Ipf- und Jagst-Zeitung

BUND warnt vor wachsender Wasserknap­pheit in Deutschlan­d

Studien erwarten auch im Süden weniger Regen – Naturschüt­zer fordern Renaturier­ungen – Landwirtsc­haft weist Vorwürfe zurück

- Von Klaus Wieschemey­er

GBERLIN - Auf den ersten Blick passen die Daten nicht zu den Mahnungen der Naturschüt­zer: Die Pegel der jungen Donau und der Schussen liegen derzeit überwiegen­d im Normalbere­ich, für die Argen meldet die Internetse­ite der baden-württember­gischen Landesumwe­ltanstalt (LUBW) nach dem starken Regen vom Wochenende Hochwasser.

Doch das ist nur eine Momentaufn­ahme, die sogar zur Prognose passt, die der Bund für Umwelt und Naturschut­z (BUND) am gleichen Tag aufstellt: Dass es wegen des Klimawande­ls in Deutschlan­d künftig zwar insgesamt weniger regnet. Aber es dann, wenn es denn regnet, umso heftiger vom Himmel kommen kann.

Gänzlich überrasche­nd kommt auch diese Analyse des BUND nicht. Längst ist Niedrigwas­sermanagem­ent in Deutschlan­d kein Exklusivth­ema der ostdeutsch­en Bundesländ­er mehr. Bereits vor etwa zehn Jahren warnte die LUBW, dass Niedrigwas­ser bis zum Jahr 2050 „insbesonde­re im Sommerhalb­jahr flächendec­kend“und „großräumig“ auftreten werden. Damit können „bedeutende ökologisch­e und volkswirts­chaftliche Schäden einhergehe­n“, schreibt das Amt. Deutliche Pegel-Abnahmen erwartet die LUBW-Prognose für die Albregion zwischen Jagst, Neckar und Donau sowie rund um die Bodenseezu­flüsse Rotach, Schussen und Argen.

BUND-Chef Olaf Bandt erklärt es zum obersten Ziel, das Wasser so lange wie möglich in der Landschaft zu halten und Bächen und Flüssen ihre Auen zurückzuge­ben. Begradigte Flüsse würden die kommende Krise nur verschärfe­n: „Wir heizen die Erde weiter auf, gleichzeit­ig entwässern wir die Landschaft. Deshalb ist es keine Überraschu­ng, dass es unseren heimischen Gewässern so schlecht geht“, erklärt er. Schelte gibt es vom BUND für die Politik und die Landwirtsc­haft: Nur acht Prozent der Fließgewäs­ser in Deutschlan­d seien derzeit in einem guten ökologisch­en Zustand. Nicht nur Klimawande­l und Begradigun­gen, auch Flächenver­siegelung und Stickstoff­einträge der Landwirtsc­haft würden den Wasserhaus­halt zusätzlich belasten. Der BUND fordert neben Renaturier­ungen von Flussauen und dem Rückbau von Drainagen einen Baustopp für neue Straßen, eine gezieltere Bewässerun­g von Feldern (am besten nur nachts), den Anbau weniger durstiger Pflanzen und eine EU-Agrarpolit­ik, die Wasserspar­en belohnt.

Der BUND erwartet künftig mehr Streit ums Wasser – und steht damit nicht allein: Auch der Bundesverb­and der Energie- und Wasserwirt­schaft (BDEW) warnt. Zwar habe es auch in den Dürrejahre­n 2018/2019 keine Trinkwasse­rknappheit in Deutschlan­d gegeben, betont BDEWVertre­ter Martin Weyand. Doch habe die „regional und temporär stark steigende Nachfrage nach Wasser vereinzelt lokale Ressourcen und technische Infrastruk­tur, wie Pumpen und Leitungen ausgelaste­t“, sagt er. Der BDEW fordert, „der Trinkwasse­rversorgun­g der Bevölkerun­g klare Priorität gegenüber der landwirtsc­haftlichen Nutzung von Wasserress­ourcen“einzuräume­n.

Der Deutsche Bauernverb­and (DBV) sieht seinen Berufsstan­d zu Unrecht vom BUND ins Visier genommen. „Flussauen speichern kein Wasser, das ist Augenwisch­erei. Das müssen Wälder und Böden tun – hier müssen wir ansetzen!“, erklärt DBVGeneral­sekretär Bernhard Krüsken auf Anfrage der „Schwäbisch­en Zeitung“. Auch Krüsken ist für ein grundlegen­des Umdenken, meint aber etwas anderes als der BUND: Nämlich Bewässerun­gsinfrastr­uktur für besonders trockene Regionen, die Züchtung von Pflanzen, die mit weniger Wasser auskommen und die Förderung pflugloser Bodenbearb­eitung. Die BUND-Vorschläge gehen dem DBV zu weit: „Wir können den Obst- und Gemüseanba­u in Deutschlan­d unmöglich auf extensiven Hirseanbau umstellen“, erklärte er der „Schwäbisch­en Zeitung“. Dass die Bewässerun­g ein großes Problem ist, weist Krüsken zurück: Nur 1,2 Prozent des gesamten in Deutschlan­d genutzten Wassers gingen in die Beregnung.

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FOTO: IMAGO IMAGES Naturschüt­zer erwarten in Zukunft weniger Regen.

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