BUND warnt vor wachsender Wasserknappheit in Deutschland
Studien erwarten auch im Süden weniger Regen – Naturschützer fordern Renaturierungen – Landwirtschaft weist Vorwürfe zurück
GBERLIN - Auf den ersten Blick passen die Daten nicht zu den Mahnungen der Naturschützer: Die Pegel der jungen Donau und der Schussen liegen derzeit überwiegend im Normalbereich, für die Argen meldet die Internetseite der baden-württembergischen Landesumweltanstalt (LUBW) nach dem starken Regen vom Wochenende Hochwasser.
Doch das ist nur eine Momentaufnahme, die sogar zur Prognose passt, die der Bund für Umwelt und Naturschutz (BUND) am gleichen Tag aufstellt: Dass es wegen des Klimawandels in Deutschland künftig zwar insgesamt weniger regnet. Aber es dann, wenn es denn regnet, umso heftiger vom Himmel kommen kann.
Gänzlich überraschend kommt auch diese Analyse des BUND nicht. Längst ist Niedrigwassermanagement in Deutschland kein Exklusivthema der ostdeutschen Bundesländer mehr. Bereits vor etwa zehn Jahren warnte die LUBW, dass Niedrigwasser bis zum Jahr 2050 „insbesondere im Sommerhalbjahr flächendeckend“und „großräumig“ auftreten werden. Damit können „bedeutende ökologische und volkswirtschaftliche Schäden einhergehen“, schreibt das Amt. Deutliche Pegel-Abnahmen erwartet die LUBW-Prognose für die Albregion zwischen Jagst, Neckar und Donau sowie rund um die Bodenseezuflüsse Rotach, Schussen und Argen.
BUND-Chef Olaf Bandt erklärt es zum obersten Ziel, das Wasser so lange wie möglich in der Landschaft zu halten und Bächen und Flüssen ihre Auen zurückzugeben. Begradigte Flüsse würden die kommende Krise nur verschärfen: „Wir heizen die Erde weiter auf, gleichzeitig entwässern wir die Landschaft. Deshalb ist es keine Überraschung, dass es unseren heimischen Gewässern so schlecht geht“, erklärt er. Schelte gibt es vom BUND für die Politik und die Landwirtschaft: Nur acht Prozent der Fließgewässer in Deutschland seien derzeit in einem guten ökologischen Zustand. Nicht nur Klimawandel und Begradigungen, auch Flächenversiegelung und Stickstoffeinträge der Landwirtschaft würden den Wasserhaushalt zusätzlich belasten. Der BUND fordert neben Renaturierungen von Flussauen und dem Rückbau von Drainagen einen Baustopp für neue Straßen, eine gezieltere Bewässerung von Feldern (am besten nur nachts), den Anbau weniger durstiger Pflanzen und eine EU-Agrarpolitik, die Wassersparen belohnt.
Der BUND erwartet künftig mehr Streit ums Wasser – und steht damit nicht allein: Auch der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW) warnt. Zwar habe es auch in den Dürrejahren 2018/2019 keine Trinkwasserknappheit in Deutschland gegeben, betont BDEWVertreter Martin Weyand. Doch habe die „regional und temporär stark steigende Nachfrage nach Wasser vereinzelt lokale Ressourcen und technische Infrastruktur, wie Pumpen und Leitungen ausgelastet“, sagt er. Der BDEW fordert, „der Trinkwasserversorgung der Bevölkerung klare Priorität gegenüber der landwirtschaftlichen Nutzung von Wasserressourcen“einzuräumen.
Der Deutsche Bauernverband (DBV) sieht seinen Berufsstand zu Unrecht vom BUND ins Visier genommen. „Flussauen speichern kein Wasser, das ist Augenwischerei. Das müssen Wälder und Böden tun – hier müssen wir ansetzen!“, erklärt DBVGeneralsekretär Bernhard Krüsken auf Anfrage der „Schwäbischen Zeitung“. Auch Krüsken ist für ein grundlegendes Umdenken, meint aber etwas anderes als der BUND: Nämlich Bewässerungsinfrastruktur für besonders trockene Regionen, die Züchtung von Pflanzen, die mit weniger Wasser auskommen und die Förderung pflugloser Bodenbearbeitung. Die BUND-Vorschläge gehen dem DBV zu weit: „Wir können den Obst- und Gemüseanbau in Deutschland unmöglich auf extensiven Hirseanbau umstellen“, erklärte er der „Schwäbischen Zeitung“. Dass die Bewässerung ein großes Problem ist, weist Krüsken zurück: Nur 1,2 Prozent des gesamten in Deutschland genutzten Wassers gingen in die Beregnung.