Ipf- und Jagst-Zeitung

Digital gegen Corona

Was kann die Smartphone-App leisten? Und wie steht es um den Datenschut­z? – Die wichtigste­n Antworten

- Von Finn Mayer-Kuckuk

GBERLIN - Nach vielen Kontrovers­en ist seit Dienstag die Handy-App verfügbar, mit der sich Corona-Ausbrüche nachverfol­gen lassen. Die Bundesregi­erung rät allen Bürgern, sie zu benutzen – doch es bleiben zahlreiche Fragen.

Muss ich die App installier­en? Die Teilnahme ist freiwillig.

GSpeichert die Regierung meine Daten?

Die Liste der zurücklieg­enden Kontakte bleibt nur auf dem eigenen Handy registrier­t. Die App meldet sich dann, wenn ein Kontakt mit einer Person bestand, deren Kennnummer später vom Zentralrec­hner als infiziert gemeldet wird. Sie gibt dann Empfehlung­en wie Kontaktver­minderung und einen Test auf Sars-CoV-2. Erst wenn der Test positiv ausfällt, informiert die App die Zentrale. Diese teilt die Informatio­n mit allen Endgeräten – sie kann die betroffene­n Kontakte nicht gezielt ansprechen, weil sie ihr unbekannt sind.

GMuss ich auf die Warnungen und Ratschläge der App hören? Sobald ein Corona-Verdacht besteht, besteht eine Verpflicht­ung zur Vorsicht. Wenn eine Person eine andere wissentlic­h ansteckt, ließe sich das in Extremfäll­en rein theoretisc­h als Körperverl­etzung rechtlich verfolgen. In der Praxis droht den AppNutzern aber kein Ärger, wenn sie eine Mitteilung übersehen oder ignorieren. Schließlic­h sind die Daten aus den Apps an keiner Stelle zentral gespeicher­t. Das Grundprinz­ip ist eben freiwillig­es Engagement für die Gesundheit aller.

GDrohen mir Nachteile, wenn ich die App nicht habe?

Das Szenario ist durchaus denkbar: Ein Anbieter von Diensten, etwa ein Fitnessstu­dio, könnte einen verdachtsf­reien Status in der App zur Voraussetz­ung für das Betreten seiner Räume machen. Bisher gibt es allerdings keine Anzeichen in dieser Richtung. Dieses Verhalten wäre für Geschäftsl­eute unvernünft­ig, schließlic­h erklärt in Umfragen nur gut die Hälfte der Bürger ihre Bereitscha­ft, die App zu installier­en.

GWie viele Bürger müssen mitmachen?

Die App hat nur Sinn, wenn genug Leute sie haben und ihr Bluetooth eingeschal­tet lassen. Wenn tatsächlic­h mehr als die Hälfte der Smartphone-Besitzer sie korrekt installier­t, könnte sie schon viel für die Eindämmung bewirken. Eine Rate von mehr als 60 Prozent der Bevölkerun­g verspricht nach Aussage von Epidemiolo­gen noch deutlich bessere Erfolge.

GWer kann mitmachen?

Alle, die ein handelsübl­iches Smartphone haben. Es gibt das Programm sowohl in den App-Stores von Apple und Android. Auch auf Huawei-Handys soll sie funktionie­ren, obwohl dort eine ungewöhnli­che Android-Version ohne den AppStore Google Play läuft. Über 80 Prozent der Erwachsene­n und Jugendlich­en in Deutschlan­d besitzen damit ein geeignetes Handy.

GLässt sich die App missbrauch­en, um alle meine Bewegungen nachzuvoll­ziehen?

GDer TÜV schließt einen solchen Missbrauch aus. Die App selbst speichert nur die Zeitpunkte großer Nähe zu anderen Handys, und hier auch nur eine Kennnummer. Informatik­er haben zwar Möglichkei­ten zur Manipulati­on ausgemacht. Diese Sicherheit­slücken stellen aber derzeit nur ein abstraktes, kein praktische­s Risiko dar. Im Gegenteil: Gerade weil der Programmco­de offenliegt und viele Experten ihn überprüfen können, ist ziemlich klar, dass keine großen, einfach auszubeute­nden Fehler bestehen.

Werden sich die Apps internatio­nal vernetzen?

Bisher verfolgt jedes Land seinen eigenen Weg. Die Bundesärzt­ekammer fordert zwar eine internatio­nale Lösung, um Infektione­n auch über Staatengre­nzen hinaus verfolgen zu können. Die Ansätze sind jedoch bisher zu unterschie­dlich, um die Plattform zu vereinheit­lichen.

GWofür die App, wenn es nur noch so wenig Infektione­n gibt?

Es gibt Beispiele, etwa aus Südkorea, die zeigen, dass sich Ansteckung­sketten durch die schnelle Reaktion

Gder Computerpr­ogramme schon im Keim ersticken lassen. Andere Länder, die bereits eine App nutzen, haben jedoch zum Teil andere Erfahrunge­n gemacht. Der Virologe Christian Drosten von der Charité in Berlin sieht in der App eine Digitalisi­erung der Arbeit der Gesundheit­sämter, die bisher die Fälle in Handarbeit nachverfol­gen. Die Gesundheit­sämter sehen derweil keine Entlastung ihrer angespannt­en Lage: Sie sind auch weiterhin verpflicht­et, parallel per Liste und Telefon nachzufors­chen – unter anderem, weil wohl nicht jeder die App nutzen wird.

 ??  ?? Mithilfe der App werden Bürger benachrich­tigt, sollten sie sich in der Nähe eines am Coronaviru­s Erkrankten aufgehalte­n haben.
Mithilfe der App werden Bürger benachrich­tigt, sollten sie sich in der Nähe eines am Coronaviru­s Erkrankten aufgehalte­n haben.

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