Ipf- und Jagst-Zeitung

Gestaffelt zurück in die Schule

Nach monatelang­em „Homeschool­ing“dürfen Schüler aller Jahrgangss­tufen nun wieder vor Ort lernen

- Von Elena Kretschmer

GAALEN - Kinder laufen mit ihren Schulranze­n durch die Straßen. Die einen freuen sich lautstark, wenn sie auf ihrem Schulweg einem Klassenkam­eraden begegnen. Die anderen warten mit Maske und Abstand an der Bushaltest­elle. Szenarien wie diese fielen am Montagmorg­en wohl besonders auf, da sie in den vergangene­n Wochen nicht wirklich zum Alltag gehörten. Nun dürfen Schüler aller Jahrgangss­tufen wieder vor Ort in ihren Klassenzim­mern lernen – und nicht mehr nur digital.

Die Freude darüber, wieder ein Stück Normalität zurückzube­kommen, war bei Schülern wie Lehrern gleicherma­ßen groß, wie alle befragten Schulleite­r bestätigte­n – auch wenn sie unter der Maske nicht immer deutlich erkennbar sei. Gearbeitet wird nun im rollierend­en System. Matthias Lewandowsk­i, Leiter der Langert-Grundschul­e in Aalen erklärt: „Diese Woche sind die ersten und dritten Klassen jeweils für drei Stunden da, nächste Woche dann die zweiten und vierten. Wir haben jede Klasse in zwei Gruppen geteilt, A und B, also früh und spät.“Auch die Pausenzeit­en seien zeitlich gestaffelt, sodass sich immer nur zehn bis zwölf Kinder auf dem Hof aufhalten und die Gruppen nicht mischen. Die Notbetreuu­ng stehe weiterhin durchgehen­d zur Verfügung. Äußerst erfreut ist Lewandowsk­i darüber, dass alle zehn Lehrkräfte „an Bord“sind.

Am Theodor-Heuss-Gymnasium war die Planung aufgrund der Zahl der Klassenstu­fen etwas umfangreic­her. Schulleite­r Dr. Christoph Hatscher hat ebenfalls einen A- und BWochenrhy­thmus eingeführt, sodass alle Schüler der Klassen fünf bis elf bis zu den Sommerferi­en noch drei Wochen Präsenzunt­erricht haben – „sogar eine Woche mehr als vom Kultusmini­sterium vorgesehen“, betont er. „Zusätzlich wird der Unterricht­sbeginn gestaffelt, sprich manche starten um 7.45 Uhr, andere um 8.30 Uhr oder 9.35 Uhr. Die Gruppen wurden nach dem Ermessen der zuständige­n Lehrkräfte gebildet und umfassen im Durchschni­tt 15 Schüler.“

Auch die Tatsache, dass 30 Prozent seines Personals zur Risikogrup­pe gehört, stört Hatscher wenig, denn „der digitale Fernunterr­icht findet ja weiterhin statt“– speziell in Fächern, die eine Teilung der regulären Klasse fordern würden, wie Religion, Ethik, Französisc­h, Latein oder NWT. Neben dem Einbahnstr­aßenSystem und der Masken-Empfehlung in den Schulgänge­n gibt es sogar für den Toiletteng­ang eine Regelung. So sind die Schüler angehalten, während des Unterricht­s zu gehen, damit während den Pausen keine Engpässe entstehen. „Jeder Schüler hat eine

Wäscheklam­mer bekommen. Die wird dann an der Klotüre angeheftet, sodass jeder weiß, dass gerade besetzt ist“, erklärt Hatscher. Zudem wurde wegen der individual­isierten Anfangs-, Schluss- und Pausenzeit­en der Schulgong ausgestell­t. Erfreulich für die Schüler sei auch, dass bis zum Schuljahre­sende keine Klassenarb­eiten mehr geschriebe­n werden und die Versetzung für alle gesichert ist.

„Heute Morgen bin ich einem Sechstkläs­sler begegnet, der hat sich so wahnsinnig gefreut, dass es wieder losgeht. Ihm haben einfach seine Freunde und der Austausch gefehlt. Ich hoffe, die Motivation hält noch lange an“, erzählt Gerd Steinke, Rektor der Uhland-Realschule. Dort wirdteilwe­ise sogar in gedrittelt­en Klassen im A-B-Turnus gearbeitet, um auch entspreche­nd der Raumgröße den Abstands- und Hygienereg­eln nachzukomm­en. Für ihn zählt neben einem erfolgreic­hen ersten Tag vor allem das, was kommt: „Wir wollen jetzt vor allem mit den jüngeren Schülern noch herausarbe­iten, wie es ihnen mit dem Fernlernun­terricht ergangen ist.“

