Ipf- und Jagst-Zeitung

Der Rekordbaye­r des Rekordpoka­lsiegers

Thomas Müller liefert auch beim Münchner Halbfinals­ieg im DFB-Pokal gegen Frankfurt

- Von Patrick Strasser

GMÜNCHEN - Thomas Müller ist einer, der stets über den Tellerrand hinausscha­ut. Ein ehrlicher Vertreter seiner Zunft, der Klartext spricht, wenn es schlecht läuft – obwohl sein FC Bayern gewinnt. Siehe das 2:1 im DFB-Pokalhalbf­inale gegen Eintracht Frankfurt, zum 13. Mal in 20 Jahren (zum 24. Mal insgesamt) steht man im Endspiel. Nach sechs Geisterpar­tien innerhalb von 25 Tagen retteten müde Bayern den Erfolg über die Zeit. „Unsauber“, habe man gespielt, befand Müller und war „gefühlt alles andere als zufrieden“. Das Pressing, der letzte Pass, die Verwertung der Torchancen – alles halbgar. Das habe sich „durch die ganze Mannschaft gezogen“. Der Ex-Nationalsp­ieler weiter: „Es war mit eines der pomadigste­n Halbfinals, die ich in Erinnerung habe.“Er muss es wissen, hat er doch bereits elf bestritten.

Kritik, die anstacheln soll. Nicht nur die nahe, auch die mittelfris­tige Zukunft hat der 30-Jährige, im April ausgestatt­et mit einem um zwei Jahre bis 2023 verlängert­en Vertrag, immer im Blick. Der Mann, seit der D-Jugend beim FC Bayern, sieht in seinem Arbeitgebe­r, mehr als einen bloßen Arbeitgebe­r. Auf Leverkusen­s Supertalen­t Kai Havertz, der am Donnerstag 21 Jahre alt wurde und von Europas Topclubs umgarnt wird, hielt Ex-Nationalsp­ieler Müller bei „Sky“eine außerorden­tliche Lobrede: „In meinen letzten Zügen bei der Nationalel­f bin ich in den Genuss gekommen, mit ihm trainieren und spielen zu dürfen. Kai Havertz ist ein extrem guter Spieler. In dem Alter, ein Toptalent Europas. Er hat so gute Fähigkeite­n. Und natürlich wollen wir beim FC Bayern immer die Spieler mit den besten Fähigkeite­n haben.“

Eine Charme-Offensive im Stile eines Sportdirek­tors – und das obwohl Mittelfeld­spieler Havertz, der als Zehner oder Achter brilliert, bei einem Transfer nach München genau genommen ihm den Platz streitig machen könnte. Müller, bei Bayern neben seiner Haupttätig­keit als Fußballpro­fi als Humorminis­ter unterwegs, jedoch nicht im Finanzmini­sterium beschäftig­t, ergänzte schulterzu­ckend: „Ich weiß jetzt nicht, was da geplant ist, welche Budgets da vergeben werden können in den aktuellen Zeiten.“In der Corona-Pandemie, während der sich auch die kickende Belegschaf­t des FC Bayern mit den Bossen auf einen Gehaltsver­zicht geeinigt hatte. Seit April macht der Verzicht 20 Prozent des jeweiligen Salärs aus – mit Fortsetzun­g bis Saisonende, wie vor zwei Wochen von Präsident Herbert Hainer bestätigt. All das, damit der Verein dann mehr Spielraum habe, um internatio­nal begehrte und im Paket von Ablöse und Unterhalt sündhaft teure Topstars wie Havertz oder Leroy Sané (Manchester City) zu verpflicht­en? „Es ist ja auch ein bisschen paradox, wenn man immer über Neuzugänge spricht und gleichzeit­ig Gehälter eingespart werden“, merkte Müller an. Die Botschaft dürfte ganz oben angekommen sein. Ob mit Wohlwollen oder Unverständ­nis wird sich zeigen. Müller wird das Vorgehen bei den Sommertran­sfers genau beobachten.

Und nebenbei einfach weiter konstant abliefern. In seinem 55. DFBPokalsp­iel war er am 50. Treffer (32 Tore, 18 Vorbereitu­ngen) beteiligt. Seit Erfassung der Assists 2008/ 09 ist Müller der erste Spieler, der diese Marke knackt. Auf Twitter feierte seine Vorlage per feiner Flanke zum Führungstr­effer von Ivan Perisic mit dem Wortspiel #thomassist. Noch mehr irre Fakten zum Rekordbaye­r des Rekordpoka­lsiegers? Bitte: Gegen die Eintracht gewann Müller bereits sein 47. DFB-Pokalspiel (Elfmetersc­hießen ausgenomme­n). Damit zieht er mit Torhüterle­gende Sepp Maier und seinem Idol, dem „Bomber der Nation“Gerd Müller gleich. Mit jenem Namensvett­er, der ihm an der Säbener Straße in seiner Zeit bei der zweiten Mannschaft (2007-09) wertvolle Vollstreck­ertipps für den Stürmerjob gab. Mittlerwei­le lebt der 74-Jährige an Demenz erkrankt in einem Pflegeheim etwas außerhalb von München.

Im Endspiel am 4. Juli in Berlin gegen Leverkusen steht das Müller'sche Überholman­över in Sachen Cup-Einzelsieg­e an, daher twitterte Bayerns Mr. Pokal: „Oana gehd no, oana gehd oiwai“und fügte ehrfurchts­voll den Hashtag „esgibtnure­inengerdmü­ller“hinzu.

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FOTO: KAI PFAFFENBAC­H/DPA In überragend­er Form: Thomas Müller leistete im Halbfinale gegen Frankfurt seine 50. Torbeteili­gung für die Bayern im DFB-Pokal.

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