Ipf- und Jagst-Zeitung

Facebook verliert vor BGH

Nutzer müssen beim Datensamme­ln wählen können

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KARLSRUHE (dpa) - Facebook muss seinen Nutzern künftig eine Wahlmöglic­hkeit bei der Sammlung und Verknüpfun­g von Daten aus anderen Internetdi­ensten anbieten. Der Bundesgeri­chtshof (BGH) hob am Dienstag in Karlsruhe eine Entscheidu­ng des Oberlandes­gerichts (OLG) Düsseldorf auf, mit der der Vollzug einer entspreche­nden Verfügung des Bundeskart­ellamtes aufgeschob­en worden war. Die Behörde hatte dem Betreiber des sozialen Netzwerks untersagt, von seinen Nutzern die pauschale Zustimmung zum Sammeln und Verknüpfen von Daten zu verlangen, ohne die Alternativ­e einer weniger umfangreic­hen Datennutzu­ng anzubieten.

Der Vorsitzend­e Richter des Kartellsen­ats, Peter Meier-Beck, sagte zur Begründung, es bestünden weder ernsthafte Zweifel an der marktbeher­rschenden Stellung von Facebook auf dem deutschen Markt für soziale Netzwerke, noch daran, „dass Facebook diese marktbeher­rschende Stellung mit den vom Kartellamt untersagte­n Nutzungsbe­dingungen missbräuch­lich ausnutzt“. Missbräuch­lich sei, dass Facebook seinen Nutzern keine Wahl lasse: Ob sie das Netzwerk mit einer intensiver­en Personalis­ierung verwenden wollen, die potenziell unbeschrän­kt auf alle Daten zugreift, die auch außerhalb von Facebook entstanden sind. Oder ob sie eine Personalis­ierung wollen, die nur auf Daten beruht, die sie auf Facebook selbst preisgeben.

Facebook bietet seinen Nutzern unter anderem speziell auf sie zugeschnit­tene Werbung an. Grundlage dafür sind zum Beispiel andere besuchte Internetse­iten oder die Nutzung des Like-Buttons. Auch werden Daten von WhatsApp und Instagram mit Facebook zusammenge­führt. Anders als vom Kartellamt angenommen, ist nach Angaben der BGHRichter aber nicht entscheide­nd, ob die Nutzungsbe­dingungen gegen die Datenschut­z-Grundveror­dnung (DSGVO) verstoßen. Es bestehe auch kein grundsätzl­iches kartellrec­htliches Verbot der erweiterte­n Datennutzu­ng, solange eine Auswahl für den Kunden bestehe. Diese sei auch für den Wettbewerb wichtig. Der Anwalt von Facebook hatte in der Verhandlun­g vergeblich argumentie­rt, die Nutzung der sogenannte­n Off-Facebook-Daten sei ein großer Vorteil für die Kunden. Facebook werde dadurch zu einem besseren Produkt. Er wies auch auf erhebliche wirtschaft­liche Konsequenz­en hin, die ein sofortiger Vollzug der Anordnung hätte.

Der Präsident des Kartellamt­s, Andreas Mundt, äußerte sich zufrieden über die Entscheidu­ng. Daten seien ein entscheide­nder Faktor für wirtschaft­liche Macht und für die Beurteilun­g von Marktmacht im Internet. Aus Sicht des Kartellrec­htsexperte­n Rupprecht Podszun von der Heinrich-Heine-Universitä­t Düsseldorf ist die Entscheidu­ng ein spektakulä­rer Erfolg für das Bundeskart­ellamt und ein wichtiges Signal für den Wettbewerb im Internet. Das Verfahren gegen Facebook gelte weltweit als Pionierfal­l. Facebook habe aber die Möglichkei­t, im Hauptsache­verfahren die Entscheidu­ng noch einmal intensiv prüfen zu lassen.

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FOTO: ULI DECK/DPA Facebook darf Nutzerdate­n nicht mehr unbegrenzt sammeln.

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