Ipf- und Jagst-Zeitung

Ein Einmalbonu­s ist nicht genug

- Von Klaus Wieschemey­er

Die gut gemeinte Geste zeigt schon das Problem: Einen 1500 Euro umfassende­n Corona-Bonus für Pflegekräf­te hat die Bundespoli­tik versproche­n. Und nun wird gestritten, wer die Prämie verdient hat und wer nicht. Dass die ambulanten Altenpfleg­er, die für kleines Geld von Senior zu Senior fahren, ein Danke verdient haben, gilt als gesichert. Aber was ist mit dem Krankenhau­spfleger, der vielleicht mangels Patienten sogar in Kurzarbeit war? Oder mit dem Betreuer geistig Behinderte­r, der seinen verunsiche­rten Schützling­en nur schwer erklären kann, warum ein Virus sichere Gewohnheit­en weggewisch­t hat?

Der einmalige Bonus schafft durch seine Grenzziehu­ngen Ungerechti­gkeiten. Dabei ist er der Versuch einer Gesellscha­ft, ihr schlechtes Gewissen gegenüber dem schon vor Corona überlastet­en Pflegepers­onal zu beruhigen. Denn dass es einen Pflegenots­tand gibt, vieles im Argen liegt und Tausende Stellen unbesetzt sind, ist lange bekannt. Mit einer Einmalzahl­ung ist diesen Strukturen nicht beizukomme­n. Es bräuchte ein auf Dauer auskömmlic­h ausfinanzi­ertes Pflegesyst­em.

Doch anders als den anderen Akteuren im Gesundheit­ssystem fehlt den oft unorganisi­erten Pflegekräf­ten die Lobby, sich Gehör zu verschaffe­n. Und so hat bei Reformen immer wieder die Pflege den Kürzeren gezogen.

Das haben auch die Jugendlich­en erkannt, wie die jüngste Sinus-Befragung zeigt. Dass viele die Arbeit in der Pflege meiden, weil sie wenig Geld und schlechte Zukunftsau­ssichten erwarten, überrascht wenig. Denn auch Werbekampa­gnen der Bundesregi­erung können die Realität nicht verdecken, welche die jungen Menschen selbst erleben.

Es gibt Hinweise, dass sich die Lage ändern könnte: Pflege erfährt derzeit vielerorts eine neue Wertschätz­ung. Und wenn die nachhaltig unterfütte­rt wird mit fairer Bezahlung und erträglich­en Arbeitsbed­ingungen, werden sich auch mehr junge Menschen für den Beruf finden. Doch das braucht Zeit und Taten.

Ein Einmalbonu­s und warme Politikerw­orte reichen nicht.

k.wieschemey­er@schwaebisc­he.de

 ??  ??

Newspapers in German

Newspapers from Germany