„Haushaltssperre ist noch kein Thema“
Der Abtsgmünder Bürgermeister Armin Kiemel über die Finanzlage in Zeiten von Corona
ABTSGMÜND - Eine starke Wirtschaft, eine ausgezeichnete Infrastruktur und die schöne Umgebung – Abtsgmünd hat viel zu bieten. Doch nach den fetten Jahren muss Bürgermeister Armin Kiemel jetzt mit weniger Einnahmen rechnen. Redakteurin Eva Stoss hat bei ihm nachgefragt, wie er seine Gemeinde durch die Corona-Krise steuern will.
Herr Kiemel, in Abtsgmünd sprudelten bis zur Corona-Krise die Gewerbesteuereinnahmen. 2019 waren es noch rund 16 Millionen Euro. Womit rechnen Sie dieses Jahr?
Klar ist, dass es deutlich weniger wird. Der Rückgang liegt bisher im sechsstelligen Bereich. Wie viel am Ende des Jahres fehlt, wissen wir nicht, weil die Unternehmen selbst noch nicht wissen, wie sich das Geschäft weiter entwickelt. Was uns hilft, ist der Branchenmix. Wir haben in Abtsgmünd unter anderem Ingenieur-, Bau- und Handwerksunternehmen, und die Baubranche läuft nach wie vor gut.
Außer bei der Gewerbesteuer wird es noch weitere Einschnitte geben. Was sind die dicksten Brocken? Für Abtsgmünd ist die Gewerbesteuer tatsächlich die wichtigste Einnahmequelle. An zweiter Stelle folgen die Zuweisungen des Landes, also die Steueranteile, die uns als Gemeinde zustehen. Hier müssen wir bis 2023 mit jährlich 400 000 Euro weniger auskommen.
Was heißt das für die Gemeinde? Wir versuchen, bei den Ausgaben zu sparen, wollen aber unsere Wirtschaft am Laufen halten. Dafür brauchen wir öffentliche Investitionen. Begonnene Projekte, wie das große Rettungszentrum oder die Sanierung der Friedrich von Keller Schule, der Kindergartenanbau oder die Baugebietserschließung stehen ohnehin nicht in Frage.
An welchen Stellschrauben drehen Sie dann?
Wenn die Wirtschaft tatsächlich noch weiter runter rauscht, dann müssen wir einige Projekte aufschieben. Dazu könnte zum Beispiel das Kindergartenzentrum gegenüber vom Baugebiet Knöckle gehören. Da stehen wir noch ganz am Anfang der Planungen.
Ausgerechnet an der Kinderbetreuung wollen Sie sparen? Davon kann keine Rede sein. Bisher ist Abtsgmünd und alle Teilorte sehr gut mit Kita-Plätzen versorgt. Anders als etwa Aalen können wir für jedes Kind einen Betreuungsplatz anbieten. Nach unseren Prognosen wird der Bedarf jedoch wachsen. Darauf müssen wir natürlich auch reagieren.
Abtsgmünd weist viele neue Bauplätze aus. Soll der Verkauf von Bauland Geld in die Kasse spülen? Wir müssen unsere Investitionskosten refinanzieren. Bei einem Quadratmeter-Preis von 109 Euro verdienen wir kein Geld. Wir wollen mit neuen Bauplätzen den vorhandenen
Bedarf decken. Aktuell sind es 30 Plätze im Gebiet Brunnenhalde in Untergröningen, davon sind die meisten verkauft oder reserviert. Dazu kommen 45 neue Plätze im Gebiet Wasserstube in Abtsgmünd.
Für diese Familien brauchen Sie aber auch Kita-Plätze. Sehen Sie noch anderswo Einsparpotential? Die Sanierung von öffentlichen Gebäuden ist so eine Daueraufgabe, da muss nicht alles sofort sein. Die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf LED ist ein wichtiges und sinnvolles Projekt, das wir umsetzen wollen. Wenn die Einnahmen jedoch stark zurückgehen, müssten wir solche Dinge auf den Prüfstand stellen.
Wollen Sie ausschließlich die Ausgaben senken oder auch die Einnahmen erhöhen?
Wie gesagt, die großen Brocken sind die Gewerbesteuer und die Zuwendungen vom Land. Da spielt die Musik. Andere Einnahmen, wie die Grundsteuer oder die Hundesteuer sind wichtige aber nachrangige Steuereinnahmen und von Corona nicht betroffen. Aktuell sind keine Erhöhungen geplant.
Andererseits haben Sie wie alle Gemeinden Ausfälle bei den Kindergartengebühren durch die Schließungen. Wie schlägt das zu Buche? Im April und Mai haben wir die Elternbeiträge ausgesetzt, außer wenn Betreuung tatsächlich in Anspruch genommen wurde. Dafür haben wir vom Land 88 000 Euro ersetzt bekommen, das deckt allerdings nicht den tatsächlichen Ausfall.
Sind höhere Gebühren für Sie denkbar?
Nein, nicht wegen Corona.
Die Stadt Ellwangen hat bereits eine Haushaltssperre verhängt. Wann kommt in Abtsgmünd die Haushaltssperre?
Stand heute wird es keine Haushaltssperre geben. Aber niemand kann sicher sagen, was noch kommt. Unsere Wirtschaft ist weltweit vernetzt. Wenn die Krise in Spanien und Italien oder auch in den USA anhält, trifft das auch die Betriebe in der Region.