Eine US-Attacke ohne Diplomatie
Zwischen den USA und der Welt-Anti-Doping-Agentur ist ein beispielloser Streit ausgebrochen
FRANKFURT (dpa) - Die Retourkutsche der Welt-Anti-Doping-Agentur (Wada) auf die Drohung der USA, aus der Finanzierung der Wada auszusteigen, ist genauso beispiellos wie die Attacke aus Washington. „Ich bin nach wie vor davon überzeugt, dass die US-Regierung eine wichtige Rolle beim Schutz des sauberen Sports zu spielen hat“, schrieb WadaPräsident Witold Banka als Antwort auf einen Bericht des Büros für nationale Drogenkontrollpolitik des Weißen Hauses (ONDCP). „Und ich hoffe aufrichtig, dass wir in Zukunft zusammenarbeiten können, anstatt dass sich die Wada gegen unbegründete Angriffe verteidigen muss.“
Das ONDCP hatte in dem Report die Struktur und Führung der Wada hart kritisiert und infrage gestellt, ob sie weiterhin mit jährlich 2,7 Millionen Dollar (2,39 Millionen Euro) unterstützt werden sollte. Der US-Betrag solle gekürzt oder gestrichen werden, wenn die Wada keine Reformen vornimmt. „Dass die Wada reformiert werden muss, ist hinlänglich bekannt und viel diskutiert“, sagte Alfons Hörmann in einer Stellungnahme des Deutschen Olympischen Sportbundes zu dem vehementen Streit. Erste Schritte seien erfolgt, und es werde sich zeigen, ob die neue Führung den Weg der verantwortungsvollen Veränderung konsequent gehe. „Die Botschaft aus den USA kann somit wohl nur als Drohgebärde bewertet werden, und es bleibt zu hoffen, dass dort das Bewusstsein für die eigene Verantwortung als große Sportnation zu einer vernünftigen Vorgehensweise führt“, sagte DOSB-Chef Hörmann.
„Das passt ins Gesamtbild. Der Mechanismus, ich ziehe mein Geld ab, kommt einem bekannt vor“, sagte Christoph Niessen, der frühere Vorsitzende der Nationalen Anti-Doping-Agentur und heutige Vorstandsvorsitzende des Landessportbundes Nordrhein-Westfalen. Die
ONDCP habe der Wada nur drei Tage bis zur Veröffentlichung des Berichts Zeit gegeben, Stellung zu beziehen – ohne dass diese dem Kongress mit übermittelt wurde. Die Reformen der Wada in den vergangenen drei Jahren seien umfassend gewesen und hätten die Bereitschaft der Agentur zur Anpassung gezeigt, meinte Banka. „Dennoch erwähnt der Bericht diese Fortschritte nicht.“
Für die Wada enthalte der Report „Ungenauigkeiten, Missverständnisse und Unwahrheiten, die zu unnötigen Missverständnissen führen“. Es sei sehr bedauerlich, dass der Bericht „mit der klaren Absicht verfasst wurde, die Wada zu diskreditieren“. So behaupten die USA, größter Beitragszahler (dies ist Kanada mit 2,861 Millionen Euro) und in den Gremien der Agentur unterrepräsentiert zu sein (kein anderes Land hat mehr als die elf US-Repräsentanten). Auch gegen den Vorwurf des Missmanagements im russischen Dopingskandal setzt sich die Wada zur Wehr – hat dabei aber die schwächsten Argumente. Unterstützung findet der Bericht bei dem Chef der amerikanischen Anti-Doping-Agentur Usada. „Ich denke, es ist eine vernichtende, aber zutreffende Anklage gegen die Führung der Wada und ihr Versagen in ihrer Rolle, sauberen Athleten zu dienen“, sagte Travis Tygart.