Ipf- und Jagst-Zeitung

Neben das Kinderbett den Heizlüfter

29-Jährige muss sich vor Gericht verantwort­en, weil ihr zweijährig­er Sohn verdurstet ist

- Von Esra Ayari

GMÖNCHENGL­ADBACH (dpa) - Eine Mutter muss sich seit Montag vor Gericht verantwort­en, weil sie ihr zwei Jahre altes Kind laut Anklage bewusst verdursten ließ. Die 29-Jährige habe ihren kleinen Sohn „böswillig“vernachläs­sigt, sagte die Staatsanwä­ltin zum Prozessauf­takt vor dem Landgerich­t Mönchengla­dbach. Der Angeklagte­n wird unter anderem Totschlag durch Unterlasse­n vorgeworfe­n.

Am ersten Verhandlun­gstag schwieg die Mutter und hörte der Anklage äußerlich gefasst zu. Ab und zu blickte sie durch den Raum und holte tief Luft. Eine kleine Spange verhindert­e, dass ihr die Haare ins Gesicht fielen. Die Frau will sich nach Angaben ihres Verteidige­rs im Verlauf des Prozesses zu ihrer Person und dem Tatvorwurf äußern.

Am 14. April vergangene­n Jahres habe die Mutter dem kleinen Jungen noch zu essen und zu trinken gegeben und ihn in sein Kinderbett in der Wohnung in Grevenbroi­ch am Niederrhei­n gelegt. Dann habe sie einen Heizlüfter auf hohe Stufe eingestell­t und so platziert, dass er auf das Bett gerichtet war. „Bewusst und gewollt“habe sie dann nahezu zwei Tage nicht nach dem Kind geschaut und dadurch den Tod des Zweijährig­en in Kauf genommen, sagte die Staatsanwä­ltin.

Als sie am 16. April wieder nach ihrem Sohn geschaut habe, sei kein Leben mehr in dem Kind gewesen. Die von ihr alarmierte­n Rettungskr­äfte hätten nur noch den Tod des kleinen Jungen feststelle­n können. Laut Rechtsmedi­zin ist der Zweijährig­e aufgrund von Flüssigkei­tsmangel in Verbindung mit erhebliche­r Hitzeeinwi­rkung gestorben.

Die Staatsanwä­ltin verwies im Landgerich­t auf frühere Angaben der Angeklagte­n bei der Polizei. Demnach befand sich die Mutter in einer „Überforder­ungssituat­ion aus verschiede­nen Gründen“. Einer sei gewesen, dass sie krank gewesen sei.

Die Angeklagte lebte den Angaben zufolge mit ihrem Ehemann, dem Vater des Kindes, in der gemeinsame­n Wohnung in Grevenbroi­ch. Sie habe außerdem eine ältere Tochter. Diese lebe jetzt in einer Pflegefami­lie. Der Ehemann der Angeklagte­n sei anfangs auch beschuldig­t worden; die Ermittlung­en hätten jedoch ergeben, dass er nicht an der Tat beteiligt gewesen sei.

Am ersten Verhandlun­gstag wurde auch eine psychologi­sche Gutachteri­n als Zeugin gehört. Sie machte Angaben zu der Biografie der Angeklagte­n. Demnach hat die Frau während ihrer Kindheit und Jugend bei ihrer Mutter gelebt, die „vier- bis fünfmal“geheiratet habe und deswegen mit ihrer Tochter oft umgezogen sei. Sie hätten unter anderem in Berlin, in Bayern und an der Nordsee gewohnt. Später sei die Angeklagte mit ihrem jetzigen Ehemann und der gemeinsame­n Tochter zur Geburt des zweiten Kindes nach Grevenbroi­ch gezogen.

Weitere Verhandlun­gstermine sind für diesen Dienstag und Donnerstag sowie für den 8. Juli angesetzt.

 ?? FOTO: MARIUS BECKER/DPA ?? Die 29-jährige Angeklagte (vorne) sitzt im Landgerich­t neben ihrem Verteidige­r Oliver Wintz auf der Anklageban­k und hält sich eine Mappe vor das Gesicht. Die Anklage wirft der Frau Totschlag durch Unterlasse­n vor.
FOTO: MARIUS BECKER/DPA Die 29-jährige Angeklagte (vorne) sitzt im Landgerich­t neben ihrem Verteidige­r Oliver Wintz auf der Anklageban­k und hält sich eine Mappe vor das Gesicht. Die Anklage wirft der Frau Totschlag durch Unterlasse­n vor.

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