120 weitere Flüchtlinge kommen in den Kreis
Vor welchen Herausforderungen die verantwortlichen Behörden stehen
GAALEN – Im Ostalbkreis leben zurzeit 2458 Flüchtlinge mit unterschiedlichem Status. Unter ihnen sind Menschen, die im Rahmen des Familiennachzugs auf die Ostalb gekommen sind oder die seit längerer Zeit in den Städten und Gemeinden leben. Im Laufe dieses Jahres will der Landkreis diesen weitere 120 Flüchtlinge zuweisen.
Dies geht aus einem Bericht hervor, den Hans-Michael Betz, der Leiter des Geschäftsbereichs Integration und Versorgung im Landratsamt, den Kreistagsausschüssen für Gesundheit und Soziales und für Jugendhilfe in einer gemeinsamen Sitzung vorgelegt hat. Der Blick auf die griechischen Flüchtlingslager, die instabile Lage in der Türkei und Syrien und die daher nicht abschätzbaren Folgen für Europa und Deutschland zeigen, dass das Thema nach wie vor auf der Tagesordnung sei, hieß es darin weiter.
Viele Flüchtlinge kämen ohne Schul- oder Berufsausbildung oder als Analphabeten nach Deutschland, beherrschten die deutsche Sprache nicht und seien traumatisiert. Zudem belaste sie ihre ungewisse Situation. Diese Herausforderungen könnten sie nur meistern, wenn sie selbst aktiv und intensiv an ihrer Integration in Deutschland mitarbeiteten und die vielen Unterstützungs- und Hilfsangebote annähmen. Diese erhielten sie durch den Landkreis, durch die Städte Aalen und Schwäbisch Gmünd und die freien Wohlfahrtsverbände. So betreuten Mitarbeiter des Geschäftsbereichs Integration und Versorgung 950 Personen in der Anschlussunterbringung, in der sie die Gemeinschaftsunterkünfte des Kreises verlassen haben und in die Obhut der Kommunen gegeben sind, und 280 Personen im Integrationsmanagement, in dem verschiedene Organisationen zusammenarbeiten. So soll eine mehrjährige, flächendeckende, individuelle Beratung und Betreuung sichergestellt werden. Aalen und Gmünd haben eigene Zuständigkeiten, arbeiten jedoch eng mit dem Landkreis zusammen. Nicht mitgezählt sind hier auch die Bewohner der Landeserstaufnahmeeinrichtung (LEA) in Ellwangen, für die das Land zuständig ist.
Im Idealfall erfolgreich integriert seien Flüchtlinge, heißt es im Bericht weiter, wenn sie eine Berufsausbildung machen, ihr eigenes Geld verdienen, unabhängig sind von öffentlichen Leistungen, die deutsche Sprache beherrschen und am öffentlichen Leben teilnehmen können. Dies könne man nur mit vielen kleinen Schritten erreichen, wobei es auf diesem Weg immer wieder Stolpersteine gebe. Solche seien unsichere
Bleibeperspektiven, die die Betroffenen oft nicht selbst verschuldeten, die vielmehr von landes- und bundespolitischen Entscheidungen abhingen. Stolpersteine seien auch kulturelle Hemmnisse, Traumatisierungen und die komplexe Lebenswelt in Deutschland.
Es gebe jedoch die ersten Erfolge beim Bemühen, Menschen unabhängig von Leistungen zu machen. Die Zahl der Hilfeempfänger nach dem Asylbewerberleistungsgesetz sei im Kreis von 883 im Jahr 2017 auf 527 im Februar dieses Jahres zurückgegangen. 127 Personen seien derzeit in einem Arbeitsverhältnis, 37 in Ausbildung. Dies sei umso bemerkenswerter, weil oft ausländerrechtliche Regelungen wie Arbeitsverbote der Aufnahme einer Beschäftigung entgegenstünden und weil die Betreuung von Kindern in Großfamilien verhindere, dass beide Elternteile einer Beschäftigung nachgehen.
Im Bericht der Verwaltung heißt es wörtlich: „Es gibt viele gute Beispiele,
dass Integration im Ostalbkreis gelingt. Dies ist auch dem sehr guten bürgerschaftlichen Engagement zu verdanken. Ohne die zahlreichen ehrenamtlich Engagierten vor Ort wäre vor allem die gesellschaftliche Integration nicht denkbar. Die Ehrenamtlichen und die Helferkreise vor Ort begleiten die Flüchtlinge in allen Lebenslagen und bieten vor allem ein gelebtes Willkommen. Das Helfernetzwerk im Ostalbkreis ist von bedarfsgerechter Hilfe geprägt und erleichtert somit das Ankommen und die Integration vor Ort.
Als Integrationserfolg kann auch die Gründung eines afrikanischen Kulturvereines und weiterer Migrantenselbstorganisationen vor Ort gewertet werden. Dieses Engagement von Geflüchteten für Geflüchtete aber auch für Einheimische sind ein großer Schritt für ein gutes Miteinander im Ostalbkreis.“
Anerkannte Flüchtlinge, die eine Aufenthaltserlaubnis haben, werden vom Jobcenter betreut. 656 Erwerbsfähige sind in Sprachkursen oder Projekten und Maßnahmen zur Unterstützung bei der Arbeitssuche. Anfang vergangenen Jahres waren es 710.
Im Jahr 2018 fanden 240 Geflüchtete eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung, im darauffolgenden Jahr war es fast ein Drittel weniger. Der Verwaltung zufolge deswegen, weil gegenüber den Jahren 2015/2016 die Zahl der Flüchtlingszugänge gesunken ist. Die bereits gemeldeten Flüchtlinge könnten fast keine Berufsabschlüsse oder kaum verwertbare Berufserfahrungen aufweisen. Aufgrund der Familiennachzüge sei der Frauenanteil deutlich gestiegen. Dabei handele sich meist um sehr kinderreiche Familien.
Allein 70 Prozent der geflüchteten Frauen seien in Elternzeit und stünden dem Arbeitsmarkt deshalb nicht zur Verfügung.
Weitere Hemmnisse wie körperliche und stark psychische Belastungen oder sehr schwer abbaubare sprachliche Hürden stünden der Integration in den Arbeitsmarkt entgegen. Da unter diesen Flüchtlingen kaum Fachkräfte oder Akademiker seien, seien wenig bis keine Anpassungsqualifizierungen oder berufliche Weiterbildungen möglich.
Zum Teil habe es niederschwellige Qualifizierungen, überwiegend im Metallbereich und nur in Ausnahmen berufliche Umschulungen gegeben, die zu einem Abschluss geführt hätten. Somit seien die rund 172 Integrationen überwiegend in Helferbereichen in den Branchen Verkehr, Logistik, Metallbearbeitung, Produktion und Reinigung erfolgt. Vereinzelt seien Vermittlungen in Ausbildung möglich gewesen.