„310 Brücken sind in schlechtem Zustand“
Amtschef des Verkehrsministeriums zum Problem schwerer Holztransporter
STUTTGART - Dürre, Stürme und Borkenkäfer setzen dem Wald so stark zu wie nie. Die Forstämter in der Region sind sich einig: Gefällte Bäume müssen so schnell wie möglich in Lager außerhalb des Forsts, damit sich die Käfer nicht ausbreiten. Für hilfreich halten die Förster besonders schwer beladene Holztransporter. Doch diese dürfen seit Juni nicht mehr fahren. Verkehrsminister Winfried Hermann verlängerte eine Ausnahmegenehmigung für die Forstleute nicht. Sein Amtschef Uwe Lahl erläutert im Gespräch mit Katja Korf, warum.
Herr Lahl, warum konnten Sie die Ausnahmegenehmigungen nicht verlängern?
Wir hatten mit dem Ministerium Ländlicher Raum vereinbart zu prüfen, wie der Zustand der Brücken in Baden-Württemberg ist. Das Ergebnis: 310 von 7500 Brücken an den Bundes-, Landes- und Kreisstraßen sind in so schlechtem Zustand, dass wir Lkw mit 44 Tonnen Gesamtgewicht nicht mehr generell erlauben können, im Land unterwegs zu sein. Und das sind nur die Brücken, für die das Land zuständig ist. Ich vermute, dass die Lage bei den Brücken der Kommunen noch schlechter ist. Dazu fehlen uns trotz Abfrage verlässliche Zahlen. Wir sind nicht bockig, sondern wir schützen das Landesvermögen, nämlich Straßen und Brücken. Wir geben zusammen mit dem Bund große Beträge aus, um sie instand zu halten – pro Jahr deutlich mehr als eine halbe Milliarde Euro. Übrigens: Der Verband der Bauindustrie hat jetzt öffentlich kundgetan, dass die Sache dort genauso gesehen wird.
Sind die Holztransporte die einzige Ursache für den schlechten Zustand der Brücken?
Natürlich nicht. Der Güterverkehr nimmt ja generell stark zu. Aber die Brücken sind auf bestimmte Lasten ausgelegt. Sie brechen nicht sofort zusammen, wenn ein 44-Tonner darüberfährt. Aber diese schwereren Transporter sind ein weiterer Sargnagel. Durch sie sinkt die Lebensdauer der Bauwerke weiter. Wir haben wegen der Nöte der Waldbesitzer seit 2018 immer wieder Ausnahmen erlaubt, und zwar fürs ganze Land. Aber das geht nicht länger, denn die Rechtslage ist klar. Der Bund erlaubt höchstens 40 Tonnen Gewicht. Wir sind ja weiter bereit, Ausnahmen zu genehmigen. Aber eben nicht pauschal für alle Straßen. Auf Straßenstrecken mit maroden Brücken darf nicht mehr mit erhöhtem Gewicht gefahren werden. Eine neue Brücke kostet je nach Größe rund 500 000 Euro, manchmal sind es sogar mehrere Millionen Euro. Das steht in keinem Verhältnis zu den Kosteneinsparungen der Forstwirtschaft durch den Einsatz der schwereren Transporter.
Waldbesitzer und Forstwirte argumentieren aber nicht mit den Kosten. Sie werfen Ihnen vor „mit grüner Politik braune Bäume“zu verursachen. So werde verhindert, dass Borkenkäferholz rasch aus dem Wald komme. Das begünstige die Ausbreitung der Käfer.
Bei einem Leergewicht von 13 Tonnen darf ein Lkw regulär 27 Tonnen Holz statt ausnahmsweise 31 Tonnen laden. Man muss also entsprechend häufiger fahren, um den Zuladungsunterschied von 15 Prozent auszugleichen. Ob das nun dazu führt, dass Holz länger im Wald liegt oder ob es nicht eher Management- und Kostenprobleme sind, kann ich nicht beurteilen. Aber wir wollen, wenn es unbedingt nötig ist, ja weiter schwerere Transporte zulassen. Deswegen verstehe ich die ganze Aufregung nicht. Wir sind ebenfalls an einer sachgerechten Lösung interessiert.
Seit 1. Juni dürfen die 44-Tonner nicht mehr fahren. Was drohen für Konsequenzen bei Verstößen dagegen?
Die Polizei kontrolliert, ob es Verstöße gibt. Aber darum geht es ja nicht nur. Wenn ein Unfall passiert mit Sachschaden oder Schlimmerem und die Ursache die nicht erlaubte Überschreitung der Zuladung ist, dann hat das gravierende Konsequenzen für Fahrer und Unternehmen.
Agrarminister Hauk wirft Ihrem Haus Wortbruch vor – eine Verlängerung der Genehmigung sei bereits vereinbart gewesen, dann sei dies aber nicht geschehen. Was ist da passiert?
Das kann nur Minister Hauk beantworten. Niemand aus unserem Ministerium hat eine pauschale Verlängerung der Ausnahmen zugesagt. Gepolter mit der Brechstange bringt uns jetzt nicht weiter. Meine Handynummer kennt jeder der Beteiligten. Wir kriegen da gemeinsam etwas hin, wenn wir miteinander reden.
Wie geht es jetzt weiter? Eigentlich wollte uns das Ministerium Ländlicher Raum mitteilen, welche Strecken oder Streckenbündel im Land für den Holztransport unbedingt nötig sind. Das ist aus verschiedenen Gründen bislang nicht passiert. Es soll Gespräche zum Thema geben, noch stehen aber keine Termine. Wir sind jederzeit, auch kurzfristig, dazu bereit.