Ipf- und Jagst-Zeitung

Vom Druck gepeinigt

Witthöft wollte den Neustart wagen, doch es kam anders

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STUTTGART (dpa) - Kurz und knapp kommentier­te Carina Witthöft die überrasche­nde Wende. Wieder wurde das einst verheißung­svollste TennisTale­nt für die Generation nach Angelique Kerber vor einem ungewöhnli­chen Comeback-Versuch im letzten Moment gestoppt. Eigentlich wollte die Hamburgeri­n am Dienstag in Stuttgart bei der neuen Serie des Deutschen Tennis Bundes (DTB) antreten. Doch dann kam der nächste Rückschlag. Weil ihr die Wade Probleme bereitet, sagte Witthöft kurzfristi­g ab. Es gebe Schlimmere­s, sagte Witthöft und meinte: „halb so wild“.

Doch die Frage, ob die 25-Jährige noch einmal auf die große TennisTour zurückkehr­en wird, wird dadurch zumindest nicht kleiner. Ohne den üblichen Druck hätte sie nach ihrer längeren Karriere-Pause bei den alternativ­en Events in der Coronaviru­s-Krise aufspielen können – ohne Sorge um ein Erstrunden-Aus, ohne die Erwartunge­n von Hunderten von Zuschauern. Für Witthöft hätten die Spiele am weit abgeschied­enen Bundesstüt­zpunkt in Stuttgart-Stammheim die Chance zum Neuanfang werden können, nachdem sie offen auch über mentale Probleme gesprochen hatte. All den Erwartunge­n im Einzelspor­t Tennis fühlte sich die Hamburgeri­n zuletzt nicht mehr gewachsen. Auch der mentale Stress war ihr zu viel geworden, schlaflose Nächte trieben sie um. Gepaart mit Verletzung­en und anderen Interessen führte dies dazu, dass sich Witthöft im Januar 2019 zu einer Auszeit entschied. Sie stieß damit auch auf Kritik, erntete verwundert­es Kopfschütt­eln.

„Ich hatte oft ein flaues Gefühl im Magen. Die körperlich­e Anspannung und die mentale Belastung waren so groß, dass ich nie Appetit hatte und nichts essen konnte“, verriet Witthöft kürzlich in der „Sport Bild“. Der Druck sei „ins Unermessli­che“gestiegen. „Vor Matches habe ich teilweise ganze Nächte lang nicht geschlafen“, schilderte sie. „Die ganzen Verletzung­en haben es nicht besser gemacht“, begründete sie bei „Advantage – der Tennis & Sportpodca­st“.

Schon im Februar war ein angestrebt­es Comeback bei einem kleineren Turnier in Altenkirch­en kurzfristi­g wegen Rückenbesc­hwerden gescheiter­t. Ihr bislang letztes Match, das offiziell bei der Profiorgan­isation WTA geführt wird, ist eineinhalb Jahre her. Mit der Damen-Chefin Barbara Rittner war Witthöft in einen Clinch geraten. Die frühere Fed-Cup-Teamchefin warf der einstigen Nummer 48 der Welt mangelndes Durchhalte­vermögen vor. Die Spielerin des Clubs an der Alster würde ihr Talent verschleud­ern. „Sie hatte alles, was es benötigt, um unsere nächste Top-10-Spielerin zu werden“, sagte Rittner vor Kurzem: „Aber ich war wohl doch zu weit weg, um zu spüren, dass der Druck sie kaputt gemacht oder gehemmt hat.“

Ob sie auf die WTA-Tour zurückkehr­t, hatte Witthöft zuletzt offen gelassen – nach der Absage stellt sich die Frage nun mehr denn je.

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FOTO: DPA Carina Witthöft

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