Mit Signalfarbe ein Zeichen setzen
Um auf die Nöte der Veranstaltungsbranche aufmerksam zu machen, wird der Turm der Stadtkirche rot beleuchtet
GAALEN - Alexander Fischer ist frustriert. Am 9. März richtete seine Fachsenfelder Firma UBS Quality Sound die letzte Veranstaltung aus, seitdem ist Stillstand. Quasi über Nacht wurde ihm seine Arbeitsgrundlage entzogen, von Hundert auf Null. „Alle Mitarbeiter sind raus, alle Fahrzeuge abgemeldet“, beschreibt der Elektrotechniker seine momentane Situation.
Von neun Mann sind nun noch drei übrig: er selbst und seine zwei Auszubildenden. „Die sind beide voll in Kurzarbeit, weil wir keine Arbeit haben. Und die Berufsschule in Baden-Baden bekommt nicht mal den Online-Unterricht auf die Reihe.“Hinzu kommt, dass sein Azubi im dritten Lehrjahr jetzt eigentlich seine Abschlussprüfungen hätte. „Da müssen sie ein Projekt von vorne bis hinten komplett selbst betreuen, aber wie, wenn nichts los ist?“Die Lösung war letztendlich ein Versuchsprojekt, in dem sich der Azubi aus dem zweiten Lehrjahr als DJ ausgab, der eine Bühne braucht. Diese wiederum steht eben jetzt im Lager in Fachsenfeld. Not macht bekanntlich erfinderisch.
Um irgendwie über die Runden zu kommen, hat er seine Kredite ausgesetzt und beim Staat Soforthilfe beantragt: „Die haben wir auch bekommen, 9000 Euro. Das reicht keinen Monat, wenn man von einem Jahresumsatz von rund 400 000 Euro ausgeht.“Auch das versprochene Konjunkturpaket werde nichts bringen: „Da fallen wir durch, befürchte ich.“Fischer fühlt sich im Stich gelassen: „Man verliert einfach die Motivation und die Lust, wenn man so gar keine Aussicht hat und auch keine klaren Aussagen von der Bundesund Landesregierung bekommt.“
All dies hat den Elektrotechniker dazu veranlasst, an der Night of Light teilzunehmen. Dabei handelt es sich um eine Aktion, an der rund 2000 Firmen aus der Veranstaltungsbranche in ganz Deutschland teilnehmen, um auf ihre Nöte aufmerksam zu machen. „Und weil keiner sehen will, wie unsere Halle im Industriegebiet in Fachsenfeld beleuchtet wird, haben wir uns für die Stadtkirche in Aalen entschieden“, so Fischer. Pfarrer Bernhard Richter sei auch sofort Feuer und Flamme gewesen.
Am Montagnachmittag werden sämtliche Scheinwerfer und Traversen aufgebaut und ab 22 Uhr geht das Spektakel dann los. „Der Turm wird knallrot beleuchtet und der Schriftzug ,Night of Light 2020’ draufprojiziert.“Die Farbe Rot fungiert dabei als Signalfarbe, um die Not der Veranstaltungsbranche visuell zu verdeutlichen. Musik oder Lichtershow wird es keine geben: „Wir wären eigentlich die Branche, die durch Musik richtig laut auf sich aufmerksam machen könnte, aber das wollen wir gar nicht“, erläutert Fischer weiter. Es gehe darum, ein Zeichen zu setzen, sich Gehör zu verschaffen. „Ob’s hilft, weiß ich nicht.“
Fischer wäre jetzt eigentlich in der Hochsaison mit all den Stadtfesten und anderen Großveranstaltungen. Stattdessen kümmert er sich derzeit um die Bühne auf dem Rathausdach, auf der regelmäßig Konzerte stattfinden, und das war’s. Natürlich habe man kleinere Reparaturen im Lager erledigt, „aber damit ist ja kein Geld verdient“. Äußerst verhalten erhalte er Anfragen für den Herbst und für 2021 – alle mit der Prämisse der Kunden, kostenfrei stornieren zu können, falls Corona wieder aufkeimt. „Da kommen wir ihnen natürlich entgegen. Und es gibt auch Kunden, die uns anbieten, schon eine Anzahlung für 2021 zu machen, um uns zu helfen. Das ist natürlich toll“, sagt Fischer. Vorerst bleibe ohnehin abzuwarten, ob Großveranstaltungen nun wirklich erst ab Ende Oktober stattfinden dürfen.
„Durch das geplante Konjunkturpaket fällt unsere Branche wohl durch, befürchte ich.“