Neofaschisten werden auf die Straße gesetzt
Nach 17 Jahren Hausbesetzung mitten in Rom müssen sich Casa-Pound-Mitglieder vor Gericht verantworten
GROM - Vor 17 Jahren besetzten militante Mitglieder der Vereinigung Casa Montag das große Mehrfamilienhaus in der zentralen Via Napoleone III., nicht weit vom römischen Hauptbahnhof Stazione Termini entfernt. Casa Montag war eine kleine und unbedeutende neofaschistische Gruppierung, aus der später die bekanntere und politisch einflussreichere Vereinigung Casa Pound hervorging.
Die rechtsradikalen Hausbesetzer nutzen das fünfstöckige Gebäude für ihren römischen Partei- und Vereinssitz. Hier organisieren sie Propagandaveranstaltungen und laden militant-rechte Schriftsteller aus Italien und dem europäischen Ausland ein. An den Wänden hängen Poster mit dem von der Casa Pound hoch verehrten Duce Benito Mussolini.
Das besetzte Gebäude ist auch Unterkunft für 18 Familien. Ihnen wurden die Wohnungen zugeteilt, um, so Gianluca Iannone, Gründer von Casa Pound, „damit auf die skandalöse Wohnraumnotlage in Rom hinzuweisen, einer Stadt“, so der Chef-Neofaschist, „in der Zigeuner und Ausländer eher eine Sozialwohnung erhalten als unsere italienischen Bürger“.
Jetzt muss das Gebäude geräumt werden. „Damit wird ein Traum wahr“, sagt der ehemalige sozialdemokratische Bürgermeister Roms Walter Veltroni. Er und seine linken und auch rechten Kollegen hatten immer wieder versucht, das Gebäude räumen zu lassen. Doch zu einem endgültigen Gerichtsentscheid war es aus den verschiedensten Gründen nie gekommen. Neben dem Räumungsbefehl müssen sich auch 16 führende Mitglieder der Casa Pound vor Gericht verantworten.
Im Mai entschied das Gericht Rom, auf Nachfrage eines Staatsanwalts, die Räumung. Begründet wird diese Entscheidung auch mit dem
Verweis auf den finanziellen
Schaden, den die
17-jährige Hausbesetzung für den Staat, den Eigentümer der Immobile, bedeutet. Einem Bericht des italienischen Rechnungshofes zufolge sind dem Fiskus mindestens 4,3 Mio. Euro an Einnahmen durch die Besetzung entgangen.
Auch der Kommune entstanden Kosten durch die Hausbesetzung. Aus bis heute nicht geklärten Umständen wurden den Neofaschisten weder Strom, Gas noch Trinkwasser abgestellt. Die Kommune, egal ob links oder rechts regiert, zahlte immer wieder die Rechnungen.
Gegen Casa Pound klagte auch Roms amtierende Bürgermeisterin Virginia Raggi. Wegen illegaler Hausbesetzung und Verbreitung von ausländerfeindlicher und homophober Propaganda. Wie es aussieht, wird der Fall Casa Pound also bald ein Ende finden. Doch wann? Die Hausbesetzer wollen nicht räumen. Sie organisierten, zusammen mit anderen neofaschistischen und rechtsradikalen Gruppierungen, in Rom eine Demonstration, bei der es zu gewalttätigen Zusammenstößen mit der Polizei kam. „Wir werden unser Recht auf dieses Wohnhaus mit allen Mitteln verteidigen“, so Casa-Pound-Gründer Iannone. Nicht ausgeschlossen ist eine gewaltsame Räumung des Gebäudes.
Der Fall Casa Pound wirft auch eine grundsätzliche Frage auf. „Das sind Neofaschisten, die verbreiten neofaschistische Propaganda und genau das dürfen sie nicht“, so der prominente Philosoph Massimo Cacciari. Italiens Verfassung, erklärt Cacciari, „verbietet jede Form neofaschistischer Propaganda“. Die aber, so auch Paolo Berizzi, auf Italiens Rechtsradikale spezialisierter Journalist der Tageszeitung „la Repubblica“, „seit Gründung unserer Republik geduldet werden, und von einigen Parteien, darunter auch die Lega von Matteo Salvini, als politische Helfer genutzt wurden und werden“.
Casa Pound und andere neofaschistische Gruppierungen kommen in Italien auf nicht einmal ein Prozent der Wählerstimmen. Doch in Rom und in Ostia bei Rom genießen diese Vereinigungen in einigen ärmeren Stadtrandvierteln großen Zuspruch. In Ostia ist es vor einigen Tagen Roms Bürgermeisterin Raggi nicht gelungen, ihren Wagen zu verlassen. Von Mitgliedern der Casa Pound angestachelte Anwohner bedrohten die Bürgermeisterin, die aus Furcht vor einem Übergriff im Wagen blieb. Journalisten, die in Ostia aber auch in Rom versuchen, zum Thema Casa Pound zu recherchieren, weiß Journalist Berizzi aus eigener Erfahrung, „müssen nicht selten damit rechnen, bedroht und zusammengeschlagen zu werden“. Fast immer kommt die herbeigerufene Polizei zu spät. „Dass es bei unseren Ordnungskräften“, so Berizzi, „nicht wenige rechtsradikale Sympathisanten gibt, ist ja bekannt“.
Mit Spannung wird das Datum der Räumung der Casa Pound in Rom erwartet. Es wird mit Zusammenstößen zwischen Ordnungskräften und den Neofaschisten gerechnet.
„Damit wird ein Traum wahr.“