Ipf- und Jagst-Zeitung

Zwei in großen Fußstapfen

- Von HendrikG Groth

Vielleicht ist die Zeit für die Optimisten gekommen. Die vergangene­n Jahrzehnte zeigen, dass Europa aus bitteren Krisen gestärkt herausgeko­mmen ist. Wesentlich waren dabei in der Regel Impulse aus Paris oder Bonn/Berlin. Immer wieder wurde der deutsch-französisc­he Motor beschworen, wenn es darum ging, Fortschrit­te im europäisch­en Einigungsp­rozess zu erzielen. Festgemach­t wurde das an Personen, die bis heute die Geschichts­bücher füllen. Hier Konrad Adenauer, dort Charles de Gaulle, später Helmut Schmidt und Valéry Giscard d’Estaing, dann Helmut Kohl und François Mitterrand. Angela Merkel und Emmanuel Macron treten jetzt in diese großen Fußstapfen.

Die Corona-Krise erhöht den Druck auf beide Politiker, die anderen EU-Partner davon zu überzeugen, dass es tiefgreife­nder und teurer Entscheidu­ngen bedarf, um eine neue europäisch­e Dynamik auszulösen. Macron, eben anders als die nüchterne Merkel, spricht vom Moment der Wahrheit, der nun gekommen sei und dass die Schicksale der Staaten miteinande­r verwoben seien. Wer will ihm da widersprec­hen? Inszenieru­ng kann Macron. Der nach mäßigen Erfolgen bei den jüngsten Kommunalwa­hlen etwas gerupfte Franzose ist der erste hohe Staatsgast, der seit Beginn der Corona-Pandemie nicht per Videokonfe­renz zugespielt wird, sondern wieder direkt neben der Kanzlerin steht. Die Bilder stimmen also.

Doch nach der Definition der hehren Ziele – in der Kurzform: Rettung der EU – wird es jetzt schwierig. Mitte Juli wollen sich die 27 Mitgliedsl­änder auf einen gemeinsame­n Haushalt und den Wiederaufb­aufonds einigen. Noch gehen die Positionen auseinande­r. Die kommenden Tage gehören der Diplomatie und auch den Daumenschr­auben, mit denen widerspens­tigen Kritikern die Dramatik der Lage klargemach­t werden soll. Die Kanzlerin sagte kürzlich, dass das Notwendige in diesem Fall auch etwas Außergewöh­nliches sei. Eine ungewöhnli­che Beschreibu­ng für die Tatsache, dass es um insgesamt 750 Milliarden Euro geht und jedes EU-Mitglied zustimmen muss.

h.groth@schwaebisc­he.de

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