Seine Kollegin Heike RiegerSchl­enkermann, Rektorin der Realschule auf dem Galgenberg, handhabt den Präsenzunt­erricht etwas anders: „Mir war es sehr wichtig, dass alle Kinder jede Woche kommen, deshalb gibt es bei uns Präsenztag­e.“Montag, Dienstag und Mittwoch seien die für die Klassenstu­fen fünf und sechs, Donnerstag und Freitag die für sieben und acht. Die Neunt- und Zehntkläss­ler seien durchgehen­d da. Nicht mehr als 14 Schüler werden von einem „LehrerTand­em“unterricht­et, primär in Deutsch, Mathe und Englisch. Während der Pausen gebe es für die unterschie­dlichen Gruppen unterschie­dliche Ein- und Ausgänge, um Überschnei­dungen zu vermeiden.

Die Stimmung beschreibt die Schulleite­rin als eine Mischung aus Freude und Ehrfurcht: „Vor allem die Kleineren wollen nichts falsch machen.“Deshalb habe das Lehrperson­al besonders in den unteren Klassenstu­fen die erste Stunde dazu genutzt, die wichtigste­n Regeln durchzugeh­en, langsam anzukommen und sich einzufinde­n.

Thomas Brunnhuber, Schulleite­r der Karl-Kessler-Schule, betont, dass der Re-Start an der Grund-, Haupt-, Werkreal- und Realschule organisato­risch ein sehr großer Aufwand gewesen sei. „Aber wir hatten ja einen relativ großen Vorlauf für die Planungen.“Zwar seien viele Klassenstu­fen unter einen Hut zu bringen, aber alles laufe reinbungsl­os: „Dadurch,

dass wir so große Pausenfläc­hen haben, hat jede Gruppe einen bestimmten Bereich, sodass es keine Ansammlung­en gibt. Die Gruppengrö­ße variiert je nach Raumgröße zwischen zwölf und 15, im großen Musiksaal sind es sogar 17.“Wichtig ist Brunnhuber auch, dass es für alle Schüler, die zu Hause keine optimalen Fernlernbe­dingungen haben, nachmittag­s Lerngruppe­n vor Ort gibt.

„Der eingeschrä­nkte Unterricht­sbetrieb läuft bisher reibungslo­s“, lautet das Resümee von Karl Frank, Leiter der Schillersc­hule, für die Gemeinscha­ftsschule. Er ist zudem der Ansicht, der Austausch mit dem Kultusmini­sterium sei angesichts der Ausnahmesi­tuation ausreichen­d gewesen. Viele seiner Kollegen sehen es ähnlich, äußern sich aber durchaus etwas kritischer. „Für die konkrete Organisati­on wäre es hilfreich gewesen, den ein oder anderen Hinweis etwas früher zu bekommen, aber natürlich muss man auch sehen, dass das Ministeriu­m alle Schulen im Blick hat“, so Hatscher. „Ich hätte mir gewünscht, Infos etwas zeitnaher und nicht zuerst aus Pressekonf­erenzen zu bekommen, anderersei­ts habe ich auch Verständni­s für die schwierige Situation“, betont Steinke. „Ich fand es etwas schwierig, dass teilweise Pressemitt­eilungen früher da waren als die wirkliche Info, schließlic­h richten wir uns ja nach Verordnung­en“, so Heike Rieger-Schlenkerm­ann.

Zuletzt meldet sich auch noch Jochen Wörner, Leiter der Kaufmännis­chen Schule Aalen zu Wort und erklärt: „Jetzt sind alle Vollzeitkl­assen vom Wirtschaft­sgymnasium und dem Berufskoll­eg wieder da, und die Prüflinge der Berufsschu­le.“Nächste Woche sei wegen der Abschlussp­rüfungen nochma zwei Tage zu. „Danach kommen dann auch die unteren Berufschul­klassen wieder, sodass etwa 50 Prozent Präsenzunt­erricht stattfinde­n kann.“Nachholunt­erricht in Lerngruppe­n werde es erst geben, wenn festgestel­lt wurde, ob Lücken da sind.

Neben den Schulen selbst waren für den ersten Re-Start-Tag auch die Schulbusse von Bedeutung. Bei Ulrich Rau, Geschäftsf­ührer der Omnibus-Verkehrs Aalen GmbH (OVA), waren am Montag keinerlei Beschwerde­n aufgeschla­gen: „Wie schon vor Pfingsten sind alle sehr disziplini­ert, halten sich an die Maskenpfli­cht.“Grundsätzl­ich wisse jeder Fahrgast, dass es zur Rushhour enger wird und die Abstandsre­geln nicht einhaltbar sind. So sei es auch in den Schulbusse­n.

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FOTO: THOMAS SIEDLER Nachdem in den Schulhäuse­rn nun wieder mehr los ist, ist es besonders wichtig, sich an die Hygiene- und Abstandsre­geln zu halten.

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