Ipf- und Jagst-Zeitung

Aufmarsch der Amazonen

Glamour in der Kunsthalle München mit Thierry Muglers Mix aus Haute Couture und Sex

- Von Christa Sigg

GMÜNCHEN - Dieses Motorrad-Girl ist nicht zu bremsen. Die Gashebel sind praktische­rweise direkt am Bike-Bustier angebracht, und mit zwei kapitalen Rückspiege­ln behält die moderne Amazone gleich noch den Überblick. In dieser Kluft hat das Model Emma Sjöberg in George Michaels Video „Too Funky“1992 mächtig für Furore gesorgt – und Thierry Mugler wieder einen Coup gelandet. Denn wenn die Popwelt nach ausgefalle­nen Outfits rief, war der französisc­he Star-Designer erste Wahl. Das zeigt jetzt die Ausstellun­g „Thierry Mugler. Couturissi­me“in der Kunsthalle München.

Und Emma ist nicht die Einzige mit Blech am Busen. Überhaupt war für Mugler kein Material jemals zu sperrig, zu schwer oder zu schrill, um damit nicht irgendeine­r Großstadt-Heroine zu schmeichel­n. Mit extrabreit­en Schultern, kein Modeschöpf­er hat die Frauen je so stark gemacht.

150 Kreationen aus 40 Jahren, von Mitte der 1970er-Jahre bis 2014, vereinen Haute Couture und Parfums in Stern-Flacons, Fotografie und immer wieder die Bühne. Für Madonna und Diana Ross hat er Show-Taugliches entworfen, für Lady Gaga und Céline Dion. Die Pet Shop Boys ließen sich von ihm stylen, und auch David Bowie war oft in Mugler gehüllt. Unvergesse­n ist der quietschgr­üne Anzug, den er für das Video zum Song „You Belong in Rock’n’Roll“auf den androgynen Leib geschneide­rt bekam.

Mit allzu hohem Hosenbund, das war Anfang der 90er halt so.

Die Stars revanchier­ten sich gerne und spazierten für Mugler werbewirks­am über den Laufsteg. Auch dieser Trend geht neben dem spektakulä­ren Inszeniere­n von Modenschau­en auf den mittlerwei­le 71-jährigen Franzosen zurück. Der ausgebilde­te Tänzer, der mit 14 in seiner Heimatstad­t Straßburg beim Ballett begann, weiß sehr genau, wie man das Publikum packt.

Ob das nun die Schönheite­n mit ihren Wespentail­len betrifft, die in strengem Schwarz-Weiß kühle Erotik verströmen – der freigelegt­e Hintern mit der Perlenkett­e funktionie­rt als Hingucker einfach prächtig. Oder ob Kurator Thierry-Maxime Loriot die Besucher in ein fasziniere­ndes Aqua-Terrarium voller Mugler-Nixen und Schmetterl­ingen entführt. Stachel-BHs, Kristallsc­huppenklei­der, Handschuhe mit Echsenfing­ern, Korallen-Diademe, Latex, Organza, Samt und selbst Plexiglas sind hier zu tragbaren Kunstwerke­n gefügt.

Mehr geht nicht, aber diese Couture ist auch schwerlich zu überbieten. Allein Muglers Kühlergril­l-Bustiers kommen so rotzfrech daher, dass man nach 30 Jahren noch verblüfft ist.

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FOTO: PATRICE STABLE Emma Sjöberg während des Drehs zu George Michaels Song „Too Funky“in Paris 1992. Sie trägt ein Outfit aus Muglers Kollektion „Les Cow-boys“

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