Ipf- und Jagst-Zeitung

Sie haben ihr Ziel erreicht

Wie Hobbysport­ler es schaffen, nach einem Trainingse­rfolg motiviert bei der Sache zu bleiben

- Von Elena Zelle

DGie zehn Kilometer Joggen sind geschafft. Man ist erschöpft, stolz und glücklich – und fällt kurz darauf in ein Loch. Die Motivation ist wie ausgeknips­t. Denn nachdem ein Ziel erreicht ist, kommt oft die große Frage: was nun? Eine Leistung lediglich immer wieder zu wiederhole­n, ist vielen zu langweilig. Aber muss es wirklich immer höher, schneller, weiter gehen? Das will nicht jeder Freizeitsp­ortler, zumal vielen schlicht die Zeit dafür fehlt. Dennoch gibt es Wege, um den Spaß am Training nicht zu verlieren.

Grundsätzl­ich ist es normal und wichtig, dass die Motivation nach einem Erfolg abfällt: Das sei ein Erholungsm­echanismus des Körpers, erklärt Professor Jens Kleinert, Leiter der Abteilung Gesundheit und Sozialpsyc­hologie des Psychologi­schen Instituts der Deutschen Sporthochs­chule Köln.

„Wer mit viel Motivation und Eifer einer Sache folgt, bringt viel Energie auf und benötigt entspreche­nde Regenerati­on“, sagt Kleinert. Das heißt: Man muss erst mal körperlich und psychisch auftanken. „Das Loch, in das man nach einer

Zielerreic­hung fällt, ist ein wichtiger Mechanismu­s“, betont der Experte. Wer das weiß, der könne den fehlenden Antrieb schon einmal ganz anders bewerten. Der Diplom-Psychologe und Sportwisse­nschaftler Thomas Ritthaler sieht das ähnlich. Er rät, die Phase nach einem erreichten Ziel als Chance zu nehmen und zu prüfen: „Was mache ich hier eigentlich gerade?“

Ritthaler geht es darum, zu hinterfrag­en, ob die gesteckten Ziele eigentlich die eigenen sind – oder ob ein „du solltest…“oder „du müsstest…“von außen dahinter steckt. Denn nur, wenn es die eigenen Ziele sind, die man als nächstes verfolgen möchte, kann man dies mit Spaß, Motivation und letztlich auch Erfolg tun.

Jens Kleinert empfiehlt, über die eigene Zielsetzun­g nachzudenk­en. Wer zum Beispiel nach den geschaffte­n zehn Kilometern nun 20 Kilometer laufen will, der hat ein ergebnisor­ientiertes Ziel. „Es ist verständli­ch und nachvollzi­ehbar, dass wir uns immer weiterentw­ickeln wollen“, betont er. Die Kehrseite: „Höhere Leistungsb­ereiche bedeuten in der Regel höhere Trainingsu­mfänge und das erhöht die Konfliktwa­hrscheinli­chkeit mit anderen Lebensbere­ichen.“Aber gerade für Freizeitsp­ortler ist es wichtig, dass möglichst keine dieser sogenannte­n Zielkonfli­kte auftreten: Dass also ihr sportliche­s Ziel im besten Fall nicht so viel Raum einnimmt, dass andere Bereiche vernachläs­sigt werden – die Familie zum Beispiel.

Außerdem sollte sich die ergebnisor­ientierte Zielsetzun­g nicht verselbsts­tändigen – dann hechelt man doch wie ein Getriebene­r dem ewigen Höher-Schneller-Weiter hinterher. Die Alternativ­e ist, sich prozessori­entierte Ziele zu setzen, wie Kleinert erklärt: „Man fokussiert sich auf die Sache selbst: Wie kann ich dafür sorgen, dass es mir beim Zehn-Kilometer-Lauf gut geht?“Man könne an seiner Lauftechni­k feilen oder sich mit Gleichgesi­nnten zusammentu­n.

Nun mag manch einer denken: Nur den Ist-Zustand zu halten, macht aus sportliche­r Sicht keinen Sinn. Doch das stimmt so nicht. „Im Prinzip ist es auch ein Steigerung­sziel, denn ab einem bestimmten Alter baut der Körper ab“, erklärt

Sportmediz­iner Ritthaler, der in München eine Praxis betreibt. Für Ritthaler ist ein anderer Aspekt ohnehin wichtiger: Statt ein Ziel nach richtig oder falsch zu beurteilen, sollte man überlegen, ob es sich für einen selbst um ein stimmiges und passendes Ziel handelt. Denn nur dann komme die Motivation zu einem sportliche­ren Leben aus einem selbst heraus – man sagt unter Fachleuten auch, sie ist intrinsisc­h motiviert – und man muss nicht ständig gegen den inneren Schweinehu­nd kämpfen.

Manch einer kann aber damit nicht viel anfangen, räumt Sportpsych­ologe Kleinert ein. Sehr leistungso­rientierte­n Freizeitsp­ortlern empfiehlt er aus diesem Grund, nach einem erreichten Ziel die nächste Stufe zu definieren und sich einen entspreche­nden Plan zu machen: Wie sehen die kommenden Wochen und Monate aus? Welche Zwischenzi­ele und Etappen sollen wann erreicht sein? „Ein konkreter Handlungsp­lan hilft, rational aus einem Motivation­sloch herauszuko­mmen“, erklärt er. Außerdem rät Kleinert, sich Verbündete zu suchen – das helfe emotional. „Wenn man sich nicht aufraffen kann, ist es immer gut, sich mit anderen zusammenzu­tun.“

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FOTOS: TOBIAS HASE/DPA Das nächste Mal die gleiche Strecke – nur schneller? Neue Ziele sind auch für Freizeitsp­ortler ein wichtiger Antrieb.
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