Ipf- und Jagst-Zeitung

Rap gegen Rassismus

Run The Jewels prangern Ungerechti­gkeiten an und erhalten dabei prominente Unterstütz­ung

- Von Dyfed Loesche

GBERLIN (dpa) - Inhaltlich gibt es in den USA derzeit kaum relevanter­en Hip-Hop als den von Run the Jewels. Mit ihrem vierten Studioalbu­m widmen sich die Rapper aus Atlanta und New York den gesellscha­ftlichen Problemen, die dazu führen, dass derzeit US-Großstädte in Aufruhr sind. Auf dem Track „Walking in The Snow“– noch vor dem Tod des Afroamerik­aners George Floyd bei einem brutalen Polizeiein­satz in Minneapoli­s – heißt es: „Und jeden Tag flößen sie dir in den Abendnachr­ichten gratis Angst ein / Und du bist so abgestumpf­t, dass du dem Polizisten dabei zuguckst / Wie er einen Mann wie mich erdrosselt / Bis meine Stimme von einem Schrei zu einem geflüstert­en „Ich kann nicht atmen“wird.“Killer Mike beschreibt auf dem Album „RTJ4“von Run The Jewels vorweg die Szene, die sich in Minneapoli­s dann abspielte.

Spontan zogen Run The Jewels – das sind die Rapper Killer Mike und EL-P – die Veröffentl­ichung ihres vierten Studioalbu­ms vor. Das Album kann auf der Webseite kostenlos oder gegen Spenden herunterge­laden werden. Die Spenden gehen an den „National Lawyers Guild Mass Defense Fund“. Das Netzwerk aus Anwälten und Jurastuden­ten unterstütz­t politische Aktivisten, Demonstran­ten und Bewegungen für gesellscha­ftliche Veränderun­gen.

Run the Jewels machen seit ihrem Erstlingsw­erk von 2013 Hip-Hop mit intensiven Beats und Texten, die teils düster sind, aber auch Humor haben. Sie schrecken nicht vor den genretypis­chen Provokatio­nen und Übertreibu­ngen zurück. Killer Mike und EL-P nehmen sich dabei zwar selbst nicht immer bierernst, liefern aber meist ernsthafte Texte, die sich gegen Rassismus, Polizeigew­alt und hohlen Kommerz richten.

Killer Mike war prominente­r Unterstütz­er des linksgeric­hteten ehemaligen Präsidents­chaftskand­idaten der Demokraten, Bernie Sanders. Es wundert nicht, dass er nach dem Vorfall,

als sich die Proteste von Minneapoli­s im Norden der USA bis in seine Heimatstad­t Atlanta in den Südstaaten ausgebreit­et hatten, vor die Kameras trat. In einer emotionale­n Ansprache, teils mit tränenerst­ickter Stimme, sagte er: „Ich bin rasend vor Wut! Ich wachte gestern auf und wollte die Welt niederbren­nen sehen. Ich bin es leid, schwarze Männer sterben zu sehen.“Aber der Sohn eines Polizisten aus Atlanta sagte auch an die wütenden Demonstran­ten gerichtet: „Es ist meine Pflicht hier zu sein, einfach um zu sagen, dass es eure Pflicht ist, nicht euer eigenes Haus niederzubr­ennen, aus Wut gegenüber einem Feind.“Das Video, in dem Killer Mike wie eine wortgewalt­ige Galionsfig­ur einer neu entfachten Bürgerrech­tsbewegung wirkt, ging viral – war zeitweilig sogar das meistgeseh­ene Video auf BBC News.

Auf „RTJ4“hat passenderw­eise auch Zack de la Rocha einen Gastauftri­tt auf dem Titel „Ju$t“. Er ist der Frontman der Band Rage Against the Machine. Deren erste Single „Killing in the Name“von 1992 ist von einem Vorfall inspiriert, bei dem mehrere weiße Polizisten den Schwarzen Rodney King mit Schlagstöc­ken auf offener Straße zusammensc­hlugen. Der Vorfall wurde gefilmt und führte später zu schweren Unruhen.

Das musikalisc­he Erfolgsrez­ept von Run the Juwels sind treibende Bässe. Bestes Beispiel ist die vorab veröffentl­ichte Album-Auskopplun­g „Ooh LA LA“. Für die Single wurde auch ein aufwendige­s Video gedreht, in dem auch de la Rocha zu sehen ist. Killer Mike und EL-P rappen auf einer Straße, die an die Wall Street erinnert, auf der Chaos herrscht. Sie sind von einer Menge umringt, die um Haufen brennender Dollarsche­ine tanzt.

Angesichts der Lage in den USA tweetete EL-P, er habe dem, was Killer Mike und er bereits auf dem Album ausdrückte­n, nichts mehr hinzuzufüg­en. Darauf sei „all unser Glück, Humor, unsere Freundscha­ft und Wut“.

 ?? FOTO: TIM SACCENTI ?? Rapper Killer Mike (links) und EL-P setzen auf ihrem neuen Album auf pointierte Sozialkrit­ik und launigen Übermut. Unterstütz­ung erhalten sie von Zack de la Rocha, Josh Homme und Parrell Williams.
FOTO: TIM SACCENTI Rapper Killer Mike (links) und EL-P setzen auf ihrem neuen Album auf pointierte Sozialkrit­ik und launigen Übermut. Unterstütz­ung erhalten sie von Zack de la Rocha, Josh Homme und Parrell Williams.

Newspapers in German

Newspapers from Germany