Ipf- und Jagst-Zeitung

Düstere Aussichten in Fernost

Abschwung, Staatskonk­urrenz, Handelskri­eg: Die Prognosen von EU-Firmen in China sind so schlecht wie nie

- Von Andreas Landwehr

GPEKING (dpa) - Mit dem Abschwung durch die Corona-Krise und dem Handelskri­eg der USA steuern europäisch­e Unternehme­n in China in eine ungewisse Zukunft. Zwar hat sich ihr Betrieb weitgehend normalisie­rt, da China den Ausbruch der Lungenkran­kheit Covid-19 im Griff hat, aber sie „tappen im Dunkeln“, sagte die Vizepräsid­entin der EU-Handelskam­mer, Charlotte Roule, am Mittwoch in Peking bei der Vorlage der jährlichen Umfrage zum Geschäftsk­lima in China.

Die Ungewisshe­it sei so groß „wie seit Generation­en nicht mehr gesehen“. „Lieferkett­en sind unterbroch­en, die Nachfrage bricht ein, und die Aussichten sind düster“, sagte Roule. Zudem stütze sich die Regierung in der Krise vor allem auf chinesisch­e Staatsunte­rnehmen, die damit noch stärker als zuvor schon wieder auf dem Vormarsch seien und ausländisc­he und private Firmen verdrängte­n.

Chinas Markt bewege sich in die Richtung eines „Eine Wirtschaft, zwei Systeme“-Modells, sagte die Vizepräsid­entin vor Journalist­en und sprach von einem „beunruhige­nden Trend“. Auf der einen Seite gebe es ein offeneres, gerechtere­s und gut regulierte­s System – auf der anderen aber Bereiche, in denen Staatsbetr­iebe mit „alarmieren­der Geschwindi­gkeit“weitere Anteile übernähmen.

Am meisten Sorgen macht EUUnterneh­men der wirtschaft­liche Abschwung. China musste im ersten Quartal einen Wachstumse­inbruch von 6,8 Prozent hinnehmen. An zweiter Stelle steht in der Umfrage der seit zwei Jahren andauernde Handelskri­eg der USA mit China. Kopfschmer­zen bereiten den europäisch­en Firmen ferner der Rückgang der globalen Konjunktur, steigende Lohnkosten und zweideutig­e Vorschrift­en in China.

Nach der Normalisie­rung des Betriebs schüfen nicht nur die Unterbrech­ung von Lieferkett­en, sondern auch die Reisebesch­ränkungen weiter Probleme, weil Experten kaum nach China geholt werden könnten. So vergibt China aus Angst vor einer Einschlepp­ung des Virus gegenwärti­g keine normalen Einreiseer­laubnisse für Ausländer.

Aus Sicht des Verbands Deutscher Maschinen- und Anlagenbau normalisie­rt sich dagegen die Lage für die deutschen Maschinenb­auer in China, wie eine aktuelle Umfrage nahelegt. „Mittlerwei­le gehen 30 Prozent der knapp 140 Unternehme­n, die sich an der Umfrage beteiligt haben, davon aus, dass sie ihr Wachstumsz­iel für 2020 doch erreichen werden“, teilte der Verband mit. Die Zuversicht hinge unter anderem mit der unerwartet schnellen Erholung des chinesisch­en Binnenmark­tes und den staatliche­n Konjunktur­impulsen zusammen. Eine überwiegen­de Mehrheit der Befragten (80 Prozent) gab jedoch an, dass das Einreiseve­rbot nach China ihr Geschäft beeinträch­tige. Es würden dringend ausländisc­he Spezialist­en vor Ort gebraucht.

Von dem angestrebt­en Investitio­nsschutzab­kommen zwischen Europa und China erhoffen sich die EUUnterneh­men eine größere Marktöffnu­ng, weniger Diskrimini­erung auf dem chinesisch­en Markt und transparen­tere Genehmigun­gs- und Lizenzproz­esse. Trotz der CoronaKris­e und der Absage des EU-ChinaGipfe­ls

im September in Leipzig laufen die Verhandlun­gen über Videoschal­ten weiter, wie Roule berichtete.

„Die EU-Kommission macht im Verbund mit den Mitgliedss­taaten mittlerwei­le zu Recht deutlich mehr Druck auf Peking, den Markt schneller zu öffnen“, sagte der Hauptgesch­äftsführer vom Bund der Deutschen Industrie (BDI), Joachim Lang. „Die Marktzugan­gshürden für ausländisc­he Unternehme­n sind in China immer noch hoch.“

Die Umfrage zum Geschäftsk­lima war schon im Februar gemacht worden, doch schilderte­n die Experten der Handelskam­mer, dass die Schlussfol­gerungen durch weitere Erhebungen bei den Unternehme­n der schnellen Krisenentw­icklung angepasst worden seien. Einige Trends, besonders das Erstarken der

Staatsbetr­iebe, hätten sich noch verschärft, sagte Roule.

Erhebungen der deutschen, italienisc­hen, österreich­ischen und französisc­hen Handelskam­mern in China im März hätten zudem ergeben, dass zwei Drittel bis drei Viertel der Mitgliedsu­nternehmen in diesem Jahr als Folge von Covid-19 einen Rückgang der Einnahmen um mehr als zehn Prozent erwarten.

 ?? FOTO: DPA ?? Lastwagen am Containerh­afen in Qingdao warten in einer Schlange, um mit Containern beladen zu werden: Sowohl die Importe als auch die Exporte sind in China infolge der Corona-Pandemie und der verschärft­en Spannungen im Handelsges­chäft mit den USA im Mai zurückgega­ngen.
FOTO: DPA Lastwagen am Containerh­afen in Qingdao warten in einer Schlange, um mit Containern beladen zu werden: Sowohl die Importe als auch die Exporte sind in China infolge der Corona-Pandemie und der verschärft­en Spannungen im Handelsges­chäft mit den USA im Mai zurückgega­ngen.

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