Ein Einmalbonus ist nicht genug
Die gut gemeinte Geste zeigt schon das Problem: Einen 1500 Euro umfassenden Corona-Bonus für Pflegekräfte hat die Bundespolitik versprochen. Und nun wird gestritten, wer die Prämie verdient hat und wer nicht. Dass die ambulanten Altenpfleger, die für kleines Geld von Senior zu Senior fahren, ein Danke verdient haben, gilt als gesichert. Aber was ist mit dem Krankenhauspfleger, der vielleicht mangels Patienten sogar in Kurzarbeit war? Oder mit dem Betreuer geistig Behinderter, der seinen verunsicherten Schützlingen nur schwer erklären kann, warum ein Virus sichere Gewohnheiten weggewischt hat?
Der einmalige Bonus schafft durch seine Grenzziehungen Ungerechtigkeiten. Dabei ist er der Versuch einer Gesellschaft, ihr schlechtes Gewissen gegenüber dem schon vor Corona überlasteten Pflegepersonal zu beruhigen. Denn dass es einen Pflegenotstand gibt, vieles im Argen liegt und Tausende Stellen unbesetzt sind, ist lange bekannt. Mit einer Einmalzahlung ist diesen Strukturen nicht beizukommen. Es bräuchte ein auf Dauer auskömmlich ausfinanziertes Pflegesystem.
Doch anders als den anderen Akteuren im Gesundheitssystem fehlt den oft unorganisierten Pflegekräften die Lobby, sich Gehör zu verschaffen. Und so hat bei Reformen immer wieder die Pflege den Kürzeren gezogen.
Das haben auch die Jugendlichen erkannt, wie die jüngste Sinus-Befragung zeigt. Dass viele die Arbeit in der Pflege meiden, weil sie wenig Geld und schlechte Zukunftsaussichten erwarten, überrascht wenig. Denn auch Werbekampagnen der Bundesregierung können die Realität nicht verdecken, welche die jungen Menschen selbst erleben.
Es gibt Hinweise, dass sich die Lage ändern könnte: Pflege erfährt derzeit vielerorts eine neue Wertschätzung. Und wenn die nachhaltig unterfüttert wird mit fairer Bezahlung und erträglichen Arbeitsbedingungen, werden sich auch mehr junge Menschen für den Beruf finden. Doch das braucht Zeit und Taten.
Ein Einmalbonus und warme Politikerworte reichen nicht.
k.wieschemeyer@schwaebische.de