Wieder Blasmusikunterricht nach der Zwangspause
Musikschulen dürfen Präsenzunterricht auch in den Sparten Blasinstrumente und Gesang wieder aufnehmen
GELLWANGEN - Musikschulen dürfen den Präsenzunterricht schrittweise auch in den Sparten Blasinstrumente und Gesang wieder aufnehmen. Die Kastellschule in Pfahlheim bietet optimale Bedingungen dafür.
„Im Oktober werde ich elf Jahre alt“, sagt Veit Tuscher stolz und packt die Posaune aus. Dienstags ist der Viertklässler einer der Schüler von Moritz von Woellwarth in der Kastellschule Pfahlheim. Der Leiter der städtischen Musikschule Ellwangen ist Lehrer für Posaune und alle tiefen Blasinstrumente und gibt der Bläserklasse Einzelunterricht. Die Kooperation der Musikschule mit allgemeinbildenden Schulen macht es möglich. Fünf Mädchen und drei Jungen nehmen in Pfahlheim derzeit teil. In Zeiten von Corona sind Visier und Trennscheibe selbstverständlich.
Die Kooperation zwischen Musikschule, Grundschule Pfahlheim und Musikverein Trachtenkapelle Pfahlheim wurde zum Schuljahr 2019/2020 ins Leben gerufen und orientiert sich am Erfolgsmodell der schon länger bestehenden Zusammenarbeit mit der Grundschule Rindelbach. Auch die städtische Musikschule musste eine fast zweimonatige Zwangspause überstehen. Die „Corona-Verordnung für Musik- und Jugendkunstschulen“des Landes vom 22. Mai erlaubt den Musikschulen, regulären Präsenzunterricht schrittweise auch in den Sparten Blasinstrumente und Gesang wieder aufzunehmen. Die Räumlichkeiten dafür sind in Pfahlheim optimal. Im Rahmen der Sanierung der Kastellschule vor zwei Jahren hat sich der Musikverein einen eigenen Raum für Proben des Jugendorchesters und der Stammkapelle geschaffen, der auch ideal für den Unterricht des Bläsernachwuchses ist.
Eine Unterrichtseinheit dauert 15 Minuten: „Für Musikschüler, die noch am Anfang stehen, ist diese Zeitspanne ideal“, so von Woellwarth. Den Anfang macht Manuel, der kaum größer als die Posaune ist. Er spielt sich mit „Happy Birthday“ein. Emilie ist mit dem Tenorhorn schon weiter. Sie schafft sogar die Orchesterstimme von „Merrily we roll along“: „Beim G musst du neu ansetzen“, rät ihr Lehrer. Emilie übt wie die anderen erst seit letztem Herbst regelmäßig: „Mit acht Jahren habe ich angefangen. Der Unterricht macht mir Spaß“, sagt die Neunjährige.
Ein begabter Posaunist ist der (noch) zehnjährige Veit Tuscher. „Im Tempo bleiben, auf die Bindung achten und entspannt atmen“, sagt von Woellwarth. Veit beherzigt die Tipps und spielt bravourös „Winter ade“und „Dornröschen.“Das zarte Abendlied „Der Mond ist aufgegangen“von Matthias Claudius singt sich viel leichter, als es sich spielt: „Es ist ein schwieriges Lied“, erklärt von Woellwarth. „Der Text ist wichtig. Denn man atmet nicht in ein Wort hinein, sondern immer hinterher.“Schüler und Lehrer singen die erste Strophe, bevor Veit sie spielt. Das hört sich schon großartig an. Schade nur, dass der junge Musiker auch ein begeisterter Schlagzeuger ist und ihm das fast noch mehr Spaß macht, als die Posaune.
„Den Veit hört man immer raus“, stellt Elias neidlos fest. Auch er ist zehn Jahre alt und macht seine Sache prima. „Spiel so kräftig, als würdest du für einen ganzen Saal spielen“, rät Moritz von Woellwarth dem Nachwuchs-Hornisten. Je höher die Töne, desto mehr Stütze aus dem Bauch braucht die Luft, um durch die Windungen des Instruments hindurch zu schwingen. Veit und Elias sollen in der Jugendkapelle spielen, sobald Corona das zulässt: „Zusammen macht es noch mehr Spaß, als alleine“, findet nicht nur Elias.
Auch das Kollegium der Musikschule freut sich über jeden Schritt in Richtung Normalität. „Gut 70 Prozent des Unterrichts konnte in den vergangenen Wochen online abgehalten werden“, so von Woellwarth. Der digitale „Ersatzunterricht“habe funktioniert: „Ich bin beeindruckt, wie Eltern und Schüler sich auf den Onlineunterricht vorbereitet haben.“Die Noten lagen parat, die jungen Musiker waren eingespielt, die Eltern wurden ins Üben einbezogen, es gab positive Rückmeldungen. Die Lehrkräfte machten sich mit Apps und digitalen Plattformen vertraut, bereiteten Unterrichtsmaterial vor und gaben Spielanweisungen. Und doch: „Präsenzunterricht kann das nicht ersetzen“, weiß von Woellwarth nur zu gut. Bei den ganz Kleinen der musikalischen Früherziehung, der Musikzwerge und Musizierbande war Onlineunterricht ohnehin keine Option.
Eine Erleichterung bringt die neue Corona-Verordnung für Musikschulen vom 25. Juni: Maximal 20 Schülerinnen dürfen in einer Gruppe unterrichtet werden. Im Unterricht an Blasinstrumenten gilt wie bei den Sängern weiter der Mindestabstand. Mit Beginn des neuen Schuljahrs am 14. September, hofft Moritz von Woellwarth, kann die Musikschule endlich wieder durchstarten.