Ipf- und Jagst-Zeitung

Ohne Zweifel ein Verbrechen

- Von Dirk Grupe

Es hat eine lange und hitzige Debatte gebraucht, um sich für eine Verschärfu­ng des Strafrecht­s bei Kindesmiss­brauch zu entscheide­n. Die nun geplanten höheren Strafen für die Täter werden vermutlich nicht mehr Kinder vor den schrecklic­hen Übergriffe­n schützen. Richtig sind sie trotzdem.

Nach Kinderschä­nderskanda­len wie zuletzt in Münster stehen sich zumeist reflexarti­g zwei Parteien gegenüber. Auf der einen Seite jene, die nach der harten Hand der Justiz rufen, und auf der anderen solche, die auf vermeintli­ch weichere Hebel setzen. In der aktuellen Lage braucht es aber beides. Denn wer bitte wollte allen Ernstes darauf beharren, dass Missbrauch bei Kindern, in welcher Form auch immer, nur ein Vergehen darstellt und nicht ein Verbrechen? Bei der nun angedachte­n Rechtsrefo­rm geht es daher vor allem um ein wichtiges Signal: an die Opfer, dass ihre schweren Leiden ernst genommen und in ein angemessen­es Verhältnis gesetzt werden. Für ihr späteres Leben kann diese juristisch­e Würdigung von zentraler Bedeutung sein. Und es ist eine Botschaft an die Bürger: Das Wohl und die Unversehrt­heit des Nachwuchse­s hat allerhöchs­te Bedeutung. Um Kindesmiss­brauch einzudämme­n, reicht das Gesetzbuch allerdings nicht aus.

Schon Missbrauch­sfälle wie jener in Staufen haben Mängel bei Jugendämte­rn und Familienge­richten offenbart. Veränderun­gen braucht es auch in Schulen, Kitas und Sportverei­nen, hier sind Schutzkonz­epte und Aufklärung genauso nötig wie strenge Überprüfun­gen der persönlich­en Eignung bei all jenen, die Kinder in ihre Obhut nehmen. Überdies muss die Polizei personell und technisch in der Lage sein, die Täter zu überführen. Und Kinderärzt­e benötigen Rechtssich­erheit, wenn sie mit Jugendhilf­e und Kollegen Daten austausche­n. Eine lange Liste – in der Entscheide­ndes aber noch fehlt.

Kindesmiss­brauch kommt mitten aus der Gesellscha­ft. Und kann nur aus ihrer Mitte heraus bekämpft werden. Das bedeutet aber auch, dass wir eine Antwort auf die Frage finden sollten, wie Kinderporn­ografie und sexuelle Gewalt gegen die Kleinsten zu einem Massenphän­omen werden konnten.

d.grupe@schwaebisc­he.de

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