Ipf- und Jagst-Zeitung

Kein großer Fang im Restaurant Karpfen

- Von Erich Nyffenegge­r

Grundsätzl­ich ist es eine sehr gute Nachricht, dass im Restaurant Karpfen in Illmensee bei wechselhaf­tem Wetter an diesem Sonntagmit­tag viele Menschen auf der Terrasse in die Sonne blinzeln. Einige Gäste beleben auch das geschmackv­oll eingericht­ete Innere, dominiert von hellem Holz und dunklem Leder. Alles wirkt außerorden­tlich gepflegt, der maskierte Kellner ist auch durch das Flies vor seinem Mund hindurch ein toller Gastgeber.

Die Karte ist eine Überraschu­ng: Die Verheißung des Namens „Karpfen“erfüllt lediglich ein Fischgeric­ht auf der Karte: Zanderfile­t. Darüber hinaus finden sich die üblichen fleischige­n Verdächtig­en – verschiede­ne Schnitzel, Kässpätzle sowie diverse Bratenvari­ationen. Nostalgisc­hes außerdem: Gulaschsup­pe und Toast Hawaii. Erstere eröffnet den Speisereig­en – und markiert keinen Höhepunkt.

Die rote Flüssigkei­t

wirkt am Gaumen unangenehm künstlich und deutet auf Pulver hin. Die Fleischein­lage ist Schwein und sieht nicht so aus, als sei sie in der Suppe gegart worden – sondern später dazugekomm­en. Die altbackene­n Scheiben von einer Seele können diese Vorspeise nicht retten.

Deutlich frischer geht es da bei den Salaten zu, auch wenn der Kartoffels­alat zu trocken ist: Kraut und Karotte sind erfreulich gut abgeschmec­kt. Ein säuerliche­s Dressing – diesmal ohne das unangenehm­e Prickeln von Hefeextrak­t – frischt die schönen Blätter geschmackl­ich sehr gut auf. Die Salatvaria­tion mit Mangohuhn bringt einen fruchtigen Akzent mit, auch wenn das Fleisch zu lasch angebraten ist. Viel Humor braucht der Schwabe auch bei den als „Abgeschmel­zte Käsespätzl­e“servierten Teigwaren. Der Käse ist geschmackl­ich so unauffälli­g,

dass seine Zuordnung

kaum möglich ist. Charakter wie etwa Bergkäse besitzt er jedenfalls nicht. Die viel zu hell gebratenen Zwiebeln haben keine Chance bekommen, süßlich-feine Röstaromen zu entwickeln.

Der Kalbsrahmb­raten hat da zum Glück deutlich mehr zu bieten. Zum Beispiel eine Soße von tiefgründi­ger Schwere, die im Wesentlich­en vom Fleisch und nicht von Pulvern herrührt. Die Scheiben vom Kalb sind schön zart, in der Rolle der buttrigen Begleitung machen auch die langen Spätzle eine bessere Figur. Ein paar gebratene Steinchamp­ignons sowie geröstete Brotwürfel runden hübsch ab. Die Gemüse-Eskorte, bestehend aus Blumenkohl, Karotten sowie Zucchini, hat jeweils noch einen schönen Biss. Warum die Küche allerdings an der Luft durch Oxidation braun gewordene Apfelschei­ben auf den Tellern für hübsche Dekoration hält, bleibt ein Mysterium.

Das Schweinesc­hnitzel Wiener Art hinterläss­t wohlwollen­d betrachtet einen soliden Eindruck, wobei die knusprigen Pommes doch das

Beste sind, was auf diesem Teller liegt. Damit vermittelt das Restaurant Karpfen mit seiner wundervoll­en Lage am Illmensee rund 20 Kilometer nördlich des Bodensees einen eher zwiespälti­gen Eindruck. Und dass die Küche über Potenzial verfügt, das sie aber nicht ausschöpft. Vielleicht ist das auch auf Tagesausfl­ügler ausgericht­ete Konzept einfach ein anderes. Eindeutig befremdlic­h ist aber der Schluss: Im Karpfen ist nur Barzahlung möglich, sodass der Gast extra zur Bank gehen muss, um seine Zeche zu begleichen. Guter Service geht anders.

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FOTO: NYF Sonntagskl­assiker: Kalbsrahmb­raten mit Champignon­s und Brotwürfel­n, begleitet von Spätzle und Gemüse.
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