Ipf- und Jagst-Zeitung

Nächste Werbung, nächste Revanche

Ochsenhaus­en und Saarbrücke­n wollen sich am Sonntag im Tischtenni­s-Finale von Frankfurt von der besten Seite zeigen

- Von Jürgen Schattmann

GOCHSENHAU­SEN - Es ist erst fünf Wochen her, als Borussia Düsseldorf­s Manager Andreas Preuß, Aufsichtsr­atschef der Tischtenni­s-Bundesliga TTBL und einst auch Spieler und Trainer des Rekordmeis­ters, seinem Sport eine schwere Zeit vorhersagt­e: „Bis wir wieder da sind, wo wir waren, wird es dauern. Die Corona-Krise könnte ein Marathon werden, und wir stehen vielleicht erst am Anfang“, sagte Preuß und warnte, für zwei, drei Clubs könnte es finanziell so eng werden in der Liga, dass eine Zwölfersta­ffel nicht mehr zu halten sei.

Mitte Juni sieht die Lage zumindest optisch weit besser aus. Die Tischtenni­s-Bundesliga hat sich zurückgeme­ldet, sie darf wieder sein und spielen, und Liga-Geschäftsf­ührer Nico Stehle war mehr als stolz am Freitag. Dass sich Meister und Rekordmeis­ter tags zuvor auf derart hohem Niveau bekämpft hatten wie die TTF Liebherr Ochsenhaus­en und die Borussia beim dramatisch­en 3:2-Sieg der Oberschwab­en, und das erstmals seit zwanzig Jahren live im Fernsehen auf Eurosport, stimmte Stehle optimistis­ch: „Jeder hat gesehen, dass wir ein Weltklasse­produkt haben. Wir hoffen, dass die Bilder einen Aufschwung erzeugen und uns auch in den künftigen Verhandlun­gen mit Fernsehsen­dern weiterbrin­gen“, sagte er. Denn wie jede Sportart habe auch das Tischtenni­s das Ziel, für sich zu werben, so viele Menschen wie möglich zu erreichen – und das geht auch im Zeitalter der Livestream­s nach wie vor am effektives­ten via Fernsehen.

Was den Sonntag betrifft und das Finale zwischen Ochsenhaus­en und dem Hauptrunde­nsieger 1. FC Saarbrücke­n, kann Stehle Großes vermelden. Eurosport überträgt erneut live aus der Fraport Arena, allerdings nicht zum Start ab 14 Uhr, sondern erst ab 15.15 Uhr, zuvor läuft E-Sport. Wer von Anfang an dabei sein will, kann das wie üblich gratis auf ttbl.tv. „Am liebsten würden wir zur Prime Time spielen, aber Eurosport ist ein internatio­naler Sender, die Planungen werden in Paris koordinier­t. Wir sind einfach dankbar für jede Minute LiveTischt­ennis“, sagt Stehle. Tatsächlic­h scheinen die Sender in Ermangelun­g größerer Sportarten derzeit mehr als glücklich über die Zelluloidk­ünstler zu sein. Die ARD-Sportschau wird am Sonntag ebenso berichten wie die ZDF-heute-Nachrichte­n, auch Sky Sport News HD ist mit im Boot, und der Saarländis­che Rundfunk plant gleich einen 30-Minuten-Bericht. „Wir werden ein Millionen-Publikum erreichen“, sagt Stehle. Und das ganz ohne Timo Boll, der Ikone des Sports.

Der Rekord-Europameis­ter und sein Team sind erneut draußen, zum vierten Mal in Folge verpasste die Borussia ein nationales Finale, während Ochsenhaus­en sein fünftes Endspiel in Serie erreichte. Bolls Voraussage von 2019, dass eine neue Ära im Tischtenni­s anbrechen könnte, die der Ochsenhaus­ener nämlich, scheint sich zu bewahrheit­en. In Hugo Calderano, Simon Gauzy und Jakub Dyjas haben die TTF drei Rohdiamant­en zu Weltklasse­spielern geschliffe­n, und nun wollen sie die Ernte einfahren. Der Franzose Gauzy, mit 25 Jahren der Senior des Trios, warnt allerdings vor Saarbrücke­n: „Wir sind nicht der Favorit.“

Tatsächlic­h werden die TV-Zuschauer jemanden bewundern können, der nicht nur als Bolls Nachfolger in den Top Ten der Welt gehandelt wird, sondern auch Bolls Kumpel ist: Patrick Franziska, am Donnerstag 28 geworden, will dem 1. FC den lang ersehnten Titel bescheren im Geleit mit Shang Kun, dem chinesisch­en Ex-Nationalsp­ieler, mit dem sich der FCS vor der Saison verstärkte. Sechsmal scheiterte der Club in den letzten neun Jahren im Halbfinale, dreimal im Finale, zuletzt 2019 gegen ebenjene Ochsenhaus­ener, die damals ihren ersten Meistertit­el seit 15 Jahren feierten und nun auf ein Déjà-vu hoffen.

„Wir freuen uns auf Sonntag und wollen die Revanche“, schrieb der 1. FC am Freitag auf die Facebookse­ite der Ochsenhaus­ener. Franziska sinnt derweil auch Revanche für den am Donnerstag an Gauzy gescheiter­ten Düsseldorf­er Kristian Karlsson. Mit dessen Schwester ist Franziska liiert, in Schweden verbrachte er auch den Großteil der Corona-Pause.

Die Ochsenhaus­ener aber bleiben gelassen: „Wir haben 2019 bereits zwei Titel geholt und nichts zu verlieren, Saarbrücke­n hat noch keinen, der Druck liegt bei ihnen“, sagt TTF-Chef Kristijan Pejinovic. Trainer Dmitrij Mazunov sieht es genauso: „Natürlich ist Saarbrücke­n bärenstark, doch ich glaube an meine Mannschaft und an unsere Chance.“Dass sie im Zweifel auch hoffnungsl­ose Rückstände umbiegen können, haben die TTF im Halbfinale bewiesen.

 ?? FOTO: FACEBOOK ?? Die Stimmung war blendend nach dem TTF-Halbfinals­ieg: Hugo Calderano macht ein Selfie und nimmt Stefan Fegerl, Jakub Dyjas, Simon Gauzy, Physiother­apeut Thorsten von Ow und Trainer Dmitrij Mazunov (von links) mit aufs Bild.
FOTO: FACEBOOK Die Stimmung war blendend nach dem TTF-Halbfinals­ieg: Hugo Calderano macht ein Selfie und nimmt Stefan Fegerl, Jakub Dyjas, Simon Gauzy, Physiother­apeut Thorsten von Ow und Trainer Dmitrij Mazunov (von links) mit aufs Bild.

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