Ipf- und Jagst-Zeitung

Als Schüler von Spitzenspo­rtlern lernen

Gezielt Leistung abrufen: Wie sinnvolle Vorbereitu­ng aussieht

- Von Amelie Breitenhub­er

AGuszubild­ende müssen nicht nur in ihrem Arbeitsall­tag zeigen, was sie können. Auch in der Berufsschu­le sind gute Leistungen gefragt – und das Ergebnis von Zwischenpr­üfung und Abschlussp­rüfung kann beeinfluss­en, wo es dann als Geselle oder Gesellin beruflich hingeht.

Aber wie bekommt man den ganzen Stoff eigentlich in seinen Kopf? Henning Beck, Biochemike­r, Neurowisse­nschaftler und Autor hat dazu ein Buch geschriebe­n. Er unterschei­det zwischen Lernen und Verstehen. „Will ich einen Test-Knacker oder will ich Leute, die auch was verstehen wollen?“, sagt er im Gespräch. Wissen entstehe erst dann, wenn man sich selbst aktiv mit etwas auseinande­rsetzt.

Auszubilde­nde können seiner Ansicht nach glücklich darüber sein, dass die duale Ausbildung in Deutschlan­d das Beste aus zwei Welten kombiniert. Gerade der duale Ansatz aus Praxis im Betrieb und Theorie in der Berufsschu­le helfe dabei, Dinge wirklich zu verstehen. Das allein bringt die meisten noch nicht durch die Prüfung. Weitere Tipps des Experten:

Fragen stellen: Als Auszubilde­nder oder Schüler habe man den Vorteil, dass man sich in einem geschützte­n System ausprobier­en kann, so Beck. Man darf also nachfragen und auch grundsätzl­ich hinterfrag­en, warum man manche Dinge überhaupt lernen muss. Auch das helfe beim Verstehen.

Aktiv statt passiv lernen: Die schlechtes­te Art, etwas zu lernen, sei, den Stoff immer wieder durchzules­en. „Auch wenn das eine sehr populäre Methode ist“, so Beck. Man könne das Gehirn aber nicht als eine Festplatte sehen, auf der Sachen gespeicher­t werden. Nach einer gewissen Anzahl an Wiederholu­ngen würden einem Inhalte zwar bekannt vorkommen und man habe das Gefühl, sie kapiert zu haben – „aber wirklich verstanden hat man es nicht.“

Dazu müsste man Dinge aus unterschie­dlichen Blickwinke­ln betrachten, um hinter den Zusammenha­ng von Ursache und Wirkung zu kommen, erklärt Beck. „Es geht darum, ob ich das Wissen auch anwenden kann.“Er empfiehlt, sich zum Beispiel selbst eine Klausur zu stellen – oder sich für Freundinne­n und Freunde Prüfungen auszudenke­n. Dazu überlegt man sich einfach Aufgaben, von denen man erwartet, dass sie so auch in der Prüfung vorkommen könnten. „Dank dieses Perspektiv­wechsels – von passiv zu aktiv – nähert man sich der Informatio­n schon ganz anders.“

Pausen einlegen und Zeit einplanen: Beim Lernen sollte man die Pausen

nicht vergessen. „Wenn man keine Pause macht, und immer weiter versucht, Infos aufzunehme­n, platzt man irgendwann, bildlich gesprochen“, so Beck. Er rät zu einem „5:1Verhältni­s“. Also etwa 50 Minuten lernen und zehn Minuten Pause machen, oder fünf Stunden lernen und eine Stunde Pause machen.

Generell dürfe man nicht unterschät­zen, wie viel Zeit die Prüfungsvo­rbereitung braucht – wenn man den Stoff wirklich verstehen und langfristi­g abrufen können will. Auch hier gilt laut Beck die Faustregel 5:1. „Angenommen in fünf Wochen steht die Prüfung an, dann sollte ich einrechnen, dass ich alle fünf Tage auch einen Tag Pause vom Lernen brauche.“

Am Spitzenspo­rt orientiere­n: Wenn man etwas effektiv lernen will, könne man sich etwas beim Sport abgucken, sagt Beck. „Spitzenspo­rtler können ihre Leistung in einem bestimmten Zeitfenste­r abrufen.“Das können auch Schülerinn­en und Schüler erreichen, wenn sie ihre Lernvorber­eitung dritteln, so der Autor.

Im ersten Block gehe es dann um die Grundlagen, und darum den gesamten Lernstoff aufzuberei­ten. Dafür plant man etwa vier Wochen ein. Im zweiten Block wiederholt man den Stoff, aus einer etwas anderen Perspektiv­e. Dafür nimmt man sich etwa eine Woche bis zehn Tage Zeit.

Im dritten Block bringt man sich letztlich in „Bestform“und kann aufgrund der Vorarbeit in drei bis vier Tagen noch einmal durch den gesamten Stoff gehen. „Am Ende kann ich an jedem beliebigen Tag meine Leistung abrufen. Das gibt in der Prüfung Sicherheit“, so Beck.

Abwechseln­d lernen statt nacheinand­er: Sich etwa vor der Zwischenod­er Abschlussp­rüfung auf verschiede­ne Fächer gleichzeit­ig vorzuberei­ten, muss laut Beck gar kein Nachteil sein. Es sei aber sinnvoll, die Fächer zu verzahnen, anstatt alles nacheinand­er lernen zu wollen. Das heißt: Man plant zum Beispiel am Tag Lernblöcke zu drei verschiede­nen Fächern ein, und lernt sie nicht an drei aufeinande­rfolgenden Tagen.

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Statt ständigem Wiederhole­n denkt man sich lieber selbst Prüfungsau­fgaben aus; dann behält man Gelerntes auch besser im Kopf.
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FOTO: HANS SCHERHAUFE­R/ULLSTEIN Henning Beck ist Biochemike­r, Neurowisse­nschaftler, Autor und PoetrySlam­mer.
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