Ipf- und Jagst-Zeitung

Vermieter müssen Privatsphä­re beachten

Eigentümer brauchen sehr gute Gründe, ihre vermietete Wohnung zu betreten

- Von Katja Fischer

VGielleich­t fragt sich mancher Vermieter, ob sein Eigentum ordentlich behandelt wird. Oder ob es in der Wohnung des Mieters Haustiere gibt. Doch: „Es gibt kein gesetzlich­es Besichtigu­ngsrecht, das dem Vermieter erlauben würde, die Wohnung in bestimmten Abständen zu inspiziere­n“, erklärt Anja Franz vom Mietervere­in München.

Auch eine Klausel im Mietvertra­g, die dem Vermieter dieses Recht gewährt, ist laut Franz unwirksam. Das zeigt ein Urteil des Bundesgeri­chtshofes (BGH, Az.: III ZR 289/13). Demnach ist die Privatsphä­re des Mieters juristisch höher zu bewerten als das Interesse des Vermieters, sich vom Zustand seines Eigentums zu überzeugen. Während der Dauer des Mietvertra­gs hat der Mieter das alleinige, uneingesch­ränkte Gebrauchsr­echt an der Wohnung.

Der Vermieter darf in die vermietete Wohnung nur, wenn er einen konkreten und berechtigt­en Grund hat. „In Notfällen, wenn Gefahr in Verzug ist, zum Beispiel bei einem Rohrbruch oder Brand, darf der Vermieter nach erfolglose­r Kontaktauf­nahme mit dem Mieter die Wohnung sogar betreten, wenn dieser nicht zu Hause ist“, erklärt Franz.

Ansonsten muss der Vermieter Besuche sieben bis zehn Tage vorher anmelden und dabei möglichst drei Ausweichte­rmine nennen. Wie weit im Voraus er den Besuch ankündigen muss, hängt wesentlich von der Dringlichk­eit ab. Ist der Mieter an den Tagen verhindert, muss er von sich aus Ersatzterm­ine vorschlage­n.

„Berechtigt­e Gründe sind zum Beispiel Reparature­n oder die Vorbereitu­ng von Modernisie­rungsmaßna­hmen“, sagt Birgitt Faust-Füllenbach. Die Juristin beim Verbrauche­rschutzver­band Wohnen im Eigentum führt aus: „Auch die Suche nach Ursachen für Schäden wie zum Beispiel Schimmelbe­fall gehört dazu.“Ein Zutrittsre­cht besteht, wenn

Vermieter einen begründete­n Verdacht haben, dass ein vertragswi­driger Gebrauch der Wohnung vorliegt – etwa unerlaubte Tierhaltun­g oder Untervermi­etung. Grundsätzl­ich dürfen Vermieter die Wohnung auch Kaufintere­ssenten oder Nachmieter­n zeigen.

Liegen triftige Gründe vor, darf der Mieter dem Vermieter den Besuch nicht verweigern. Er hat die Pflicht, ihm nach entspreche­nder Vorankündi­gung den Zutritt zu seiner Wohnung zu gewähren.

„Stellt er sich quer, ist das eine Verletzung der mietvertra­glichen Pflichten. Wenn dem Vermieter dadurch ein Schaden entsteht, muss der Mieter unter Umständen dafür haften“, erklärt Faust-Füllenbach.

Der Vermieter kann sein Recht auch beim Amtsgerich­t per Klage durchsetze­n. „Ist sie erfolgreic­h, kann der Vermieter die Wohnung notfalls in Begleitung eines Gerichtsvo­llziehers betreten“, so die Juristin. In dringenden Fällen ist ein Eilverfahr­en

möglich. Aber so weit sollten es beide Vertragspa­rtner möglichst nicht kommen lassen.

Verweigert ein Mieter eine Besichtigu­ng unberechti­gt, hat der Vermieter grundsätzl­ich das Recht, den Mietvertra­g fristlos zu kündigen, so der Berliner Mietervere­in. Dazu habe auch der BGH schon entschiede­n (AZ.: VIII ZR 221/09). Ob eine Verletzung von Duldungspf­lichten schwer genug wiegt, um eine außerorden­tliche Kündigung zu begründen, muss immer im Einzelfall entschiede­n werden.

Uneinigkei­t herrscht oft darüber, ob Vermieter bei ihren Besuchen die Wohnung fotografie­ren dürfen, um diese etwa im Internet zum Verkauf anzubieten. „Das ist nicht erlaubt, wenn der Mieter nicht zustimmt“, betont Faust-Füllenbach. Ausnahme: Er macht Fotos, um Schäden zu dokumentie­ren und zur Begutachtu­ng für einen Sachverstä­ndigen.

Auch beim Thema Schlüssel gibt es Unsicherhe­iten. Manche Vermieter

behalten einfach einen Notschlüss­el der Mietwohnun­g. „Das geht gar nicht“, so Faust-Füllenbach. „Der Mieter hat das Recht auf die kompletten Wohnungssc­hlüssel.“

Bei längerer Abwesenhei­t sollten Mieter aber dafür sorgen, dass der Vermieter im Notfall in die Wohnung kommt. „Am besten ist es, ihm einen Namen und die Anschrift der Person zu hinterlass­en, die den Wohnungssc­hlüssel für solche Fälle aufbewahrt“, rät Franz.

Besteht der Vermieter unbedingt darauf, selbst einen Schlüssel zu behalten, kann der Mieter getrost darauf eingehen und später das Schloss ausbauen lassen. „Allerdings muss er beim Auszug den alten Zustand wieder herstellen.“Betritt der Vermieter ohne Erlaubnis in Abwesenhei­t des Mieters dessen Wohnung, handelt es sich nicht nur um ein Kavaliersd­elikt. „Er macht sich damit in der Regel strafbar, denn er begeht Hausfriede­nsbruch“, stellt Faust-Füllenbach klar. (dpa)

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FOTO: CHRISTIN KLOSE/DPA Die Wohnung ist für Mieter ein Rückzugsor­t. Vermieter dürfen diese Privatsphä­re nicht verletzen.

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