denn Spekuliere­n ist hoch riskant. Besser sei es, wenn Anleger Aktien breit gestreut kaufen. „Für ein breit gestreutes Aktienpake­t spricht, dass die täglichen Kursaussch­läge in einem gewissen Umfang neutralisi­ert werden“, erklärt Größl.

Zudem verhindert ein breit gestreutes Depot, dass Anleger ihr gesamtes in Aktien investiert­e Vermögen verlieren, wenn ein Unternehme­n Insolvenz anmeldet. Der Vorteil: Anleger müssen sich nicht

Gständig um ihre Aktien kümmern. Zudem sparen sie Kosten, die mit häufigen Transaktio­nen an der Börse verbunden sind.

Auf die richtige Mischung achten: Allerdings sind für die Zusammenst­ellung des Aktienpake­ts umfassende Kenntnisse über die jeweiligen Unternehmu­ngen und deren voraussich­tliche langfristi­ge Entwicklun­g nötig. Außerdem dürfen Anleger „sich nicht ständig kümmern“nicht mit „sich gar nicht kümmern“verwechsel­n.

Denn steigt der Kurs einer Einzelakti­e gegenüber den anderen Aktien im Depot an, steigt auch der wertmäßige Anteil dieser Aktie im Portefeuil­le. „Damit verbunden ist ein veränderte­s Ertrags-Risiko-Profil“, erläutert Größl.

GDie Geldanlage breit streuen: Um dies zu vermeiden, sollten Anleger die „Buy and hold“-Strategie mit dem Erwerb eines passiven, an der Börse gehandelte­n Indexfonds – also einem ETF – verknüpfen. ETFs bilden einen

GIndex nach, zum Beispiel den Deutschen Aktieninde­x (Dax). Ein aktives Management entfällt dabei. „Das spart Kosten“, erklärt Größl.

Wer ETFs wählt, die nur in Blue Chips investiere­n, also in Aktien von etablierte­n Großuntern­ehmen, kann das Risiko einer Unternehme­nsinsolven­z weitestgeh­end bannen. Mit einem thesaurier­enden Fonds wird die Dividende zudem reinvestie­rt. „So erzielen Anleger einen Zinseszins-Effekt“, sagt Größl.

Ganz wichtig: „Anleger sollten breit über Regionen und Branchen streuen, also ETFs mit vielen Titeln wählen“, rät Mai. Also nicht auf Eurostoxx 50, sondern beispielsw­eise auf Eurostoxx 600 setzen. Kleinvolum­ige Fonds sollten Anleger meiden, da ihnen irgendwann die Schließung drohen kann, warnt der Verbrauche­rschützer. „Das in Aktien und ETFs angelegte Geld muss mindestens zehn bis 15 Jahre unangetast­et bleiben“, rät Mai. Anleger sollten also über genügend Reserven verfügen, auf die sie notfalls zurückgrei­fen können. Ein weiterer Grundsatz:

„Bloß keine Aktien oder ETFs auf Pump kaufen“, rät Mai.

Bei der Auswahl kritisch bleiben: Worauf Anleger sonst noch achten sollten? „Verbrauche­rn werden mitunter Fonds angeboten, die bisher nicht gut abgeschnit­ten haben oder zu teuer sind“, sagt Mai. Der Verbrauche­rschützer empfiehlt Anlegern, bei der Auswahl und Zusammenst­ellung des Aktienpake­ts kritisch zu sein. „Ratsam ist der Erwerb von ETFs, die auch von namhaften einschlägi­gen Tests empfohlen werden“, erklärt Größl. Generell eignet sich die „Buy and Hold“-Strategie für jede langfristi­ge Geldanlage. „Sie ist vor allem ideal für die Altersvors­orge“, erklärt Klaus Morgenster­n vom Deutschen Institut für Altersvors­orge. Auch er empfiehlt ETFs. „Wer lange angespart hat, kann den Spieß später umdrehen und sich eine Fondsrente auszahlen lassen, ohne gleich alles zu verkaufen“, sagt Mai. Auch als Rentner können Anleger also noch lange auf „hold“gehen und müssen nicht alles aufs Sparbuch packen.

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FOTO: DPA Kaufen und liegen lassen – diese Strategie kann bei Aktien auf lange Sicht durchaus erfolgreic­h sein.

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